Zwei Wochen danach (German Edition)
Magen knurrt, aber Kristel hat keinen Appetit.
Das Fitness-Studio kann sie sich diese Woche sparen, denkt sie und spannt den rechten Mundwinkel an.
Sie macht ein paar Brote mit Streichwurst für die Jungen zurecht und schneidet Äpfel dazu.
Als sie wieder nach der Suppe schaut, haften ein paar Gemüsestückchen am Boden. Schnell rührt sie um und schaltet den Herd aus. Dann legt sie den Deckel auf den Topf zurück und lehnt sich an die Spüle.
Die Arme verschränkt, denkt sie an die Fragen von Marcus beim Abendessen und an den morgigen Tag und hat Angst davor.
***
(Joachim)
Es kostet mich Überwindung, zu Nicole zu gehen. Heute Morgen hatte ich es für die beste Lösung gehalten, bei meiner Schwiegertochter zu übernachten. Es war praktischer, als jedes Mal nach Taufkirchen zu fahren.
Doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es eine gute Idee gewesen ist.
Renate zieht mich zur U-Bahn hin. „Komm, lass uns die eine Station fahren! Mit der schweren Tasche will ich nicht laufen.“
Ich sehe an ihr herunter. Die Tasche, denke ich. „Soll ich sie nehmen?“
„Nein, geht schon, aber meine Füße sind auch müde.“
Als wir die Treppe hinabsteigen, klammert sich Renate fest an meinen Arm.
Wenn ich doch nur schon in meinem Bett läge. Das Schlimmste sind die gemeinsamen Mahlzeiten. Gut, dass die Kinder da sind. Mit Nicole kann ich einfach nichts anfangen. Sie ist so ..., so unnahbar.
Renate schweigt. Ich weiß nicht, ob sie mir noch böse ist. Eigentlich ist sie nicht nachtragend. Aber Kirche an Ostern ist ihr heilig. Ich habe keine Lust, nochmal mit dem Thema anzufangen.
Ich sehe mich in der U-Bahn um. Es ist voll. Nur Renate hat einen Platz bekommen.
Durch die Scheibe hindurch beobachte ich eine junge Familie, die scheinbar von einem Ausflug in die Berge heimkehrt.
Ich muss an meinen Sohn denken und bin froh, als ich aussteigen kann und wir nach ein paar hundert Metern Nicoles Haus erreichen.
Vor der Haustür halte ich inne.
Renate drängt mich. Ich nehme ihre Reisetasche in meine Linke und steige widerwillig Stufe um Stufe nach oben.
Jetzt spüre ich das Gepäck in meinen Händen immer schwerer werden.
Nicole öffnet die Tür. Raphael und Susanne scheinen nicht da zu sein.
„Hier riecht’s aber lecker“, sagt Renate.
Nicole nimmt erst Renate, dann mir den Mantel ab und hängt sie an die Garderobe. „Kartoffelauflauf“, gibt sie zurück, den Blick prüfend auf mich gewandt.
***
Montag
(Kristel)
„Sie erinnern sie an ihn!“
„Was meinst du?“ Kristel lässt das Wasser aus dem Spülbecken laufen und dreht sich zu ihrem Mann um, der die Küchentür hinter sich schließt.
Thomas spielt mit Marcus und Pit im Kinderzimmer.
„Die Jungen. Ich hab gesehen, wie sie sie angeschaut hat.
Heike kann sie nicht ertragen. Sie sind ihm so ähnlich.“
Kristel dreht sich wieder um, schwenkt das Becken aus und beobachtet, wie der Schaum im Loch verschwindet. Sie weiß keine Antwort darauf. Sie weiß nur, wie sehr ihre Tochter Sebastian geliebt hat.
Ludwig kommt zu ihr und nimmt sie in den Arm. Jetzt fangen die Tränen an, ohne Beherrschung aus ihren Augen zu laufen.
„Warum musste es ausgerechnet Sebastian sein?“ Auch Ludwig geht es nahe. „Er war doch ein erfahrener Pilot!“ Er lässt Kristel los und schlägt sich heftig an die Stirn.
„Der andere hat überlebt! Zumindest vorerst.“
Als er wieder zu Kristel schaut und immer noch keine Reaktion vernimmt, fasst er mit Daumen und Zeigefinger an ihr Kinn. „Kristel! Was ist los?“
Kristel kann nichts sagen. Sie starrt nur mitten in Ludwigs Gesicht. Sie weiß, dass sie Pit und Marcus heute Abend wieder mitnehmen müssen. Sie können sie unmöglich hierlassen. Auch ihr sind Heikes Reaktionen auf ihre Söhne nicht entgangen.
Kristel sieht zur Uhr. Kurz nach halb eins. Sie sollten gleich fahren, wenn Sebastians Schwester kommt. Ansonsten müssen die Kinder noch mehr leiden.
Es fällt Kristel nicht leicht, Heike zu verstehen.
Sie hätte nie geahnt, dass sie zu so etwas fähig wäre.
Trotzdem macht sie sich Sorgen um ihre Tochter.
„Ich bin froh, dass ich Thomas gestern noch angerufen habe. Gut, dass er kommen konnte.“
Ludwig runzelt die Stirn.
„Ich weiß nicht. Ich habe irgendwie Angst um sie.“
***
(Nicole)
Joachim hat wie immer etwas zu meckern. Zuerst muss er zu lange auf das Essen warten und dann bringt ihm die kleine Chinesin auch noch das falsche. Hühnchen in Curry statt Ente Kung-Po.
Heimlich grinse
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