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Zweiherz

Titel: Zweiherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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keinen Bob Atisi erwähnt.
    »Du meinst, dieser Atisi hat Northridge und Rost erst die Pläne besorgt und sie dann einfach umgebracht?«, fragte Kaye ihren Onkel ungläubig. »Warum sollte er das tun? Ein Navajo mordet nicht so einfach, das weißt du sehr viel besser als ich.«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Aber es wäre durchaus möglich, dass Atisi es getan hat. Vielleicht brauchte er Geld«, sagte Thomas. »Und vielleicht hat es ihn plötzlich gestört, dass er selbst so schlecht gegen sein Volk gehandelt hat. So etwas soll ab und zu noch vorkommen.«
    »Aber Mord ist schlimmer als Verrat am Volk«, meinte Kaye.
    Thomas machte eine ratlose Geste. »Vielleicht sieht Atisi das anders. Vielleicht hat er den Sinn für die Realität verloren.«

22. Kapitel

    B ei ihrem nächsten Besuch im Krankenhaus kam Aquilar ihnen freudestrahlend und stolz auf dem Gang entgegen. Er war sehr schnell mit seinem chromglänzenden Rollstuhl und hatte in der kurzen Zeit erstaunliche Fertigkeiten entwickelt.
    »Das gibt es doch nicht!«, sagte Will überrascht.
    »Schick, nicht wahr?« Aquilar drehte sich einmal um die eigene Achse. »Sie haben mich brutal aus dem Bett gescheucht«, flüsterte er. »Hier gibt es ganz grausame Krankenschwestern, richtige Monster. Ich musste sogar schon laufen, auf Krücken, versteht sich.«
    »Das ging aber schnell.«
    »Weil meine Knochen immer noch von Metallplatten und einem langen Nagel zusammengehalten werden.«
    Kaye verzog das Gesicht und wurde blass. Aquilar lachte. Er schien blendender Laune zu sein, was Will irritierte.
    Eine junge, etwas mollige, aber sehr hübsche Indianerin im weißen Kittel kam vorbeigehuscht. Sie begrüßte Kaye und Will. Aquilar warf sie ein schelmisches Lächeln zu und er wurde rot unter seiner dunklen Haut.
    »War das eins von den Monstern?«, fragte Kaye.
    »Ja, das war Haila, sie ist ganz besonders schlimm.«
    Will lachte kopfschüttelnd. »Du weißt sogar ihren Namen, Aquilar? Hast du auch schon herausgefunden, zu welchem Clan sie gehört, damit du nicht aus Versehen mit einer Kusine anbändelst?«
    »Jedenfalls gehört sie nicht zum Enge-Schlucht-Clan«, flüsterte der Junge, »denn das wüsste ich. Aber sie ist ein Jahr älter als ich. Ob ihr das wohl was ausmacht?«
    »Wie sie dich angesehen hat, sicher nicht«, sagte Kaye schmunzelnd.
    Sie liefen mit Aquilar den Gang auf und ab, einer zur linken und einer zur rechten Seite des Rollstuhles.
    »Sie riecht immer so verdammt gut«, schwärmte Aquilar. »Und manchmal nimmt sie sich ein bisschen Zeit, um mit mir zu reden.«
    »Worüber redet ihr denn so?«, fragte Will. »Über Schafe vielleicht?«
    Aquilar stieg erneut die Röte ins Gesicht.
    »Schon gut! Das sollte ein Scherz sein.«
    Kaye erzählte Aquilar sämtliche Neuigkeiten, soweit sie offiziell waren. Natürlich war er schon bestens informiert durch seine Familie, trotzdem wurde er auf einmal ernst und wirkte bedrückt.
    »Mir scheint, es tut dir leid, dass die beiden Männer tot sind«, bemerkte Will.
    Aquilar druckste herum. »Ach, ich weiß auch nicht. Ich habe im Narkoserausch von Rache geredet und dich ziehen lassen. Aber jetzt bin ich nicht sehr froh darüber, wie sich die Dinge entwickelt haben. Ich wollte, dass die Männer bestraft werden, den Tod habe ich ihnen nicht gewünscht.«
    »Das weiß ich«, sagte Will. »Keiner von uns kann etwas dafür, dass es so gekommen ist.«
    Aquilar seufzte. »Trotzdem bin ich erleichtert, dass nun alles ein Ende hat.«
    Will nickte und warf Kaye einen verstohlenen Seitenblick zu. Sie beide wussten, dass es noch nicht zu Ende war.
    »Übrigens, am Wochenende ist Tanzfest in Window Rock.« Aquilar lenkte das Thema in eine andere Richtung.
    »Ich weiß«, erwiderte Will. »Aber bis dahin wirst du es nicht schaffen und wenn du dich noch so abstrampelst.«
    »Natürlich nicht. Aber werdet ihr dort sein?«
    Kaye lächelte. »Wir hatten noch keine Zeit, um darüber nachzudenken.«
    »Wir werden dort sein und wir werden einen Tanz für dich tanzen«, sagte Will entschlossen und ging zum Fenster. Unten, auf dem Parkplatz, sah er Maria Yazzie und Bob Atisi aus einem goldfarbenen Chevrolet steigen. »Aber jetzt müssen wir gehen, wir haben noch ein paar wichtige Dinge zu erledigen.« Er schnappte Kaye an der Hand und zog sie mit sich fort. »Wir sehen uns nächste Woche, sik’is .«
    Will zerrte Kaye über den Gang und Aquilar rief ihnen noch verwundert »Viel Spaß beim Fest!« hinterher.
    »Was ist denn los?«,

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