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Zwei Toechter und drei Hunde

Zwei Toechter und drei Hunde

Titel: Zwei Toechter und drei Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G Bentz
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uns doch schon!« Aber Peterchen kommt nicht.
    »Grüß Gott!« sagt jemand vom Balkon herunter. Es ist die Mama, die sich sofort zurückzieht, weil sie wieder in der Küchenschürze auftritt. »Nächstesmal ziehe ich mir ein Seidenkleid an!« hört man sie mit Windstärke neun murmeln.
    Das Frauchen nimmt die Trimmerin schnell beim Arm und bugsiert sie in das Innere des Hauses: »Im Bad habe ich schon alles vorbereitet.«
    Ich wackle hinterher, obwohl ich das deutliche Gefühl habe, nicht allzu willkommen zu sein. Im Bad steht ein Tisch am Fenster, der mit einem weißen Tuch bedeckt ist. Frau Weber stellt eine Ledertasche auf den Schemel neben der Wanne und entnimmt ihr zunächst einen weißen Kittel und dann mehrere blanke Instrumente. Das Ganze sieht jetzt sehr nach Hebamme aus. Dann hat sie plötzlich mit einem einzigen sicheren Griff Peter in der Hand, drückt ihn an ihren mütterlichen Busen und stellt ihn vor sich auf dem Tisch zurecht. Sie streicht ihm ein paarmal ganz langsam übers Fell, tritt dann einen Schritt zurück und mustert ihn mit dem Blick eines Strategen, während Weffi an ihren Beinen klebt, pustet und niest.
    »Es wäre vielleicht besser«, sagt Frau Weber, »wenn ich mit ihm allein bliebe, gnädige Frau!«
    Wir räumen das Feld — Weffi muß man mit Gewalt von der Geruchsinsel losreißen — und wandern in die Bibliothek. Oben rasselt die Mama wütend mit den Töpfen, Frauchen zündet sich eine Zigarette an und will sich gerade hinsetzen, als ein markerschütternder Schrei aus dem Bad ertönt. Ein Todesschrei, der dann in das Gebrüll eines Bauchweh-Säuglings übergeht. Irgend etwas fällt auf den Steinboden und zerbricht. »Aber Peterle — Peterle...«, hören wir Frau Weber. »Gnädige Frau, wenn Sie vielleicht doch mal eben...«
    Wir stürzen ins Bad. Frau Weber befreit sich gerade von der Tischdecke, die sie sonderbarerweise über dem Kopf hängen hat. Auf dem Boden liegt ein zerbrochenes Zahnputzglas, und Peter kauert zitternd und mit den Augen eines gefolterten Negers in der Badewanne. Die Treppe herunter hören wir die Schritte der Mama. Frauchen dreht sich zu mir um: »Geh nur ‘raus, damit Mami nicht auch noch ‘reinkommt!« Ich mache nur zu gern kehrt, und hinter mir flitzt Weffi, der sich zuerst neugierig an der Wanne hochgerichtet und dann wieder an >Tantes< Kittel geklebt hatte. Auf der Diele steht die Mama, verstörten Auges, die Hand vor den Mund geschlagen. »Was ist denn nur, um Gottes willen?« murmelt sie dahinter vor. »Siehst du, das habe ich gleich befürchtet...« Ich gebe mich sehr männlich-überlegen: »Was hast du befürchtet? Daß dieses verwöhnte kleine Muttersöhnchen brüllt? Laß ihn brüllen — es passiert ihm ja gar nix!« Im gleichen Augenblick fahre ich zusammen: der Bauchweh-Säugling hat den zweiten Vers angefangen. Ich nehme die Mama beim Arm und bin — wie immer — erschrocken, wie mager ihr Arm ist: »Der Text zu dieser Melodie heißt: Oh, wie werde ich getrimmt! Komm, wir nehmen erst mal einen gegen die Aufregung!«
    Aber nur mit Mühe geht sie mit mir über die Schwelle der Bibliothek, denn sofort fährt sie wieder herum: im Bad hat es zweimal gepatscht, worauf der Gesang jäh abbricht. Und dann Frauchens Stimme: »Wenn du glaubst, du kannst uns hier tyrannisieren, du kleiner Teufel, du! Entschuldigen Sie, Frau Weber!«
    »Wenn er jetzt wieder anfängt«, sage ich zur Mama, »lautet der Text: Oh, wie werde ich vertrimmet, haha!«
    »Hoffentlich hat sie ihn nicht geschnitten«, sagt sie düster und starrt gegen die Tür, so daß ich mich meines Kalauers schäme. Ich hole schnell die Flasche und habe eben die Gläser aufgebaut, als ich aus dem Bad gerufen werde: »Du mußt kommen! Zieh dir den Schlafrock über — meine Bluse hat er schon zerrissen...«
    Ich ziehe den Schlafrock an und begebe mich an den Tatort. Peter steht zwischen einigen Flocken schwarzer Haare auf dem Tisch. Das Frauchen, mit klaffender Bluse, hält seine Vorderpfötchen fest, Frau Weber ein Hinterbein, während sie in der rechten Hand die Trimmschere hält. »Ein sehr temperamentvoller junger Mann«, sagt sie lächelnd, aber es klingt etwas krampfhaft. Peter rollt die Augen zu mir. Er zittert am ganzen Leib, und vor ihm liegt ein Pfützchen gelber Galle, die er erbrochen hat.
    »Nimm bitte die Vorderpfoten«, sagt jetzt Frauchen, »ich nehme die hinteren, und gut festhalten!« Sie läßt die Vorderpfoten los, und im gleichen Augenblick habe ich sie schmerzhaft im Gesicht,

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