Zwei wie wir: Roman (German Edition)
will.«
Ihre Augen werden zu schmalen Bunkerschlitzen. »Verstehe ich das richtig, dass ich mich sogar noch darüber freuen soll, was passiert ist? Weil du dir irgendwie über deine Gefühle klar geworden bist, als du mit dieser Schlampe rumgemacht hast?«
»Sie ist keine Schlampe.«
»Du verteidigst sie auch noch?!«
»Okay, sie ist eine Schlampe.«
Inna schüttelt nur den Kopf.
Sie hat recht. Mein Auftritt ist unterirdisch.
Ich muss einsehen, dass es um mehr geht, als darum, dass ich an meinem Hochzeitstag mit Sandra rumgemacht habe. Auch wenn das schon schlimm genug wäre.
Es geht auch um die zurückliegenden Wochen und Monate. Es geht darum, dass irgendetwas zwischen Inna und mir anders geworden ist. Etwas, für das wir noch keine Worte haben. Sie nicht, ich nicht. Etwas, das uns bedroht, wie das Monster in einem Horrorfilm. Man kann es nicht sehen, man weiß nicht einmal genau, was es ist oder wie es aussieht. Aber man weiß, dass es da ist.
Trotzdem finde ich Innas Verhalten übertrieben. Gut, natürlich sah die Situation für mich verfänglich aus. Aber sie muss mir doch Glauben schenken! Und wenn es doch um etwas ganz anderes geht? Dann soll sie eben nicht so tun, als ginge es um das, was mit Sandra geschehen ist. Aber das ist das Problem. Es geht eben doch darum. Nicht nur, aber auch.
Ich muss einsehen, dass manchmal Dinge, die man sonst kaum wahrnehmen würde, auf einmal große Wirkung haben können. Es kommt ganz auf den Moment an.
Und dieses war ganz eindeutig der falsche Moment.
16
» W ie soll sie dir glauben, Alex?«, fragt mich Torsten, bei dem ich mich ausheule. Torsten, der Frauenversteher. Er kennt Sandra. Er kennt Inna. Er kennt mich. »Ihr habt mehr oder weniger nackt im Bett gelegen, als sie reinkam.«
»Ach, Blödsinn. Sandra hat Spielchen gespielt. Keine Ahnung, was das sollte. Und warum ich überhaupt drauf eingegangen bin. Ich wollte es doch gar nicht. Und das habe ich ihr auch gesagt. Es war nichts weiter. Eine belanglose Knutscherei, das ist alles. Wir wollten gerade wieder nach unten gehen. Dann kam Inna rein.«
»Blabla. Es ist so, als wenn ein Typ mit einer rauchenden Knarre vor einer Leiche steht. Und trotzdem behauptet er, nicht geschossen zu haben.«
»Schönes Bild.«
»Du weißt, was ich meine.«
»Ich habe nicht geschossen.«
»Sag’s doch noch ein paarmal. Nützt bestimmt etwas.«
»Was soll ich denn tun? Etwas zugeben, was gar nicht passiert ist? So wie ein Angeklagter vor einem amerikanischen Gericht? Ein gefälschtes Geständnis, um einen Deal mit der Staatsanwaltschaft einzugehen? Das sehe ich nicht ein.«
»Hör vielleicht einfach mal auf zu reden. Und fang an zuzuhören. Ich denke, es gibt da etwas, was die ganze Sache dir sagen sollte.«
»Was soll das denn heißen?«
»Ach, komm schon, Alex. So etwas passiert nicht zufällig.«
»Komisch, das sagt Inna auch.«
»Eben.«
»Du klingst wie ein trotziger Junge. Das macht es nicht besser.«
»Dann sag mir, was ich tun soll.«
Torsten zuckt mit den Schultern. »Vertrauen haben, die Hoffnung nicht aufgeben, durchhalten.«
»Danke. Hitler hat den Jungs in Stalingrad dasselbe gesagt.«
Torsten lacht, und ich steige mit ein. Tut verdammt gut. Ein Lichtblick in der Nacht, ein Regenguss in der Wüste. Hält bloß nicht lange vor.
K e in Wort, kein Blick, keine Berührung. Seit einer Woche. Emma schleicht blass durchs Haus. Sie spürt die Arktis-Stimmung zwischen ihren Eltern und ist fertig. Sie heult.
»Bitte, bitte, vertragt euch wieder«, fleht sie uns an.
»Sag das deiner Mutter, ich bin bereit dazu«, sage ich zu Emma.
Inna schickt die Kinder raus, und als wir alleine sind, sagt sie: »Komm nicht auf die Idee, die Kinder da mit reinzuziehen, Alex. Tu das bloß nicht.«
Ich zucke mit den Schultern. »Du redest nicht mit mir. Was soll ich sonst tun?«
»Es wäre schön, wenn du etwas reparierst. So aber machst du immer mehr kaputt.«
»Findest du nicht langsam, dass du übertreibst?«
»Findest du es denn?«
»Na ja, also irgendwie … «
Sie schüttelt nur den Kopf. Und stellt das Reden wieder ein.
D e r Einzige, der an der Situation Spaß hat, ist Julian. Zumindest tut er so als ob. »Hey, ich freue mich, dass ihr nicht miteinander redet. Ist schön still dadurch. Echt. Ich mag diese harmonische Familienatmosphäre.«
»Ich finde, eure Mutter übertreibt«, sage ich.
»Ich finde, euer Vater kapiert gar nichts«, sagt Inna.
»Ich finde, ihr seid beide bescheuert«, sagt Julian.
17
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