Zweilicht
zerstreuen. Pete spuckte aus und grinste Jay zum Abschied zu. »Gutes Spiel!«
Alex kam zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter. Sein Gesicht glühte und er strahlte. »Du passt gut ins Team«, sagte er anerkennend.
»Danke – und wie nennt ihr das Ganze?«
»Feldfootball. Bist du beim nächsten Mal wieder dabei?«
Jay blickte an sich hinunter. An seinem Sweatshirt klebten Schlamm und ein paar getrocknete Blutflecken, über dem Schlüsselbein klaffte ein Riss. Und an seiner verdreckten Hose haftete ein kleines Büschel wolliger brauner Haare, die definitiv nicht von ihm stammten. Kurz: Er sah aus wie Charlies schlimmster Albtraum. Aber der verrückte Robin Callahan wäre stolz auf mich . Und er ertappte sich dabei, wie er bei diesem Gedanken lächeln musste. »Bin dabei!«
»Jay!« Er hatte sich kaum zu Madison umgedreht, als sie schon in seinen Armen lag und ihn an sich drückte. Und plötzlich war auch der Schmerz seiner Prellungen vergessen und er war einfach nur stolz und glücklich. Jenna trat ebenfalls hinzu und verschränkte die Arme. »Ganz ordentlich gespielt«, gab sie widerwillig zu.
Sie und Madison wechselten einen langen Blick, der wohl ein telepathisches Zwiegespräch beinhaltete, dann schulterte Jenna ihre Tasche und zwang sich zu einem Lächeln. »Bis gleich!«
Jay brauchte eine Weile, um zu begreifen, was sie damit meinte. Er sah an sich hinunter. »So kann ich nicht ins Kino.«
»Unsinn«, erwiderte Madison. »Zieh einfach die Jacke drüber – viele der Spieler schauen sich das Freilichtprogramm direkt nach dem Spiel an.« Sie hob seine Jacke auf und warf sie ihm zu. Dann stahl sich ihre Hand ganz selbstverständlich in seine Rechte. »Und soll ich dir was sagen? Du gefällst mir – auch mit einem Schlammfleck auf der Stirn. Du siehst aus wie ein Krieger, der um seine Frau gekämpft hat.«
blade runner
w enn er gehofft hatte, mit Madison endlich einmal allein zu sein, wurde er enttäuscht. »Jenna hält uns in den vorderen Reihen Plätze frei«, sagte Madison, als sie den Platz überquerten.
»Es wundert mich, dass ausgerechnet dieser Film sie interessiert.«
»Tut er nicht. Aber sie ist der Meinung, dass ich mich besser nicht mit dir einlassen sollte.«
»Jenna kann mich mal!«, erwiderte er verärgert. »Sie weiß überhaupt nichts über mich und erlaubt sich ein Urteil?«
Madison lachte und schmiegte sich an ihn. »Ich habe mir mein Urteil schon gebildet.« Sie lehnte im Gehen ihren Kopf an seine Schulter, und er genoss das Gefühl, wie ihr glattes Haar warm über seine Halsbeuge strich. Und in diesem Moment war ihm Jenna völlig egal.
»Du hast wirklich gut gekämpft«, sagte sie leise. »Machst du Kampfsport?«
»Ja, früher mal eine Weile. Aber vor ein paar Monaten habe ich aufgehört.«
»Warum?«
Die Wahrheit, Madison? Weil ich nicht der nette Typ bin, für den du mich hältst.
»Es war einfach nicht mehr mein Ding.«
Zum Glück nickte sie nur und fragte nicht weiter.
Eine Bewegung im Augenwinkel lenkte ihn ab. Einen Moment lang fürchtete er fast, es könnte wieder das blonde Mädchen sein. Ihr Bild störte seine Gedanken wie ein misstönender Gong. Beunruhigt sah er sich um und schalt sich sofort dafür, dass er sich so leicht aus der Ruhe bringen ließ. Es war nur ein Obdachloser. Er lungerte neben einem Wegweiser zum Freilichtkino herum und grinste Jay herausfordernd an. Er mochte vierzig Jahre alt sein, trug einen abgeschabten Mantel, der ehemals vielleicht einem Banker gehört hatte, und einen völlig verfilzten Schal. Seine Füße steckten in etwas, das nur ganz entfernt an Stiefel und viel eher an zusammengeschnürte Lumpen erinnerte.
»Neu in der Stadt, was?«, rief ihm der Obdachlose hinterher, als sie den Eingang passierten. »Habe dich noch nie gesehen.«
Wäre bei acht Millionen Einwohnern ja auch ein Wunder , dachte Jay missmutig.
»Und dann gleich zwei Mädchen«, schrie der Mann und lachte. »Hast du keinen Anstand, Mann?«
Jetzt lief Jay doch ein Schauer über den Rücken. Er ertappte sich dabei, wie er den Blick über die Bäume und Sträucher schweifen ließ, in Erwartung, Ivy zu entdecken. Aber offenbar war der Mann nur ein Madman, einer der Verrückten, die Stimmen hörten und in der U-Bahn Leute beschimpften.
Das Freilichtkino war hell erleuchtet, blaue Lampions hingen in den Bäumen und verbreiteten künstlich kühles Licht. Die Besucher suchten sich auf Klappbänken und Plastikstühlen ihre Plätze vor der Leinwand, die vor einer hohen
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