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Zwei Toechter und drei Hunde

Zwei Toechter und drei Hunde

Titel: Zwei Toechter und drei Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G Bentz
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geradezu märchenhafter später Augusttag, der in all seinem Prangen und Glühen schon so einen ganz, ganz winzigen Hauch der klaren Durchsichtigkeit des Herbstes hat.
    Da läutet das Telefon. Ich lasse es eine Weile voll tiefer Mißbilligung läuten, ehe ich den Hörer abnehme. Dieses schrille Klingeln kommt für mich gleich hinter der Luftschutzsirene. Telefonklingeln regt mich sogar im Hotel oder bei Freunden auf, wo es mich gar nichts angeht. Aber dieses Mal geht’s mich an. Es ist Zimmermann, ein krampfhaft fremder und im Grunde sehr beklommener Zimmermann, der diese Beklommenheit durch ironische Forschheit zu überdecken sucht.
    »Ich rufe an«, sagt er, »um gewisse Dinge zwischen uns ins reine zu bringen. Zunächst möchte ich Ihnen mein Kompliment machen für die hervorragende psychologische Taktik, mit der Sie mir klargemacht haben, daß meine Neigung zu Fräulein Bentler auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten und nicht zuletzt auch auf Ihren eigenen — ich möchte sagen: onkeligen — Widerstand stoßen würde. >Onkelig< ist im übrigen meine eigene Wortschöpfung. >Sie trat aus meiner Leyer zum erstenmal ans Licht< — um Christian Morgenstern zu zitieren, hahaha... Was sagen Sie dazu?«
    »Haha.«
    Er wird ängstlich: »Bitte, mißverstehen Sie mich nicht! Die ganze Sache mit der Duzerei und alles andere, an das ich mich im übrigen nur noch undeutlich erinnere, wird von mir als erlaubte Kriegslist zum Schutze einer von Ihnen aus ganz reinen und einwandfreien Motiven geliebten jungen Dame ohne weiteres anerkannt. Absolut fair play. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
    »Vollkommen.«
    »So — nun, dann wären wir ja...«
    »Nein«, sage ich, »dann wären wir keineswegs.«
    »Nicht?«
    »Nein. Zunächst möchte ich mal feststellen, daß es für mich keine größere Beleidigung gibt als ein Du, das wieder zurückgenommen wird.«
    »Aber ich bitte Sie — dich — ich meine...«
    »Zweitens war es natürlich meine Absicht, dich von Margot abzubringen, weil ich der Ansicht bin, daß der Junge, mit dem sie hier geht, besser zu ihr paßt. Vielleicht ist das Quatsch und endet in einer Riesenpleite. Dann hast du nach der Scheidung eine Chance. Aber durch muß sie erst mal, durch das Erlebnis hier, sonst kommt sie nämlich später auf die Jugendtour, und das möchte ich weder ihr noch dir wünschen, da ihr nämlich beide einigen Tiefgang habt.«
    »Das ist sehr freundlich und ehrlich von dir, aber...«
    »Bei dieser Gelegenheit kam mir jedoch die Idee, daß du und ich uns vielleicht ‘ne ganze Menge zu sagen hätten und eigentlich kein Grund besteht, warum wir nicht aus der Not eine Tugend machen und Freunde sein könnten.«
    Im Hörer langes Schweigen. Dann: »Du meinst — richtige Freunde?«
    »Genau.«
    »Ich hatte in meinem Leben nur einen einzigen Freund, Wolfgang.«
    »Was wurde aus ihm?«
    »Er heiratete eine Frau, die mich nicht leiden kann. Und du?«
    »Ich hatte auch nur einen Freund...«
    »Und?«
    »Er hieß Mäxchen und erschoß sich mit einundzwanzig Jahren, weil er ein Mädchen liebte, das mich liebte, obwohl ich es nicht liebte.«
    »Also beide Male die Frauen...« Ich fühle mit Erstaunen die Aufregung in seiner Stimme: »Mann, weißt du, was das für mich bedeutet — ein Mensch, mit dem man sich mal richtig aussprechen kann und der einem ohne Hintergedanken rät? Du sitzest da auf deinem Kuhdorf, du Glückspilz, schreibst deine Bücher und karrst Mist für den Garten.«
    »Ich karre keinen Mist«, sage ich gekränkt, »ich sammle nur Pferdeäppel, und du weißt, wie rar die heutzutage sind.«
    Er beachtet meinen Einwand gar nicht. »Aber ich hier, in diesem Stänkerladen mit den lieben Kollegen und Seiner Magnifizenz und den Alten Herren und den jungen Studenten und — ach, du hast ja keine Ahnung, wie einsam man da in seiner Bude hockt, wenn man aus dieser Knochenmühle kommt... Deshalb will ich ja heiraten!«
    »Deshalb scher dich, zum Teufel, am nächsten Wochenende her, wie wir’s auch verabredet hatten! Anschauungsunterricht über die Funktion respektive über die Nichtfunktion einer Familie. Nur zum Anschauen, bitte, nicht zum Anfassen, damit es nicht wieder neue Mißverständnisse gibt! Außerdem war ich dreißig Jahre im Großbetrieb, und zwar bei der Presse. Dagegen ist dein Zirkus ein Lämmerhüpfen. Sonst noch was?«
    »Wo schlafe ich denn?«
    »Bei uns natürlich! Dämlicher Hund.«
    »Also, dann...«
    Er hat aufgehängt, und ich sitze da und grüble, wieweit ich

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