Zwei Toechter und drei Hunde
»Na, wir werden dich schon schön schlank kriegen.«
»Der Napf vom alten Cocki ist noch da«, sagt die Mama, »der alte, den er hatte, bevor Anette den Ständer kaufte.«
Einen Augenblick sehen wir uns alle drei an, und es wird uns ganz merkwürdig ums Herz.
»Cocki wird’s ihm nicht übelnehmen«, sage ich schließlich. »Ich habe einem Bruder von ihm ein glückliches Leben verschafft. Damit wäre er sicher einverstanden.«
Die Mama nimmt schnell ihr Taschentuch, schnaubt sich ausführlich und geht dann in die Küche, um den Napf zu holen.
»Ihr müßt den beiden anderen natürlich auch noch ein bißchen was geben«, sage ich, »damit keine Eifersucht entsteht.«
Ein paar Minuten später hat jeder der drei seinen Napf vor sich stehen. Cocki und Weffi räumen im Nu mit den guten Dingen auf, während Peterchen nur davon nascht, dann ein dickes Stück Rouladenfleisch herausholt und es dem Dicken hinlegt.
»Nun sieht dir bloß den rasenden Schnürsenkel an«, sage ich. »Schon ist er zu Cocki übergelaufen!«
Der Dicke atmet das Stück Fleisch ein und wirf dann hypnotische Blicke auf Peterchens Freßnapf. Aber schon ist Weffi da, und als Cocki sich von der anderen Seite dem Napf nähert, zeigt er ihm einen seiner langen Eckzähne.
Cocki sieht mich aus blutunterlaufenen, traurigen Löwenaugen an, geht dann aber zurück und drängt sich wieder an mich. Ich streichele ihn: »Brav, mein Löwechen, brav!«
»Er ist sehr intelligent«, meint Frauchen. »Und schön ist er auch. Auf eine andere Art als unser erster Cocki, aber trotzdem schön. Merkwürdig übrigens, daß er hier sofort frißt! Sonst trauert ein Hund doch drei Tage mindestens seiner alten Heimat nach. Wie erklärst du dir das?«
»Du hast selbst gesagt, er ist intelligent. Dort hat er sich ungerecht behandelt gefühlt, und das vergißt ein Cocker nie. Denke an den Löwen, der ganz stillhielt, wenn er verdiente Prügel bezog, aber nach uns schnappte, wenn er sie seiner Ansicht nach nicht verdient hatte. Cocki hat sich nicht ein einziges Mal umgesehen, als ich mit ihm von dem Hof wegfuhr.«
Frauchen kniet vor ihm und streichelt ihn: »Du wirst es gut bei uns haben! Hier bist du ganz zu Hause, verstehst du?«
Und siehe da, plötzlich reicht er ihr eine dicke Knudeitatze. Ihre Augen werden feucht, und sie steht schnell auf: »Das ist aber eine schöne Geburtstagsüberraschung! Ich dachte, du kommst mit irgend so ‘nem Radauinstrument an.«
»Los, Kinder«, sage ich, »‘raus in den Garten!« Mit allen dreien poltere ich die Treppe hinunter, öffne die Terrassentür und schaue ihnen durchs Fenster nach.
Weffi hat die Führung übernommen, während Cocki artig hinterherwatschelt. Erst zeigt ihm Weilchen die verschiedenen Maulwurfshügel, dann die Stelle, wo wir neulich die tote Amsel begraben haben, und schließlich führt er ihn an des alten Cocki Grab. Der neue Cocki beschnüffelt es aufmerksam und hebt dann das Bein.
16
Die Besichtigung wird damit fortgesetzt, daß das Trio auf dem Weg durch die offene Garage wieder im Haus verschwindet. Ich schleiche mich hinterher. Vorauf geht, mit dem Gehabe eines Museumsdirektors, der Kastenbart: >Wir betreten hier zunächst den Raum, in den unsere Götter ihre fahrbaren Höhlen hinstellen.< Der Dicke blickt einen Moment an meiner guten, alten Lokomotive hoch, als wollte er sagen: >Damit bin ich eben gekommen!< Dann inspiziert er Anettes kleinen Sportwagen. Seine mit braun-weißer Seide bezogene Pappnase arbeitet offenbar viel exakter als die Nasen der beiden anderen. An einem der Reifen findet er eine Stelle, die ihn zum festen Ausdrücken seines Schnorchels und Aufblasen der Flappe animiert. Die anderen beiden, aufmerksam geworden, wiederholen die Zeremonie, dann hebt der Dicke das Bein, quittiert, und die beiden tun es ihm nach. Das Peterle wie üblich völlig übertrieben, so daß er das rechte Hinterbein fast auf dem Rücken hat. Hinterher kratzt er auch noch höchst albern auf dem Beton. Offenbar alles, um seinem neuen Angebeteten zu beweisen, wie sehr er seine Anregungen zu schätzen weiß.
Der Kastenbart will weiter, doch Cocki ist noch nicht fertig. In der Ecke hat er die beiden Mülltonnen entdeckt und sortiert mit erhobenem Kopf die verschiedenen, ihnen entquellenden Gerüche. In der einen scheint etwas zu sein, was ihn reizt. Jedenfalls richtet er sich an der Tonne auf, hebt mit der Nase den Deckel auf, so daß er krachend auf den Betonboden donnert, und versucht dann den Kopf in die
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