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Zweifel in Worten

Zweifel in Worten

Titel: Zweifel in Worten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Jaeger
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hastig, dass er sich mehrmals an das Geländer klammern musste, um nicht haltlos hinabzustürzen. Was hatte er denn da getan?!
    Er küsste doch nicht einfach so jemand anderen! Gabriel, sein Erzengel, war der Einzige, dessen Lippen er mit seinen berührte! Und nun das. Wieso?
    Und während er mit steifen Bewegungen in seinen Wagen kletterte und losfuhr, erschienen etliche Begründungen für sein Verhalten, die allesamt von seinem schlechten Gewissen verdrängt wurden.
    Sam fluchte lautlos und wusste doch, dass von Frank, diesem verängstigten und so attraktiven Bibliothekar eine Faszination ausging, die weit über das hinausging, was mit Sex zu tun hatte. Auch das wäre ja schon unfassbar. Natürlich, sie hatten diese dämliche Anzeige geschaltet, aber wirklich mit einer brauchbaren Antwort gerechnet hatte er niemals!
    Darauf gehofft, ja. Wohl aus Neugier. Sam konnte nun wirklich nicht behaupten, dass der Sex mit Gabriel irgendwelche Wünsche offen ließ. Er hatte alles mit ihm, alles, was er wollte und brauchte. Sogar beinahe immer wenn er es wollte!
    Aber Frank ... Tja, der hatte aus dem eigentlichen Gag eine ernste Tatsache gemacht, einfach, indem er so vernünftig und freundlich, so alle abstrusen Hoffnungen übertreffend, geantwortet hatte.
    Sam benutzte die Fernbedienung für das massive Tor an der Einfahrt zu Gabriels Villa in Steglitz und seufzte tief. Wie sollte er Gabriel diesen Kuss erklären? Musste er ihn erwähnen?
    Sam parkte ein und eilte ins Haus. Schon an der Eingangstür lief er beinahe in Gabriels massige Gestalt hinein. Er erschrak und mied den Blick seines Freundes ganz kurz.
    „Du hast dein Handy vergessen“, bemerkte Gabriel und zog ihn an sich und in die Eingangshalle.
    Sam nickte. „Oh fuck! Ich bin so ein Idiot!“
    „Was ist los? Also, abgesehen vom Offensichtlichen?“
    Er nahm Abstand. „Offensichtlichen?“
    „Du hast ihn nur sehr ungern allein gelassen.“
    Sam atmete tief durch und nickte. „Ja, weil es ihm echt beschissen ging, als ich weg bin.“ Nein, von einem so unbedeutenden Kuss zu sprechen, war nicht nötig. Wie um sich selbst das Gewissen zu erleichtern, küsste er seinen Freund lange und leidenschaftlich.

Erdrückende Einsamkeit

    Frank spürte dem prickelnden Gefühl auf seinen Lippen nach und schloss die Augen, als Sam sich abwandte und ging.
    Es fühlte sich leer an, irgendwie falsch. Und doch riet ihm eine immer lauter werdende Stimme in seinem Inneren, das Ganze abzuhaken. Was bedeutete schon diese zarte, weiche Berührung, die noch immer Wellen von Wärme durch ihn rieseln ließ?
    Die leise geschlossene Wohnungstür klang so endgültig, so unumstößlich.
    Franks Kehle zog sich zu, raubte ihm die Luft und wieder blieb ihm nichts anderes, als sich in seinen Sessel zu kauern und sich seiner grundlegenden, tiefgehenden Traurigkeit zu ergeben.
    Ja, er war einsam. So schrecklich allein!
    Die Vernunft befahl ihm, der Realität ins Auge zu blicken. Sam gehörte zu Gabriel, da gab es kein Vertun. Und er wollte doch auch gar nicht, dass sich daran etwas änderte. Er gönnte es den beiden. Sie hatten gefunden, was sie brauchten, und sie liebten sich.
    Niemals würde er in Abrede stellen, dass die zwei eine Menge füreinander empfanden, aber das bedeutete nun mal nicht, dass er selbst jemals so etwas für irgendwen empfinden würde!
    Nein, es gab mehrere Gründe, wieso er Liebe und Beziehung für sich so kategorisch ausschloss.
    Allen voran die Oberflächlichkeit und die Unverbindlichkeit mit denen er selbst jahrelang jegliche Form von ‚Beziehungen‘, wenn man sie denn so nennen wollte, gelebt hatte. Dann die Vergewaltigung.
    Er hatte nicht alles gesagt und doch kam es ihm vor, als hätte er Sam und Gabriel viel zu viel gesagt. Was ging es sie an?
    Wieso hatte er gewollt, dass sie es wussten? Wussten, was in etwa ihm passiert war? Es änderte doch nichts!
    Er tat sich nicht gern selbst leid. Trotzdem hatte er doch mit seinen Aussagen ganz klar provoziert, dass er ihnen nun leidtat.
    Das alles war schon jetzt so verfahren. Er schüttelte den Kopf und sah durch den Raum. Das Handy!
    Mitten auf dem Wohnzimmertisch lag noch immer Sams Mobiltelefon. Das Display war dunkel, aber vielleicht war Gabriel noch dran? Frank erhob sich wieder und ging auf das kleine Gerät zu.
    „Gabriel? Bist du noch dran?“, fragte er und ärgerte sich, dass seine Stimme die gerade erst versiegten Tränen deutlich verriet.
    „Ja, Frank. Bin ich. Wo ist Sam?“
    „Er ... ist weg ... hat das

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