Zweifel
aber das war irrelevant. Auch wenn er sich ebenso sehr fürchtete wie Bo, wusste Sam doch, dass ihm keine Wahl blieb. Er besaß die Fähigkeit, auf die Grenze zwischen den Welten Einfluss zu nehmen, und diese Chance konnte er nicht ignorieren. Nicht, wenn es um Leben und Tod ging.
Als Bo Sams Mund mit einem leidenschaftlichen Kuss eroberte und er spürte, wie die Hitze zwischen ihnen wieder zu erwachen begann, war er erleichtert. Er wollte jetzt nicht in düsteren Zukunftsvisionen versinken, sich nicht ausmalen, was ihnen bevorstand, wenn sie in die Tunnel gingen und sich um das Portal kümmerten. Sam sank zurück und überließ sich Bos Berührungen.
Kapitel 12
Bo blieb nicht über Nacht bei Sam, obwohl dieser ihn gefragt hatte. Er sagte, dass er nach Hause fahren und bei Janines Eltern anrufen wollte, um mit den Jungs zu sprechen. Mit Sicherheit war das die Wahrheit, aber Sam hatte trotzdem den Verdacht, dass Bo nicht wollte, dass ihre Kollegen sie am nächsten Tag gemeinsam zur Arbeit kommen sahen. Sam zeigte Verständnis, küsste Bo zum Abschied und ließ ihn ohne weitere Einwände ziehen.
Zu seiner eigenen Überraschung fiel Sam früh ins Bett und schlief wie ein Toter. Er erwachte bereits um Viertel nach Sechs, ohne dass es einen Wecker gebraucht hätte. Hastig trank er einen Kaffee, verschlang kalte Pizza zum Frühstück und lümmelte dabei auf dem Sofa, wo Bo und er sich ein letztes Mal geliebt hatten, bevor Bo gegangen war. Die Erinnerung zauberte ihm ein Lächeln aufs Gesicht.
Da Sam wach und voller Tatendrang war, fuhr er so früh zur Arbeit, dass er als Erster dort ankam. Er schloss das Büro auf, machte die Lichter an und setzte sich an seinen Schreibtisch, um sich mental auf den heutigen Tag vorzubereiten.
Das Problem war, dass er nicht wirklich einen richtigen Plan hatte, wie er vorgehen sollte. Seit dem Vorfall im Oleander House hatte er Recherche über Portale zwischen den Dimensionen und ihre Verbindung zum menschlichen Geist betrieben und dabei nach einer Möglichkeit gesucht, seine neu entdeckten Fähigkeiten zu kontrollieren. Doch bis jetzt stand er mit vollkommen leeren Händen da. Er war auf zwei Leute gestoßen, die behauptet hatten, ebenfalls in der Lage zu sein, Barrieren zwischen den Dimensionen zu manipulieren, aber diese Hinweise hatten zu nichts geführt.
Eine der beiden konnte Sam nichts außer vagen Spekulationen bieten, wie sie es geschafft hatte. Bei der anderen Person stellte sich heraus, dass er an schwerer Schizophrenie litt und sich weigerte, seine Medikamente zu nehmen, was seine gesamte Geschichte ein wenig unglaubwürdig machte.
»Tu, was dein Bauchgefühl dir sagt, Sam«, sprach er laut in den leeren Raum hinein und versuchte, den kleinen Hauch von Zweifel beiseite zu schieben, der das neu gewonnene Selbstvertrauen dieses Morgen zu dämpfen drohte. »Du hast diese Kreatur in Oleander House zurück in seine Welt geschickt und hast das Tor geschlossen, ohne die geringste Ahnung davon zu haben. Du kannst es wieder tun, solange du nicht zu viel darüber grübelst.«
Das Quietschen rostiger Angeln lenkte Sams Aufmerksamkeit auf die Eingangstür. David verzog das Gesicht, als Cecile und er eintraten und die Tür hinter sich schlossen. »Das Ding sollte mal wieder geölt werden. Hi, Sam, so früh schon hier? Wie kommt's?«
»Um Selbstgespräche zu führen.« Sam begrüßte seine Freunde mit einem breiten Lächeln. »Wie war euer Thanksgiving?«
»Voll«, entgegnete Cecile und klopfte sich auf den Bauch. »Andres Schwester hat uns eingeladen, den Tag bei ihnen zu verbringen. Sie hat genug für eine ganze Armee gekocht.«
»Hey, es ist Tradition, nach Thanksgiving noch eine Woche lang von Truthahnsandwich zu leben.« David ließ sich in den nächsten Bürosessel fallen, legte die Füße auf Ceciles Schreibtisch und grinste. »Was hast du gemacht, Sam? Ich weiß, dass du nicht den ganzen Weg nach Marietta gefahren bist, um deine Mom zu besuchen.«
Vor Sams geistigem Auge erschien ungewollt das Bild von ihm selbst, die Beine nach oben gestreckt und Bos' Schwanz tief in seinem Hintern vergraben. Hitze färbte seine Wangen rot.
»Ich bin zu Hause geblieben und hab mir Pizza bestellt«, antwortete er und das war ja nicht einmal gelogen.
»Du hast deine Mutter doch wenigstens angerufen, oder?«, fragte David und pflückte sich einen Fussel vom Pullover.
»Ähm... nein«, murmelte Sam.
David schüttelte den Kopf. »Schlechte Idee, Mann. Ganz schlechte Idee, Elternteile zu
Weitere Kostenlose Bücher