Zweimal ist einmal zuviel
Township.«
»Was suchst du eigentlich?« fragte Lula.
Ich steckte die Adressen ein. »Ich weiß nicht. Vielleicht einen Schlüssel.« Oder ein paar Kisten mit Gewehren im Wohnzimmer.
»Soll ich nicht lieber mitkommen?« fragte Lula. »Für so ein mageres Hühnchen wie dich ist es doch viel zu gefährlich, alleine loszuziehen.«
»Vielen Dank für das Angebot«, sagte ich. »Aber die Beschützerin zu spielen gehört bestimmt nicht zu deinem Aufgabenbereich.«
»Fragt sich bloß, was für einen Aufgabenbereich ich überhaupt habe«, sagte Lula. »Ich mache, was getan werden muß, und im Moment habe ich alles erledigt, außer, ich hätte noch Lust, den Boden zu fegen und das Klo zu schrubben.«
»Sie ist ein Registratur-Freak«, sagte Connie. »Sie wurde für die Registratur geboren.«
»Ich habe noch viel mehr drauf«, sagte Lula. »Warte bloß, bis du mich als stellvertretende Kopfgeldjägerin erlebt hast.«
»Okay, von mir aus kannst du abschieben.«
Lula wurschtelte sich in ihre Jacke und nahm ihre Handtasche. »Geile Sache«, sagte sie. »Stephanie und Lula, wie Cagney und Lacey.«
Ich suchte auf dem Stadtplan an der Wand nach Moons Adresse. »Wenn Connie nichts dagegen hat, kannst du gerne mitkommen. Aber ich bin Cagney.«
»Kommt nicht in die Tüte! Ich bin Cagney«, antwortete Lula.
»Ich habe es zuerst gesagt.«
Lula stülpte die Unterlippe vor und kniff die Augen zusammen. »Aber es war meine Idee. Wenn ich nicht Cagney sein kann, mache ich nicht mit.«
Ich musterte sie skeptisch. »Das ist doch wohl nicht dein Ernst, oder?«
»Worauf du Gift nehmen kannst«, knurrte Lula.
Ich sagte Connie, sie brauche nicht auf uns zu warten, und hielt Lula die Tür auf. »Zuerst überprüfen wir Louie Moon«, sagte ich zu ihr.
Als Lula das hellblaue Riesenbaby sah, blieb sie wie angewurzelt stehen. »Sag bloß, wir fahren mit dem Schlitten da?«
»Ja.«
»Ich habe mal einen Zuhälter gekannt, der hatte auch so eine Karre.«
»Der Wagen hat meinem Onkel Sandor gehört.«
»Ist der auch vom Fach?«
»Ich glaube nicht.«
Louie Moon wohnte am äußersten Rand von Hamilton Township. Es war kurz vor vier, als wir in die Orchid Street einbogen. »Orchideenstraße«, ein ganz schön exotischer Name für eine Aneinanderreihung langweiliger Schuhkartons. Die Siedlung stammte aus den sechziger Jahren, als Grundstücke noch billig zu haben waren. Inmitten der großen Gärten wirkten die kleinen Häuschen noch mickriger, als sie sowieso schon waren. Garagen und Veranden lockerten das triste Bild etwas auf. Trotz aller bunten Anstriche, Erkerfenster und Azaleenbeete herrschte eine unglaubliche Gleichförmigkeit.
Louie Moons Haus war blau, und es hob sich von den Nachbarhäusern auch dadurch ab, daß es mit bunten Lämpchen dekoriert war und ein fast mannshoher Nikolaus aus Plastik an der rostigen Fernsehantenne hing.
»Der Typ kann es wohl gar nicht mehr erwarten«, sagte Lula.
Die verstaubten Lämpchen und der verblichene Weihnachtsmann machten auf mich eher den Eindruck, als sei Louie Moon das ganze Jahr über in Weihnachtsstimmung.
Eine Garage gab es nicht, und es parkte auch kein Auto in der Straße. Das Haus sah dunkel und verlassen aus. Ich ließ Lula im Wagen und ging zur Tür. Ich klopfte zweimal. Keine Reaktion. Die Vorhänge waren nicht zugezogen. Louie hatte nichts zu verbergen. Ich ging um das Haus herum und spähte durch die Fenster. Alles wirkte sauber und ordentlich, auch wenn mich die Möbel an eine Sperrmüllsammlung erinnerten. Nichts deutete darauf hin, daß Louie in letzter Zeit zu Geld gekommen war. Es stapelten sich auch keine Munitionskisten auf dem Küchentisch. Kein einziges Sturmgewehr lag herum. Er schien allein zu leben. Nur eine Tasse und eine Schüssel in der Spüle. Nur eine Seite des Doppelbetts zerwühlt.
Louie Moon paßte gut in das kleine blaue Haus. Ich konnte mich nicht überwinden, durch ein Fenster einzusteigen.
Die Luft war feucht und kalt, der Boden hart. Ich schlug den Jackenkragen hoch und ging zurück zum Wagen.
»Das hat ja nicht lange gedauert«, sagte Lula.
»Es gab nicht viel zu sehen.«
»Und jetzt kommt der Leichenbestatter dran?«
»Ja.«
»Gut, daß er nicht da wohnt, wo er arbeitet. Ich möchte gar nicht wissen, was sie mit den Toten so alles anstellen.«
Es wurde schon langsam dunkel, als wir die Century Court Apartments erreichten. Die einstöckigen roten Backsteingebäude hatten weiße Fenster. Insgesamt hatte jedes Haus zwanzig Wohnungen. Zehn
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