Zweiherz
bis dahin Frau Yatasi ist.«
Kaye lachte. »Ist das nicht Erpressung?«
»Ich glaube, in ihrem Fall nicht. Sie hat nichts, wo sie hingehen könnte. Keinen Ort, an dem sie ein Zuhause hat. Ich werde ihr diesen Ort geben.«
Kaye drückte Pete kurz an sich und sagte: »Ich bin sehr froh, dich als Freund zu haben. Du bist ein sehr fürsorglicher Mensch.«
»Danke für die Blumen«, sagte Pete, »aber ich glaube, jetzt sollte ich besser gehen.« Er machte eine leichte Drehung, damit Kaye Nadja sehen konnte, die sich mit Will unterhielt. »Was muss ich zahlen, damit du mich lässt?«
Es war so Brauch bei diesem Fest, dass der Junge sich beim Mädchen vom Tanz freikaufte. Je höher der Preis war, den der Junge zahlte, umso größer waren die Hoffnungen, die er sich machte.
»Gib mir einen Quarter und du bist frei«, sagte Kaye.
Pete kramte in seinen Hosentaschen, gab ihr augenzwinkernd einen Dollar und bahnte sich einen Weg durch die Tanzenden. Kaye folgte ihm und verabschiedete sich von Nadja. Das Mädchen war strohblond, hatte eine tiefbraune Haut und leuchtend grüne Augen. Und sie himmelte Pete an. Doch würde sie auf Dauer glücklich werden im Reservat? Die Hopi-Mesas waren kein sehr einladendes Stück Erde. Karger noch als das Navajogebiet.
Kaye ergriff Wills Hand und zog ihn auf die Tanzfläche. Das Feuer in der Mitte des Platzes war riesig und beleuchtete die Gesichter der Tanzenden. Jetzt, spät am Abend, waren fast nur noch Einheimische auf dem Fest. Das farbenfrohe Programm, das jedes Jahr viele Touristen nach Window Rock lockte, war schon am Nachmittag gewesen.
Sie sah Charlie Tsoosie am Rande stehen und warten. Teena war nicht gekommen. Vielleicht hatten ihre Eltern etwas spitzgekriegt und ihr verboten, aufs Tanzfest zu gehen.
Kaye zog Will so nah an sich heran, dass ihre Körper sich beim Tanzen berührten. Er trug seinen Jeansanzug und ein weißes T-Shirt und hatte sein Haar offen gelassen. Nach den ersten Schritten zog er Kaye die Silbernadeln aus dem Haarknoten und strich es über ihre Schultern. Er wickelte eine seidige Strähne um seinen Zeigefinger und lächelte in sich hinein.
Sie tanzten lange, freuten sich daran, zusammen zu sein. Aber sie konnten nicht ewig tanzen. Irgendwann sagte Will: »Ich bin müde, Kaye. Wie viel verlangst du von mir?«
»Einhundert Dollar«, sagte sie, und ihre Augen blitzten vor Vergnügen.
»So viel habe ich nicht.«
»Du kannst in Raten bezahlen«, sagte sie, lachte und küsste ihn auf den Mund.
Sie fuhren zurück auf die Ranch und Kaye stellte den Jeep in die Garage. Sie füllte Jazz noch etwas Wasser in seinen Hundenapf, und als sie ins Haus kam, hockte Will auf der Couch vor dem Fernseher. Er starrte auf das flimmernde Bild. Der Ton war übermäßig laut aufgedreht, wahrscheinlich hatte er den Knopf auf der Fernbedienung nicht gefunden, um ihn leiser zu stellen. Kaye schaltete das Gerät ab. Sie zog Will auf die Beine und führte ihn die Holztreppe hinauf in ihr Zimmer.
Dann verschwand sie im Bad und ließ ihm Zeit, sich umzusehen.
In ihrem Zimmer hatte sich vieles verändert, aber nicht alles. Da lagen jetzt Dinge herum, die ein Kind nicht brauchte, die für eine junge Frau jedoch unentbehrlich waren.
Vor dem großen Spiegel standen Fläschchen mit verschiedenartig schimmerndem Inhalt. Will griff nach einer der Glasflaschen, nahm den Glasstopfen ab und roch am blassgrünen Inhalt. Salbei. Eine Erinnerung wurde wach. Der Duft betäubte ihn. Behutsam stellte er die Flasche zurück.
Verschiedene Türkisketten und Silberarmreifen lagen überall verstreut herum, genauso wie diverse Kleidungsstücke. Will wusste nicht viel Intimes über Kaye, aber dass sie nur sehr selten einen BH trug, das hatte er längst bemerkt. Doch über der Lehne eines Stuhles hingen gleich drei Stück in verschiedenen Farben. Hatte sie heute Abend Probleme bei der Wahl gehabt?
Will zog Schuhe und Jacke aus und setzte sich auf Kayes Bett. Es hatte doppelte Matratzen und ein mit Schnitzarbeiten verziertes Kopfteil aus Holz. An der Wand darüber hing eine Kette aus verschrumpelten Wacholderbeeren, die vor bösen Träumen schützen sollte. Geisterperlen . Er nahm ein Bild in die Hand, das auf ihrem Nachttisch stand und Kaye mit ihren Eltern zeigte. Alle drei lachten unbeschwert.
Als sich die Zimmertür öffnete, stellte er das Bild zurück. Kaye war barfuß und trug einen flauschigen hellblauen Bademantel. Will ahnte, dass darunter nur noch sie selbst war. Er wusste, was sie wollte,
Weitere Kostenlose Bücher