Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
Gedanken lesen konnten: die reichste Frau Minnesotas und ein toter Farmer. Das waren so die Dinge, mit denen ich mich wöchentlich, wenn nicht gar täglich, auseinandersetzen musste.
»Also, auf jeden Fall bist du nicht … au!« Ungläubig starrte ich Sinclair an. »Hast du … hast du mich gerade am Ohrläppchen gezogen?«
»Ich bin gestolpert«, erklärte der König der Vampire aalglatt.
»Und dabei ist dein Finger zufällig auf mein Ohr gefallen und hat daran gezogen?«
Jessica schnaubte. »Falls du ›Auf jeden Fall bist du nicht dünn‹ hattest sagen wollen, dann hat er dir deinen wertlosen weißen Hintern gerettet, denn ich hätte dir das Ohr abgeschnitten !«
»Das stimmt«, stimmte D/Nick heftig nickend zu. »Die Hormone spielen verrückt, Betsy. Du hast ja keine Ahnung. Selten vergeht eine Woche, ohne dass sie jemandem was abschneidet.«
»Widerlich«, war alles, was mir dazu einfiel.
»Wirst du jetzt den Antichristen anrufen oder nicht?«
»Ruf sie nicht an!«, mischte sich unversehens eine neue Stimme ein. Genau das, was ich im Augenblick brauchte … einen weiteren heimtückischen Vampir.
Und alles verwandelte sich von beschissen zu superbeschissen, falls das überhaupt möglich war.
Wem will ich hier was vormachen? Natürlich war das möglich.
8
Ich weiß, warum ich annahm, dass es sich um einen Vampir handelte. Denn es ist geradezu lächerlich einfach, sich an mich anzuschleichen. An Sinclair hingegen nicht. Also würde ich sagen, dass ich genau wusste, worauf ich mich einließ, als ich mich auf den Eindringling stürzte.
Ich hatte nur noch Zeit zu denken: Dick trägt keine Waffe bei sich und Nick ebenso wenig. Marc riecht nach Blut … verdammte Krankenhauskittel! Und Jessica … mein Gott, Jessica und das Kind … ihr gigantisch fettes ungeborenes Kind! Oh Himmel!
Ich dürstete also nach Blut, sobald mein »wertloser weißer Hintern« die Küche hinter sich gelassen hatte. Der Bösewicht jedoch offenbar auch, denn obwohl ich mich recht schnell bewegte, packte er mich an den Schultern und stieß mich von sich – so brutal und schnell, dass ich im düsteren Korridor nicht einmal einen Blick auf sein Gesicht werfen konnte.
Ich flog durch den Flur … wie Supergirl! Und krachte in eine Wand, die zu meinem Glück mehr als hundert Jahre alt war. Igitt, der Geruch von Mäusekötteln war so stark, dass er mich beinahe von dem stechenden Schmerz meiner frisch gebrochenen Rippen abgelenkt hätte.
Aus der Düsternis drang leises Kichern. »Keine Sorge. Davon bleiben keine Narben zurück.«
Jessica … das Baby …
Ich kroch aus Mäusekötteln, Putz, Lattenwerk und Staub hervor und stolperte … Er hatte mich so hart gestoßen, dass es mich aus den Schuhen gehauen hatte. Ich besann mich nicht weiter und ließ sie stehen …
( Oh, meine armen abgewetzten Beverly Feldmans! Kerl, dafür wirst du DERMASSEN BEZAHLEN! )
…, rannte an der Tür zum Dachboden vorbei und weiter den Korridor entlang. Nie kam etwas Gutes aus diesem Dachboden, und das konnte man nun erweitern zu: Nie kam etwas Gutes aus dem Dachboden oder aus dem Korridor nächst dem Dachboden . Denn mein finsterer Angreifer hatte mir in diesem Korridor, dem längsten im ganzen Haus, aufgelauert, er hatte unsere Unterhaltung und unser Smoothie-Geschmatze belauscht. Das war unheimlich und schwachsinnig.
»Okay. Auf ein Neues …« Das klang tapfer und cool, nicht wahr? Nicht, als machte ich mir gerade vor Angst in die Hose, stimmt’s? Gut so.
»Okayyyyyyyyy.«
Ich konnte ihn fast im düsteren Korridor erkennen … und er erinnerte mich an jemanden. Etwas an der Kinnlinie … Zu schade, dass all dies in Überschallgeschwindigkeit und nicht in Echtzeit passierte! Wenn ich fünf Minuten Zeit gehabt hätte, dann hätte ich mich hinsetzen und mir in Ruhe überlegen können, wer der Besucher war. Denn rasches Denken ist noch nie meine Stärke gewesen.
»Hoffe, du bist bereit für die zweite Runde, du Schwein!« Leider klang dieser Satz nur in meinem Kopf hartgesotten. Nie schaffe ich es, ausreichend Gemeinheit in meine Stimme zu legen. »Vertu dich ja nicht, wenn ich nicht so hartgesotten klinge, wie ich könnte. Du wirst schon noch zu spüren kriegen, wie hart ich bin. Dann wird es dir leidtun.«
In diesem Augenblick packte mich jemand am Pullover (iiekk! Ein Geschenk von Jess … roter Kaschmir!) und riss mich zurück. Wieder einmal flog ich leicht wie eine Feder – und, wie ich annahm, mit Schallgeschwindigkeit – durch die Luft,
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