Zwei Toechter und drei Hunde
plötzlich wieder auf und beginnt, die Spuren der anderen Hunde nachzuriechen. Seine große Pappnase arbeitet wie ein Staubsauger.
»Er riecht Weffi und Peter«, sagt die Mama. »Wie hast du dir das überhaupt gedacht? Diese Bulldogge im Gehpelz frißt sie doch auf!«
»Halte ich für ausgeschlossen.«
Unten vor der Terrasse ist jetzt wildes Gebell. Die beiden haben irgend etwas gemerkt und kratzen an den Scheiben. Peter jault und winselt in den höchsten Tönen. Weffi liefert mit gleichmäßigem Wä-wä-wä die Begleitung dazu.
»Vielleicht solltest du den Dicken erst mal anbinden?« meint das Frauchen.
»Nicht nötig. Angebundene Hunde sind immer böse. Laß sie sich nur ruhig begrüßen. Geh ‘runter, laß die beiden ‘rein, ich bleibe bei Cocki, falls was passiert.«
So geschieht es. Gleich darauf ein wildes Trappeln die Treppe hinauf. Und dann stürzen die beiden ins Zimmer. Sie bleiben verblüfft stehen, als sie den Dicken erblicken. Der nimmt die Ohren nach vorn, pflanzt sein Hinterteil zwischen meine Beine und sieht mich fragend an.
»Na, geh nur ruhig hin«, sage ich. »Das sind deine Brüderchen! Peti und Weffi — kommt, seht euch euren Bruder an!«
Weffi kommt als erster, mit schlotternden Fellhosen. Ganz offenbar hat auch er für einen Moment gedacht, daß sein Cocki wiedergekehrt sei. Dann aber beschnüffelt er den Dicken, wendet sich interesselos ab und drängt seinen Kopf in meine Hand.
Peterchen dagegen saugt aus sicherer Entfernung eine Weile die Witterung ein. Dann saust er unter den Tisch und erscheint mit seinem Bällchen wieder. Er legt es vor sich hin, gibt ihm mit der Nase einen Stups, daß es auf den Dicken zurollt, und kläfft ihn aufmunternd an. Der Dicke geht auf den Ball zu, beriecht ihn erstaunt und geht dann, freundlich mit dem Stummelschwanz wedelnd, auf Peterchen zu. Der wirft sich vor ihm auf den Rücken. Cocki beriecht ihn ausführlich und wirft sich dann dröhnend an seine Seite. Peter ist sofort wieder auf den Beinen, umkreist ihn dreimal wie eine Fliege und zieht ihn am Ohr. Sogleich ist Cocki hoch, hinter ihm her, sämtliche Teppiche geraten in Bewegung, sie schlagen Wellen, die große Tonvase in der Ecke kommt ins Wanken, und schließlich läßt sich Peter, nachdem er dem Dicken zweimal über den Rücken gesprungen ist, von ihm fangen. Cocki, wie ein Löwe brüllend, nimmt den ganzen kleinen Negerkopf in seinen Riesenrachen. Wir halten den Atem an, aber alles ist nur Spiel. Es wird furchtbar viel gefaucht, und Scheingefechte werden ausgefochten. Schließlich schlittert Peter unter einen mit Stoff bezogenen Sessel und schnappt von dort nach Cockis Füßen. Der will auch unter den Sessel, ist aber viel zu dick. Es ist ein urkomischer Anblick: den Kopf hat er drunterbekommen, aber Bauch und Podex mit dem wedelnden Stummelschwanz bleiben draußen. Unter dem Sessel wird schrecklich gefaucht.
»Negerringkampf im Dunkeln«, sage ich. »Na also, alles in Butter.« Erst in diesem Augenblick fällt mir auf, daß Weffchen zwischen meine Knie gekrochen ist und von dort aus zitternd die Kampfszene beobachtet. Immer wieder wendet er den schmalen edlen Kopf zu mir empor, und seine nußbraunen Augen, über denen manchmal schon ein leicht bläulicher Schimmer liegt, fragen mich, was das alles bedeutet. Ich bücke mich und gebe ihm das Bällchen ins Maul: »Du bist natürlich der Beste — und der älteste! Und du bist der Boß! Und der Dicke kommt ganz hintenan! Willst du ihm nicht guten Tag sagen?«
Er versteht es, stelzt auf Cocki zu, der noch immer den Kopf unter dem Sessel hat, und beriecht ausführlich sein Hinterteil. Cocki merkt es, zieht den Kopf vor und beriecht seinerseits ausführlich den weißen Kastenbart. Weffi rülpst bewegt, und Cocki schließt die Augen, offenbar analysiert er das Mittagessen, das Weffi gerade zu sich genommen hat, und dreht sich daraufhin fragend zu den beiden Frauen um.
»Hat er denn heute schon was gefressen?« fragt die Mama.
»Das weiß ich nicht.«
»Hast du denn nicht gefragt?«
»Nee, war viel zu aufgeregt.«
»Wir haben noch zwei Kohlrouladen von gestern«, sagt Frauchen, »und dann können wir auch noch so Knorpelzeug vom Huhn abmachen.«
»Ihr könnt ihm auch einfach Brot ‘reinbrocken«, sage ich, »das ist er gewohnt. Sie haben ihn dort meist mit Brot oder Mehlspeisen oder so ‘nem Schlabberzeug gefüttert.«
»Das sieht man«, sagt Frauchen und klopft ihm auf den breiten Rücken. Es klingt, als ob man auf ein Bierfaß haut.
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