Zwei Toechter und drei Hunde
ihm aus Mitleid etwas vorgespielt habe oder aufrichtig war. Mit Überraschung und dem deutlichen Gefühl, daß ich es nicht verdiene, entdecke ich, daß ich mich auf ihn freue! Teddy wird meinem Herzen natürlich immer am nächsten stehen, aber in der Freundschaft gibt’s ja Gott sei Dank keine Monopole, und jemanden zu haben, mit dem man mal so richtig die Klingen kreuzen kann und eine Sache bis zum letzten durchzudebattieren vermag, wie damals, vor vierzig Jahren, als mir mein unvergeßliches Mäxchen Beethoven vorspielte und wir dann über die Unsterblichkeit sprachen...
Ein Freund...
Plötzlich passiert etwas. Ein Hase rast in voller Fahrt von der Wiese gegenüber durch die Garageneinfahrt. Vielleicht war ein Hund hinter ihm her. Unmittelbar neben meinem Liegestuhl — ich bleibe stocksteif und wage nicht zu atmen — bremst er und duckt sich nieder, denn Weffi hat sich aufgerichtet. Beide bleiben sekundenlang erstarrt Auge in Auge, dann reicht Weffi dem Hasen geziert seine rechte Pfote zum Handkuß. Der Hase bleibt weiterhin, tief ins Gras gekauert, wie gelähmt. Er weiß nicht, wohin. Auf der einen Seite ist Zaun, auf der anderen liege ich. Das Haus mit Garagentor und Haus mit Terrasse verbauen ihm die anderen zwei Fluchtseiten. Ich betrachte die langen, dicht auf den Rücken gelegten Löffel, die pumpenden Flanken, die großen, dunklen Augen. Es ist ein Riesenbengel!
Da kommt Ritzewitz unter dem Liegestuhl vorgeschossen und mit Getöse auf ihn zu. Der Hase rast erst gegen den Drahtzaun, der seinen Körper zurückwirft. Dann in Richtung Weffi, den er umrennt, um schließlich mit einem gewaltigen Haken die Garageneinfahrt zu gewinnen. Ritzewitz, der das alles als gewaltigen Jux auffaßt, hinter ihm her. Alles Rufen ist umsonst! Der Hase saust dem kleinen Wäldchen zu, hält aber im Feld vorher inne und macht Männchen, um die Situation zu peilen.
Ritzewitz, der plötzlich einen Hasenturm vor sich aufragen sieht, bremst so, daß er ein paar Zentimeter auf dem Po weiterrutscht, dann schnüffelt er gegen das verlockend riechende, aber gefährlich aussehende Ungeheuer. Mümmelmann, der ihn nun offenbar in keiner Weise mehr ernst nimmt, peilt wieder, worauf Ritzewitz den Rückwärtsgang einschaltet und Schritt um Schritt vor ihm zurückweicht. Mümmelmann läßt sich nun ermutigt nieder und beginnt zu fressen. Das benutzt Peterchen, um zu drehen und mit eingezogenem Schwanz den Rückmarsch anzutreten. In der Ausfahrt trifft er auf Weffi, der sich aufgerappelt hat und mit nervös schlotternden Hosen in Richtung Hase starrt. Peti setzt sich neben ihn und blickt ihn ratsuchend an. Ich glaube zu hören, was der Kastenbart ihm sagt: »Laß diesen Flegel in Ruhe! Kommt in unser Reich, riecht nach Jagdbarem, wird trotzdem von mir mit Handschlag begrüßt und rempelt mich an! Wer weiß, wozu solch ein Un-Hund noch imstande ist...«
Da hast du Glück gehabt, Mümmelmann, denke ich, daß du auf einen Foxl mit zu niedrigem Blutdruck und auf ein Pudelbaby gestoßen bist. Wenn der kleine Löwe noch lebte oder wenn Wastl hier wäre —
Wastl! Ich werde ihn natürlich wieder Cocki nennen. Ich werde? Wastl — ich hatte ihn ganz vergessen. Ein trauriges Gesicht mit goldenen Augen und langem Gehänge ist wieder vor mir,’ und plötzlich wird mir klar, daß ich ihn keineswegs vergessen hatte, sondern daß sich mein Unterbewußtsein die ganze Zeit bereits mit ihm beschäftigt hatte, während nur das Oberbewußtsein sich bemühte, die verknäulten Beziehungen meiner beiden Mädchen zu entwirren. Sehr unvernünftig übrigens, diese Hartnäckigkeit meines Unterbewußtseins, wo doch nicht die geringste Aussicht besteht... Oder doch? Mein Herz beginnt zu klopfen, aber es hört sofort damit auf, denn ein kleiner grauer Wagen biegt in unsere Einfahrt, dem ein weiblich-rundliches Wesen entsteigt. Frauchen ist sofort da:
»Grüß Gott, Frau Weber!«
Aha, die Trimmerin.
Weffi ist, während ich Frau Weber die Hand schüttele, auch gleich zur Stelle und steckt ihr zur Begrüßung den Kopf zwischen die Beine. Sie krabbelt ihn hinter den Ohren, während er sich wieder aus den Falten des Rockes hervorwühlt und denselben zu beriechen beginnt. Ritzewitz steht hinter ihm und zieht den der Dame anhaftenden Hundeduft mit halberhobenem Naschen ein, weicht aber als echter Pudel der streichelnden Trimmerhand aus und drückt sich eng an Frauchen. »Ganz entzückend«, sagt die Trimmerin, »hervorragende Maße. Na, nun komm doch mal her, wir kennen
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