Zwergenbann: Roman
und erreichten das Wäldchen, wo er hoffte, die Falle bereits zuschnappen lassen zu können, knapp eine Viertelstunde vor Ablauf der Frist. Die Hälfte der Krieger behielt er hier zurück, die andere schickte er mit genauen Instruktionen weiter, damit sie ihre Position zwischen den Felsen einnahmen.
Er wählte eine Stelle etwa ein Dutzend Meter vom Waldrand entfernt aus, wo ein großer, selbst für einen Zwerg einigermaßen leicht zu erkletternder Baum einen besonders dicken Ast in gut dreieinhalb Meter Höhe direkt über den Weg ausstreckte. Gerne
wäre Thilus selbst hinaufgeklettert, doch mit seinem verkrüppelten Arm war es für ihn unmöglich, sodass er diese Aufgabe einem anderen Krieger übertrug. Mit den übrigen versteckte er sich im dichten Unterholz beiderseits des Weges.
Nun blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu warten. Die Minuten dehnten sich zu halben Ewigkeiten, bis er endlich sich rasch nähernden Hufschlag hörte. Hier unter den Bäumen war es noch dunkler als unter freiem Himmel, aber seine scharfen Zwergenaugen reichten aus, um zumindest einigermaßen deutliche Umrisse zu erkennen, während der Späher vermutlich so gut wie blind war.
Thilus kauerte sich noch etwas tiefer ins Dickicht und spannte gleichzeitig seine Muskeln an. Der Hufschlag war nun ganz nah. Aus der Finsternis schälten sich die Umrisse des Reiters.
Mit einem Kampfschrei sprang der Krieger, der den Baum erklettert hatte, von seinem Ast herab, um den Späher aus dem Sattel zu reißen - und verfehlte ihn!
Alles ging so schnell, dass Thilus in der Dunkelheit kaum mitbekam, was genau geschah. Der Krieger musste seinen Sprung falsch berechnet und sich einen Augenblick zu früh abgestoßen haben. Statt gegen den Reiter zu prallen, flog er über den Kopf des Pferdes hinweg und stürzte zu Boden. Sein Schrei endete in einem wütenden Fluch. Vielleicht streifte er das Tier auch, auf jeden Fall erschrak es so sehr, dass es sich mit einem schrillen Wiehern aufbäumte und seinen Reiter in hohem Bogen abwarf. Thilus und seine Begleiter stürmten aus ihrer Deckung und versuchten es am Zügel zu packen, aber sie waren zu langsam.
Wütend starrte Thilus dem in der Dunkelheit verschwindenden Tier einen Moment lang nach, dann drehte er sich um, um nach dem abgeworfenen Späher zu sehen - und erstarrte, als er nur noch wenige Schritte entfernt einen weiteren Reiter auf sich zupreschen sah.
Tharlia und der Hohe Rat hatten sich getäuscht.
Es war nicht nur ein Späher bei Elan-Tart zurückgeblieben,
sondern zwei! Und beide waren beim Vorrücken des Heeres offenbar voller Panik sofort nach Clairborn zurückgeeilt.
In der Dunkelheit hatte der Reiter nicht sehen können, was mit seinem Kameraden geschehen war, aber er musste den Zwergenschrei und das Wiehern des Pferdes gehört haben. Statt umzukehren und einen Umweg in Kauf zu nehmen, schien er sich jedoch entschlossen zu haben, gewaltsam durchzubrechen.
Thilus sprang mit einem verzweifelten Satz zur Seite, war aber trotzdem geistesgegenwärtig genug zuzupacken. Er wollte das Bein des Reiters ergreifen, um ihn vielleicht doch noch aus dem Sattel zu reißen, bekam aber stattdessen einen Teil des Sattels selbst zu fassen. Mit einem heftigen Ruck wurde er von den Beinen gerissen. Seine Füße scharrten über den Boden, dennoch klammerte er sich mit seiner einen Hand weiterhin eisern fest und bemühte sich, die Beine anzuziehen. Er hatte das Gefühl, der Arm würde ihm aus der Schulter gerissen.
Wenn der Späher ihn überhaupt bemerkte, dann kümmerte er sich jedenfalls nicht um ihn. Ohne sein Tempo zu verlangsamen, preschte er weiter, bis sie das schmale Wäldchen hinter sich gelassen hatten. Erst dann wurde er langsamer, zog einen Fuß aus dem Steigbügel und trat nach hinten aus. Mit der Hacke seines Stiefels traf er Thilus in die Rippen. Obwohl das dicke Lederwams einen Teil der Wucht abfederte, zuckte ein greller Schmerz durch seine Seite. Er versuchte einen Schrei zu unterdrücken, brüllte gleich darauf aber stattdessen, so laut er nur konnte.
Falls die Krieger, die den zweiten Hinterhalt legen sollten, das herrenlose Pferd gesehen hatten, waren sie vermutlich davon ausgegangen, dass die Falle bereits zugeschnappt war. Seine Schreie drangen weit in die Stille der Nacht hinaus und würden sie warnen.
Gut die Hälfte der Strecke bis zu den großen Felsbrocken hatten sie bereits zurückgelegt. Thilus hoffte, dass er sich festklammern könnte, bis sie sie erreichten, doch als der Absatz
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