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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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Menschen dieser Zeit. Denn meine eigene Zeit ist tot. Und du wirst mich nie wieder damit verführen.«
    Die goldenen Augen weiteten sich überrascht, aber sie sah nicht mehr ihn an. Doch bevor sie wirklich begriff, was vor sich ging, war er bereits herumgewirbelt. Er wusste, er würde sich sein ganzes Leben lang fragen, woher er gewusst hatte, dass sie hinter ihm stand. Aber er wusste es einfach. So sicher, wie er spürte, dass eine Klinge auf das Herz des Mondmädchens gerichtet war. Er erwischte Ivy in dem Moment, als ihr Arm mit tödlicher Präzision losschnellte. Schmerz fuhr bis in seinen Ellenbogen, als er gegen ihr Handgelenk schlug und mit einem blitzschnellen Griff den Speerwurf nach oben lenkte. Die Waffe flog mit einem kalten Sirren durch die Luft. Für eine Sekunde schnitt sie den Mond und bohrte sich dann einen Meter vor dem Mondmädchen in den Boden.
    Das brach den Zauber endgültig.
    Die Musik verzerrte sich, der Bariton des Sängers ging in das dumpfe Heulen des Schneewinds über. Die Lichter verwehten, die Gesichter verloren Farbe und lösten sich auf. Madman torkelte und sah sich dann irritiert um. Nur die Holländerin tanzte immer noch summend mit raschelndem Rock vorbei, wiegte sich elegant im Takt, den nur noch sie hörte, während das Papier flatterte und mir ihr zu tanzen schien. Dann verblasste auch sie.
    Das Mondmädchen war zurückgewichen. Ihre Augen glühten, Schnee heftete sich wie ein Schleier an ihr helles Haar. Dann stob sie im Schneewirbel davon und nahm auch die letzte Illusion ihrer Magie mit.
    Erst da wurde ihm klar, dass er mit seiner Vergangenheit auch sie endgültig verloren hatte. Er war überrascht, wie sehr es wehtat. Noch überraschter war er, wie nah Schmerz und Freude sich sein konnten. Es lief alles verkehrt, er hatte nichts bei dem Mondmädchen erreicht und Ivys Aktion machte es nur noch schlimmer. Aber verrückterweise war er in diesem Moment einfach nur glücklich – dass das Mondmädchen dem Speer entkommen war. Und dass Ivy ihn gesucht hatte.
    Sie kniete im Schnee und hielt sich den schmerzenden Arm. Zorn blitzte in ihren Augen auf. »Verdammt«, schrie sie. »Ich hätte sie erwischt.«
    Im nächsten Moment traf ein Boxhieb seine Rippen, der ihn taumeln ließ, und dann noch einer.
    »Du hast also nichts zu verlieren, ja?«, fauchte sie. »Und was ist mit mir? Ich dachte, ich sehe dich nie wieder!«
    Sie holte ein drittes Mal aus, doch diesmal wich Jay ihrer Faust aus und zog Ivy an sich. Ihr Körper bog sich in seinen Armen wie eine Stahlfeder, mit aller Kraft wollte sie ihn wegstoßen. Schmerz zuckte durch sein Bein, als sie nach ihm trat, aber er vergrub sein Gesicht an ihrem Hals, sog ihre Nähe ein wie ein Ertrinkender die Luft. »Leon Johannes Montague«, flüsterte er in ihr Ohr. »Das ist mein richtiger Name, Ivy.« Ihr Widerstand erlahmte, schwer atmend hielt sie still, und er sprach hastig weiter, als würde er befürchten, dass sie nur Kraft sammelte, um ihn endgültig von sich zu stoßen. »Meine Mutter hieß Carlotta Montague, sie war Halbitalienerin. Nach unserem Streit beschloss ich, den Namen meines Vaters anzunehmen. Jay – so hatte er mich genannt. Und sein Nachname war Callahan. Aber mein richtiger Name ist es nicht.« Sie sagte nichts, aber immer noch war sie angespannt, bereit zum Kampf oder zur Flucht. »Und ja, du hattest recht, auf eine Weise habe ich das Mondmädchen geliebt, und wenn es sein muss, werde ich dir noch fünfmal die Waffe aus der Hand schlagen, um sie vor dir zu beschützen. Und dafür kannst du mich beschimpfen und schlagen, du kannst mich wegjagen und mir Vorwürfe machen. Aber es ändert nichts daran, dass nur du meinen wirklichen Namen kennst. Und es ist mir völlig egal, ob du einen anderen liebst und ob du mir nie deinen Namen sagst. Ich habe dich gefunden und lasse dich nicht mehr los.«
    Sie rang nach Luft, und er wusste immer noch nicht, was in ihr vorging. Doch dann entspannte sie sich ein wenig. »Ich dachte, ich hätte dich verloren.«
    Erst jetzt, als sie die Arme um ihn legte und ihr Kampf zu einer Umarmung wurde, merkte er, wie sehr er sich gefürchtet hatte.
    »Ich hätte mich auch beinahe verloren«, sagte er sanft. »Aber du hast mich zurückgeholt.«
    Erst nach einer zeitlosen Ewigkeit ließen sie einander zögernd los. Und endlich schenkte Ivy ihm ein zaghaftes Lächeln, das sofort wieder erlosch. Schnee hing an ihren Wimpern und schmolz auf ihren Wangen. »Wir haben ein Problem«, sagte sie. »Es schneit.

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