Zweimal Hölle und zurück (German Edition)
in Filmen sieht. Nein, er war glatt durch die Tür gebrochen. Sie kennen doch diese Zeichentrickfilme, in denen die Helden durch eine Tür rennen, die dann ihren Umriss abbildet? Genauso sah jetzt meine Schlafzimmertür aus.
Marc und er fanden mich auf dem Boden meines Kleiderschrankes, wo Jessica mir die Handgelenke rieb wie Doc Olson in einer Episode von Unsere kleine Farm . Ma hat einen Herzanfall mochte der Titel lauten. Oder: Laura hat PMS .
»Das überstehe ich nicht, echt nicht, das ist jetzt wirklich zu viel!«, keuchte ich. »Blackout! Netz überlastet.«
»Du solltest vielleicht mal Luft holen«, mahnte Jessica.
»Warum? Was sollte das nützen, außer, dass mir noch schwindeliger wird?«
»Du hast recht«, gab sie zu. »Sorry. Hab es einen Moment lang vergessen.«
»Sinclair liebt mich in dieser Realität.« Ich starrte an die Decke (die Wasserflecke zierten). »Sinclair liebt mich sowohl in diesem als auch in dem alten Zeitstrom, und wir sind immer noch verliebt, weil er mich jetzt und hier liebt. Alles andere kann daher auch gelöst werden, denn er liebt mich. Es ist also okay, es ist okay, hab keine Angst, Betsy, alles wird gut.«
»Das ist aber eine Menge, was dir zu schaffen macht«, sinnierte Jessica besorgt. »Aber endlich hast du’s mal ausgespuckt.«
»Wer hat dich angegriffen? Der Antichrist?« Mein Ehemann suchte das ganze Zimmer ab, die Augen so weit aufgerissen, dass man wie bei einem scheuenden Pferd das Weiße sah. »Wenn sie dich noch einmal anzurühren wagt, werde ich ihr …«
»Was zum Teufel ist hier los?« D/Nick war im (zersplitterten) Türrahmen aufgetaucht, mit gezogener Pistole wie ein Cop aus den Siebzigerjahren. »Jess, geh sofort weg von ihr! Bist du okay? Warum hockt ihr denn im Schrank?«
»Weg von mir?« Wieder wallte Zorn in mir auf. Ich setzte mich auf. »Das ist ja eine feine Art, mit deiner Vermieterin zu reden! Oder mit der Frau, die mit deinem Vermieter schläft. Welches davon trifft denn nun in diesem Zeitstrom zu? Ooooh, ich hasse diese Realität!« Ich sank wieder zu Boden und stöhnte.
»Es … ähm … es geht ihr gut.« Jessica hüstelte. »Relativ gut.«
»Was ist passiert?«
»Was ist los?«
»Bets, diesmal werd’ ich deine Vitalfunktionen nicht checken«, versprach Marc, schob sich an Nick vorbei und kniete sich neben mich. Seine praktische und doch warmherzige Art war sehr tröstlich. »Du kannst mich klar und deutlich sehen, ja, Liebling? Dir ist nicht schlecht? Oder schwindelig? Du fühlst dich nicht toter als sonst?«
»Nein, aber nenn mich nicht ›Liebling‹.«
Lachend legte er einen Finger an meinen Hals. Blitzschnell packte ich seine Hand. Wir taten beide, als wäre er nicht vor Schreck zurückgezuckt. Wahrscheinlich hatte ich mich schneller bewegt als beabsichtigt. Das erschreckte die Leute immer zu Tode.
Aber ich hatte keine Wahl. Ich musste ihm gestehen, aus welchem Grund ich so geschrien hatte. Nennen Sie es ein Klischee, doch nur ein schwuler Mann oder vielleicht Beverly Feldman konnte meinen Schmerz verstehen. »Marc, in dieser Realität gibt es keinen Christian Louboutin. Er existiert einfach nicht!«
Marc zuckte zusammen und versuchte, meinen Griff zu lösen. »Au, au, au! Ähm, es fühlt sich an, als hättest du mir mindestens zwei Finger gebr… Wer zum Teufel ist Christian Luhbuhtohn?«
»Luh-buh-TAHN. Tut mir leid.« Ich lockerte meine Umklammerung, konnte ihn aber nicht ganz loslassen. »Er ist … er ist einfach der begnadetste Schuhdesigner. Ein Genie. Er war ein Genie. Ist er tot? Oder nie geboren worden? Der arme Monsieur Louboutin!«
»Du benimmst dich, als wärst du mit ihm verwandt«, bemerkte Nick, der immer noch die Zimmerecken ausspähte, als lauerte dort der schwarze Mann.
»Das wäre mein innigster Wunsch. Es wäre so schön, wenn er mein älterer Bruder gewesen wäre. Er dürfte jetzt in den Vierzigern sein, also wäre er mein erheblich älterer Bruder. Er wurde in Frankreich geboren. Und ist schon in der siebten Klasse aus der Schule ausgebüchst, um die Pariser Showgirls zu sehen, weil er ihre hohen Absätze so liebte. Okay, das hört sich vielleicht ein bisschen pervers an, aber er ist schließlich ein Künstler, verdammt! Also ist er von der Schule abgegangen, um Schuhe zu entwerfen. Er hat die rote Sohle erfunden.«
»Welche rote Sohle?«, fragte D/Nickie verständnislos.
»Sein Markenzeichen sind – waren? – die roten Schuhsohlen, und das war eine Superidee. Und in meinem alten Zeitstrom hat er
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