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Zweilicht

Zweilicht

Titel: Zweilicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blazon Nina
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Silvesternächten der Kindheit …
    Er musste sich zusammennehmen, um all das wieder in die dunklen Kammern zu drängen und mit aller Gewalt die Türen zu schließen.
    »Wusste ich es doch!«, rief Columbus triumphierend aus. »Da, wo diese Menschenpuppen herumstehen, gibt es meistens auch ein Lager. Wozu haben sie eigentlich gedient? Sollten sie einfach nur die Vögel fernhalten? Oder waren das kultische Figuren?«
    »So was Ähnliches«, murmelte Jay. »Die Töpfe sehen ja aus wie neu.«
    »Ja, die Stadt ist eine Schatzkammer, vieles hält sich sehr gut. Kunststoffe sowieso und Metall, wenn es trocken lagert. Wenn wir genug Zeit hätten zu suchen, könnten wir mit den Überresten der Vergangenheit leben wie Könige. Mit den Waffen und der Munition, die in der Stadt lagert, könnten wir jahrzehntelang jagen. Ab und zu finde ich sogar noch Sprengstoff. Wenn er nicht feucht geworden ist, funktioniert er noch.«
    »Oh ja, das habe ich mitgekriegt.« Jay schüttelte sich die Nässe, so gut es ging, aus dem Haar und wrang seine nasse Jacke aus. Kalt klebte die Jeans an seinen Beinen.
    Columbus grinste. »Na, dann wollen wir mal.«
    Es tat erstaunlich gut zu schuften. Als Jay mit der letzten Ausbeute der Suche in den Verkaufsraum zurückkam, war der Haufen von Töpfen, Besteck und Werkzeug zu einem Berg angewachsen, den sie zu zweit kaum würden schleppen können. Jay stapelte die Töpfe ineinander, holte die Wäscheleine, die er gefunden hatte und fädelte sie durch die Griffe. So zurrte er die Gegenstände zu zwei kompakten Bündeln zusammen.
    »Nicht dumm«, sagte Columbus anerkennend. Jay musste lächeln. Sogar das fühlte sich ungewohnt an. Wie lange ist es her, dass ich gelacht habe? Er konnte sich kaum daran erinnern, die Zeit mit Madison verblasste immer mehr. Und immer noch wusste er nicht, ob er darüber erleichtert oder traurig sein sollte.
    Columbus betrachtete ihn nachdenklich. »Nur aus Neugier. Warum hat deine Mutter eigentlich gesagt, du taugst nichts?«
    »Zu lange Geschichte.«
    »Dann erzähl mir die kurze Fassung.«
    Columbus lehnte sich zurück, stützte die Ellenbogen auf eine Treppenstufe und streckte die Beine aus. Seine Gelenke knackten, als er die Füße bewegte.
    »Was ist? Hast du deine Zunge verschluckt?«
    Jay räusperte sich. »Es war nur … wegen meinem Vater.«
    »Sie hat es aber zu dir gesagt. Warum?«
    »Weil ich ihm ähnlich bin. Also, ich sehe ihm ähnlich.«
    »War das in eurer Zeit schlimm?«
    Beinahe hätte er gelacht. »Nein, jedenfalls nicht, wenn die Väter bei den Familien blieben.«
    »Aha, und deiner ist weggegangen?«
    »Er hat meine Mutter sitzen gelassen, als sie schwanger war. Charlie hat ziemlich lange gebraucht, um wieder auf die Beine zu kommen. Wir kamen ganz gut zurecht. Bis sie dann Luca kennenlernte.«
    »Ist das ein Männername?«
    »Allerdings. Luca und sie wollten heiraten und zusammenziehen. Anfangs hatte ich nicht mal was gegen ihn. Bis er dann anfing, ständig auf mir rumzuhacken. Und er machte sich über Robin lustig, nannte ihn einen Versager. Es passte ihm nicht, dass ich Kampfsport mache, er redete Charlie ein, dass ich wie mein Vater werde.« Er holte tief Luft. »Na ja, Robin war sehr jähzornig, er prügelte sich wohl auch eine Weile viel herum, das war kein Geheimnis. Ich weiß nicht, warum, aber plötzlich gab es kaum noch ein anderes Thema als mich und meinen Vater. Und das Schlimme war, dass Charlie auf Luca hörte. Plötzlich sah sie mich an, als warte sie nur darauf, wann ich meine erste Kneipenschlägerei durchziehe. Und dann wollte sie mir verbieten, das Auslandsjahr in Amerika zu machen, obwohl es längst abgesprochen war. Als ich dann noch Briefe von meinem Vater fand, die Charlie jahrelang vor mir versteckt hatte, hat es mir endgültig gereicht. Ich habe sie zur Rede gestellt. Und da kreuzte Luca auf und markierte den Drill-Instruktor. Er baute sich vor mir auf, als müsste er Charlie vor mir beschützen, es war absolut lächerlich.« Es war verrückt, aber selbst jetzt noch konnte er den heißen, geballten Knoten in seinem Bauch fühlen. »Er schrie mich an, dass er mir Respekt vor meiner Mutter beibringen würde. Und als ihm sagte, dass das eine Sache zwischen mir und ihr sei und er sich raushalten solle, hat er ausgeholt und mir … mit der Faust eine reingehauen.«
    Columbus starrte ihn fasziniert an. »Und was hast du gemacht?«
    Jay senkte den Blick. »Zurückgeschlagen«, murmelte er. »Ich wollte es nicht und es ging ganz schnell.

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