Zwergenbann: Roman
Torgan von der Arbeiterkaste ein. »Aber ein offener Angriff auf Clairborn
würde nur zusätzliches Leid über unser Volk bringen. Dennoch müssen wir zumindest eine Herausgabe der Übeltäter erreichen. Wenn wir an ihnen ein Exempel statuieren, wird das andere davon abhalten, ihrem Weg zu folgen.«
»Und wie sollen wir das schaffen, wenn sie sich weigern?«, fragte Salos. »Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als sie uns mit Gewalt zu holen.«
»Aber Gewalt bedeutet nicht zwangsläufig offenen Krieg«, sagte Tharlia nach kurzem Überlegen. Sie hatte erkannt, dass sie etwas unternehmen musste, bevor sie vollends von den Geschehnissen überrollt wurde. Solange sie selbst das Heft des Handelns in der Hand behielt, konnte sie wenigstens noch darauf hinwirken, dass nicht alles außer Kontrolle geriet. »Wir müssen Druck ausüben, und das wesentlich stärker als bisher, das steht nun wohl außer Frage.«
»Und was schlagt Ihr vor?«
»Wir sollten Clairborn belagern«, sagte sie nach einer genau berechneten Pause. »So vermeiden wir einen direkten Angriff. Die Stadt ist darauf nicht vorbereitet, die Nahrungsmittel werden ihr schon bald ausgehen. Blockieren wir sie so lange, bis man uns gibt, was wir verlangen.«
»Und was ist mit den königlichen Reitern?«, wandte Sutis ein.
»Zweihundert Mann sind zu wenig, um unsere Linien zu durchbrechen. Ihre Anwesenheit nutzt uns sogar, denn es sind zweihundert hungrige Mäuler mehr. Umso schneller werden die Vorräte aufgebraucht sein.«
»Aber der König wird Verstärkung schicken, sobald er davon erfährt - und das wird er. Eine solche Belagerung lässt sich nicht lange geheim halten.«
»Selbst wenn, Teneret ist weit, und seine Kavallerie ist nur klein. Die Hälfte seiner Reiter befindet sich bereits in Clairborn. Ein zu Fuß marschierendes Heer aber wird selbst bei größter Eile Wochen brauchen, bis es hier eintrifft. So lange kann Clairborn sich nicht halten.«
»Es wäre eine Möglichkeit, unseren Gesetzen unblutig Geltung zu verschaffen«, sagte Loton nachdenklich. »Aber wir müssen rasch zuschlagen. Durch seine Späher wird Lavinion bereits von dem Brand wissen und Gegenmaßnahmen erwarten.« Er rieb sich das Kinn. »An seiner Stelle würde ich die Reiter zwischen Clairborn und Elan-Tart vorrücken lassen, damit sie uns den Weg verstellen. In diesem Fall müssten wir entweder doch angreifen oder uns zurückziehen.«
»Dazu darf es nicht kommen.« Tharlia schloss für einen Moment die Augen. Jetzt gab es kein Zurück mehr. »Fast alle Krieger sind derzeit kampfbereit angetreten«, sagte sie. »Diese Gelegenheit sollten wir nicht verstreichen lassen. Ich glaube nicht, dass Lavinion mehr als zwei Späher ausgesandt hat, um uns zu beobachten. Einer wird nach Clairborn zurückgekehrt sein, um Bericht über das Feuer zu erstatten. Wenn wir den zweiten Späher ausschalten oder unterwegs abfangen, können wir in wenigen Stunden mit unserem gesamten Heer vor den Toren von Clairborn stehen, ohne dass jemand die Gefahr ahnt.«
»Ich werde sofort alles Nötige veranlassen«, erklärte Loton grimmig.
»Was für ein Unsinn«, brummte Thilus verdrossen. »Wahrscheinlich sind diese Dreckskerle schon fast wieder zurück in Clairborn, und wir stehen uns hier die Beine in den Bauch. Die müssten völlig verrückt sein, jetzt noch einmal anzugreifen.«
»Das müssen sie ohnehin sein«, entgegnete ein junger Krieger neben ihm. »Außerdem sind es Menschen, das sagt doch schon alles.«
Für Thilus sagte das noch längst nicht alles. Nach dem Gespräch mit dem Bürgermeister, dem er am Vormittag beigewohnt hatte, stand für ihn fest, dass nach diesem neuerlichen Angriff jede Chance auf eine friedliche Einigung vertan war. Wenigstens war diesmal niemand verletzt oder gar getötet worden, sodass man sich unter normalen Umständen mit einer Entschädigungszahlung
zufriedengeben könnte, aber in dieser aufgeheizten Atmosphäre verlangte das Volk nach Blut. Eine Revolte würde ausbrechen, wenn die Königin jetzt nicht handelte.
Auf jeden Fall war es Unsinn, die Krieger weiterhin die Stadt abschirmen zu lassen.
»Thilus? Seid Ihr Kampfführer Thilus?«, fragte ein Meldejunge und blieb keuchend vor ihm stehen.
»Der bin ich.«
»Kriegsmeister Loton wünscht Euch sofort zu sprechen.«
Eilig folgte Thilus dem Jungen. Als er sich dem Feuer näherte, musste er erkennen, dass man das brennende Feld inzwischen aufgegeben hatte und nur noch bemüht war, ein Übergreifen auf die
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