Zweifel in Worten
in Köln schon kaum benutzt und sich immer wieder gefragt, wofür seine Eltern ihm das Ding eigentlich geschenkt hatten.
Die Begründung ‚damit du uns jederzeit besuchen kannst‘ zog schon lange nicht mehr, aber das machte auch keinen Unterschied. Wenn er von Berlin nach Köln wollte, um seine Mutter und seinen Vater zu besuchen, nahm er lieber den ICE, das war stressfrei und er konnte sich während der Fahrt am Laptop oder mit Büchern die Zeit vertreiben.
Frank musste seine Einkäufe in drei Etappen mit Hilfe des kleinen Aufzugs von der Tiefgarage nach oben bringen, doch schließlich hatte er es geschafft und am morgigen Freitag würde er direkt nach Feierabend alles einrichten können.
Jetzt kurz vor dem Schlafengehen saß er am Schreibtisch und wusste einfach nicht, wie und ob er auf die neue Email reagieren sollte.
Hatte er wirklich so überdeutlich gejammert? Anscheinend, denn die Antwort der beiden ließ keine anderen Rückschlüsse zu.
Er las die letzte Frage wieder und wieder. Hatte er tatsächlich Interesse an einem unverbindlichen Treffen?
Frank seufzte und schloss das Emailprogramm. Darüber konnte er sich am Wochenende Gedanken machen. Zumal ein Treffen ihm echt nicht in den Sinn gekommen war. Nicht einmal ganz zu Anfang!
Klar, er hatte gewusst, dass eine solche Annonce hauptsächlich diesen Zweck haben würde, aber für ihn war das doch allein deshalb schon undenkbar, weil die beiden ein Paar waren. Lebensgefährten, seit mehr als sieben Jahren!
Es hatte für Frank während seiner ‚wilden Zeit‘ kaum Tabus gegeben, aber mit vergebenen Typen hatte er nie rumgemacht. Das war einfach nicht seine Art gewesen. Vor allem wohl auch deshalb nicht, weil so etwas zu viel Stress brachte. Franks Ambitionen, sich mit betrogenen Liebhabern seiner mehr oder weniger einmaligen Sexpartner herumzuärgern, hielten sich in eng gesetzten Grenzen.
Auch heute noch. Deshalb war die Frage nach einem Treffen ihm direkt unheimlich.
Nein, er würde einfach nicht mehr antworten, das machte sowieso keinen Sinn.
Freunde, echte Menschen, auf die man sich auch hier draußen, außerhalb des Computers und in der realen Welt verlassen konnte, fand man nicht per Zufall über eine Community, in der es hauptsächlich um den teilanonymen Austausch von Körperflüssigkeiten ging.
Er ging ins Bett und versuchte, nicht mehr darüber nachzudenken. Das Ganze war sowieso ein Luftschloss gewesen. Nein, sogar viel weniger als das. Eine Schnapsidee, ja, das war es. Und doch fragte Frank sich während des Einschlafens immer wieder, wieso er entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten so offen über seine Sehnsüchte geschrieben hatte.
Am nächsten Morgen ging er nach einem schnellen Frühstück aus dem Haus. Freitags gab es kaum etwas anderes zu tun, als die liegengebliebene Arbeit vom Donnerstag abzuarbeiten und sich einen Haufen Bücher fürs Wochenende mitzunehmen. Zwölf Uhr schlossen sich die Türen der Bibliothek für das Publikum und danach dauerte es meist keine Stunde, bis sämtliche Angestellten ins Wochenende verschwanden. Dass Frank dann auch ging, lag hauptsächlich an der Tatsache, dass er keine Schlüsselgewalt besaß. Man hatte es ihm angeboten, aber er hielt das für unnötig.
An diesem Freitag hatte er Pech, zwei Kolleginnen steckten in einer liegengebliebenen Straßenbahn fest, zwei andere waren krank und da auch die Ersten im Osterurlaub waren, blieb ihm nichts anderes übrig, als heute mit im Kundenbetrieb zu arbeiten. Namensschild inklusive.
Seine Laune hielt sich nur aufrecht, weil er an den Nachmittag und die Einrichtung der Außenleseecke dachte.
So saß er an einem der Schreibtische in der Nähe der Information. Unerfreulicherweise auch noch mit einem Neukunden. Es war zum Auswachsen.
Frank versuchte, freundlich zu bleiben, reichte dem hellblonden Mann, den er ansonsten nicht weiter ansah, ein Klemmbrett mit einem Anmeldeformular und einen Kugelschreiber, dann wurde er schon wieder an der Ausgabe gebraucht. Er scannte die Bücherstapel, druckte die Leihlisten für die Kunden und wandte sich danach zur Rückgabe, an der eine Kollegin mit einem besonders nervigen Kunden kurz vor einem Streit stand.
Der Stein des Anstoßes war ein Buch, über welchem offensichtlich Kaffee oder eine ähnlich gefärbte Flüssigkeit ausgelaufen war.
Klar, so etwas konnte mal passieren, aber dann wurde ein solches Buch dem Entleiher eben in Rechnung gestellt. Dieser hier weigerte sich jedoch beharrlich und Franks Kollegin wusste
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