Zwei wie wir: Roman (German Edition)
abgeschlossen. Ich würde gar nicht auf die Idee kommen, mit jemandem von früher rumzumachen. In unserem eigenen Haus! An dem Abend, an dem unsere Freunde da sind.«
»Ich habe einen Fehler gemacht. Das ist mir klar. Aber können wir das Thema nicht allmählich abhaken?«
»Hey, das was du getan hast, hakt man nicht einfach so ab.«
»Dass du aber auch ausgerechnet in dem Augenblick reinkommen musstest!«
»Ist das tatsächlich dein größtes Problem? Ich glaub’s nicht!«
»Nein, ich meine doch nur … «
Sie macht eine lange Pause. Dann sagt sie leise: »Schon mal auf die Idee gekommen, dass wir wirklich Probleme haben?«
»Allerdings.«
»Es geht nicht nur um die Nacht, nicht nur um Sandra.«
Ich sehe sie erwartungsvoll an. »Worum geht’s denn deiner Meinung nach?«
Wieder eine Pause. Wieder diese leise Stimme. »Wann haben wir das letzte Mal zusammen geschlafen, Alex?«
»Wie bitte?«
»Wann, Alex? Sag es mir.«
»Ich weiß es nicht. Ich mache kein Kreuz in den Kalender, wenn wir es miteinander treiben.«
»Miteinander treiben?«, wiederholt sie höhnisch. »Davon träume ich schon gar nicht mehr. Ehelicher Beischlaf, das würde mir schon völlig genügen. Übrigens, nur zur Erinnerung: Es war im Mai. An dem Samstag nach der Einladung bei Torsten und Katarina.«
»Okay«, sage ich. Hier ist es also, das Filmmonster. Allerdings verliert es durch die Tatsache, dass es nun sichtbar ist, nicht seinen Schrecken. Im Gegenteil.
»Nein, nicht okay, Alex. Gar nicht okay. Das ist sieben Wochen her. Sieben Wochen. Und dann passiert das. Was glaubst du, wie es mir dabei geht?«
Ihre Frage wiederholt sich in meinen Gedanken wie ein Echo in einer Bergschlucht. Noch mal und noch mal und noch mal. Das hier ist überraschend. Aber vielleicht gar nicht verkehrt. Höchste Zeit. Sie weiß es, ich weiß es. Also gut, dann reden wir drüber. Haben wir viel zu lange nicht getan.
»Du bist doch diejenige, die nie Lust hat«, sage ich. »An dem Morgen vor der Party nicht. Am Abend nicht. Als wir am Meer waren nicht. Nie. Unter der Woche bist du zu müde, und am Wochenende musst du dich erholen. Wie lange geht das schon so? Lange. Viel länger als Mai. Mach mir also keine Vorwürfe.«
Sie stößt ein schnaubendes Lachen aus. »Und fragst du dich vielleicht auch mal, warum ich so müde bin? Wer verdient denn das Geld in diesem Haus? Wer rackert sich denn sechzig Stunden in der Woche ab, während der andere sich ein schönes Leben im Schanzenviertel macht?«
»Bitte, Inna. Was soll das jetzt auf einmal?«
»Ich hab’s dir gesagt. Wir haben Probleme.«
Ich zucke mit den Schultern. »Wir haben beide die Augen zugemacht. Viel zu lange.«
»Endlich sagst du mal etwas Vernünftiges, Alex.«
W i e jeder normale Mensch habe ich mir als Teenager vorgestellt, wie ich einmal leben möchte. Mit wem ich mal leben möchte. Wie es sein soll, mit jemandem zusammenzuleben. Wie jeder normale Mensch weiß ich, dass niemand seine Ideale zu hundert Prozent verwirklicht.
Aber dass ich so weit danebenlanden würde, hätte ich nicht gedacht.
Zwei wie wir – das funktioniert auf einmal nicht mehr. Der Beweis dafür sind die Blicke, mit denen sie mich ansieht. Die spanische Inquisition war im Vergleich dazu ein Ponyhof.
20
W u t ist vermutlich das dämlichste Motiv, das es gibt, um Sex zu haben. Andererseits: Es treibt dich wirklich voran.
Ich sitze seit drei Stunden im geparkten Auto und starre vor mich hin.
Ich bin stinksauer. Auf mich. Auf sie. Auf alles.
Natürlich habe ich mich mal wieder nicht gerade geschickt verhalten. Inna war eifersüchtig. Inna war verletzt. Aber anstatt sie zu versöhnen, war ich trotzig und habe sie immer mehr auf die Palme getrieben.
So wurde aus einer harmlosen Mücke eine ferngesteuerte Drohne.
N i emand will zunehmen, ohne vorher nicht wenigstens ordentlich geschlemmt zu haben. Niemand will von der Polizei einen Strafzettel bekommen, ohne vorher nicht ordentlich schnell gefahren zu sein.
Und niemand will Stress mit seiner Frau haben wegen einer anderen Frau, mit der eigentlich nicht groß was gelaufen ist.
Na, dann sollte doch mal was laufen mit dieser anderen Frau.
Ich starre auf mein Handy. Ja? Nein? Doch? Vielleicht?
Ich bin ein Vorbild an Entschlossenheit. Ach, verdammt. Was soll’s.
Ich wähle. »Hey, ich bin’s.«
»Alex?«
»Hast du heute Abend Zeit?«
»Es ist heute Abend.«
»Genau, das meine ich.«
Am anderen Ende der Leitung höre ich ein Lachen. »Ich habe mir schon
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