Zwei Toechter und drei Hunde
uns an, er vor dem Wagen sitzend und die Augen immer wieder nach der Wagentür drehend, den Staub der Einfahrt mit dem kurzen, dicken Stummelschwanz fegend und ich, völlig verdattert vor Glück. Schließlich merke ich, daß die guten Leute mich wegen der langen Kunstpause ganz sonderbar anschauen. Gezahlt habe ich, irgend etwas sagen müßte ich noch, etwas ganz Vernünftiges, Sachliches: »Ein Halsband und eine Leine habt ihr sicher nicht?«
Man ist sichtlich betreten. Nein, das hätten sie nicht. »Aber Sie werden Ihre Freud haben mit dem Wastl«, sagt der Bauer hastig. »Bei dem brauchen Sie keine Leine. Wenn er nicht mit dem Jäger fort war, der ihn sich manchmal ausgeliehen hat, ist er immer um Haus ‘rum gewesen. Die Nachbarhunde besucht er halt manchmal, aber er kommt immer gleich wieder zurück. Sogar wenn eine läufige Hündin in der Nachbarschaft war, ist er auch gleich wieder heimgekommen.« Er kneift ein Auge gegen mich zu: »Er hat’s eben noch nicht mit den Weibern!«
»Ja, also — dann...«, sage ich, öffne die Hintertür, und mit einem Satz ist Cocki im Wagen, fährt — sobald ich die Tür geschlossen habe — zähnefletschend gegen die Scheibe: >Hier kommt mir niemand Fremdes ‘rein, das ist jetzt meine Höhle!<
Händeschütteln, ich steige ein, fahre noch nach Biederstein in eine Lederhandlung und kaufe ihm ein breites Halsband für seinen mächtigen Nacken, rot mit blanken Nägeln drin, und eine starke Leine. Und dann geht’s heim.
Unterwegs liegt er dauernd mit den Tatzen auf der Rückenpolsterung und leckt mich hinter dem Ohr. Im Ledergeschäft war er ausgesprochen drängelig und zitterte vor Angst, daß ich ihn nicht wieder mitnähme. Erst jetzt im Wagen ist er wieder frei. Ich merke gar nicht, daß ich heimwärts fahre, so glücklich bin ich über das, was ich da hinten drin habe, diesen Vierzig-Pfund-Brocken purer, goldener Liebe. Nicht einmal umgeschaut hat er sich, als wir vom Hof wegfuhren. Und dabei waren noch die guten Großeltern heruntergekommen und haben mitgeweint und hinter uns hergewinkt. Ich hab’s im Rückspiegel gesehen.
Jetzt schaue ich wieder in den Spiegel — was macht er eigentlich? Aha, er hat sich auf dem Rücksitz zusammengekringelt und bläst in regelmäßigen Abständen die dicke Flappe mit den lustigen langen Schnurrbarthaaren auf. Es ist so, als habe er sein Leben lang auf diesen Moment gewartet und fühle sich nun endlich heimgekommen.
Heimgekommen — ankommen — hm. Ja, wie mache ich das nun? Es sollte doch eine Überraschung sein!
»Also, paß mal auf, Dicker«, sage ich zu ihm. »Du brauchst keine Angst zu haben, ich lasse dich nur mal für einen Augenblick bei einer guten Tante.«
Am Sägewerk halte ich, und dann schleiche ich mich vor, von hinten durch den Garten bis ans Haus von der dicken Mooshuberin. Sie hängt gerade Wäsche auf.
»Ja, mein lieber Herrgott, was haben Sie denn da? Mei, ist der schön!«
»Der wird erst schön«, sage ich, »ich habe ihn von den Reschkes gekauft.«
»So, vom Reschke-Bauern?«
»Ja, nette Leute, und sie haben ihn auch sehr anständig gehalten, sind überhaupt vernünftig.« Ich erzähle ihr, wie es zu dem Kauf kam, und lege ihr dann den Arm um die Schultern: »Nun paß auf, Mooshuberin. Ich fahre jetzt heim, und sobald ich in der Garage bin, gebe ich dir ein Zeichen. Dann schleichst du dich hinter der Hecke lang in die Garage, und da übernehme ich dann den Cocki.« Wir sprechen die Sache noch zweimal durch, dann streiche ich dem Dicken über den langen Kopf: »Gleich kommst du wieder zu Herrchen, paß schön auf!«
Bisher hat er den Garten visitiert und im Vorbeigehen mal der Mooshuberin die Röcke hochgehoben — eine seiner charmanten Angewohnheiten, die ich ihm bis heute nicht abgewöhnen konnte, aber als sie ihn jetzt an die Leine nimmt und die Schlinge um einen Holzpfosten legt, fängt er erbarmungswürdig an zu zittern. Als ich dann in den Wagen steige, weint er laut hinter mir her.
Als ich zu Hause ankomme, bemühe ich mich, so leise wie irgend möglich in die Garageneinfahrt zu schleichen, so daß man nur sacht den Kies unter den breiten Rädern knirschen hört. Ich habe Glück. In einer Gartenecke haben sich Weffi und Peterle so inbrünstig in einen Zweig verbissen, daß sie mich nicht bemerken. Sie zerren daran, als ob es um ihr Leben ginge, und gerade, als das breite Hinterteil meines Wagens im Garagentor verschwindet, höre ich von oben die Stimme des Frauchens: »Ist da nicht eben ein
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