Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
Vom Netzwerk:
wir so plötzlich mit einem Heer vor ihren Toren stehen, damit hat niemand gerechnet. Wahrscheinlich herrscht in der Stadt nackte Panik, weil man glaubt, wir würden Clairborn angreifen.«
    »Soll Lavinion das ruhig noch eine Weile fürchten. Mit jemandem, der eingeschüchtert ist, lässt sich leichter ein Abkommen schließen«, entgegnete Tharlia. »Ich bin gespannt, wie lange er braucht, um eine Delegation zu uns zu schicken. Wenn es so weit ist, möchte ich, dass Ihr die Verhandlungen in meinem Namen leitet, Kampfführer Thilus.«

    »Ich? Aber Majestät, ich bin kein guter Redner oder Unterhändler. Meine Stärken liegen auf dem Schlachtfeld. Ich hatte gehofft, ein Kommando übertragen zu bekommen, vielleicht über eine Schwadron oder -«
    »Ich kann mir keinen Besseren für diese Aufgabe vorstellen«, fiel Tharlia ihm ins Wort. »Ihr wart bei meinen bisherigen Gesprächen mit dem Bürgermeister zugegen und wisst, worum es geht. Sagt ihm, dass wir niemanden in die Stadt hinein- und niemanden herauslassen werden, bis man uns die Täter von vergangener Nacht ausliefert. Außerdem fordern wir eine Entschädigung für das verbrannte Getreide. Und macht ihm auch unmissverständlich deutlich, dass wir nicht vorhaben, in die Stadt einzurücken, dass wir aber jeden Versuch, den Belagerungsring gewaltsam zu durchbrechen, mit aller Härte zurückschlagen werden.«
    Thilus war sich nicht sicher, ob er sich wünschen sollte, der Erdboden möge sich im nächsten Moment öffnen und ihn verschlingen, oder ob er Stolz empfinden sollte, dass Tharlia gerade ihn für diese Aufgabe auswählte. Seit er sie zum ersten Mal auf den Markt von Clairborn begleitet hatte, hatte sie ihn immer wieder gefördert und ihm wichtige Aufgaben übertragen. Offenbar setzte sie großes Vertrauen in seine Fähigkeiten; ein größeres sogar als er selbst. Er selbst betrachtete sich einfach nur als einen ganz normalen Krieger, und was er in der Nacht des Erdbebens getan hatte, war in seinen Augen auch nichts Besonderes gewesen, sondern nur das, was jeder andere Krieger ebenfalls getan hätte.
    Verhandlungen führen jedoch, diplomatische Spitzfindigkeiten, das mühsame Ringen um Kompromisse und darum, möglichst viel von den eigenen Vorstellungen durchzusetzen - das war nicht seine Welt. Im Gegenteil, für ihn war es das pure Grauen. Wenn er nur an das letzte Gespräch zwischen Tharlia und dem Bürgermeister zurückdachte, hätte er niemals so viel Geduld wie sie aufgebracht.
    Mehr als eine halbe Stunde verging, bis sich das Chaos in der
Stadt etwas legte. Auch im Heerlager war mittlerweile Ordnung eingekehrt. Die Pferde waren von der Koppel geholt worden; die Soldaten standen am Rande des Lagers in Reih und Glied voll uniformiert, bewaffnet und zum Aufsitzen bereit neben ihren Tieren.
    »Wenn sie so kämpfen, wie sie sich auf den Kampf vorbereiten, haben wir wohl nicht viel zu befürchten«, kommentierte Loton. Die Verachtung in seiner Stimme war noch ausgeprägter geworden.
    Das Stadttor wurde geöffnet. Ein berittener Soldat mit einer weißen Fahne in der Hand kam heraus. Ihm folgten, ebenfalls zu Pferde, Bürgermeister Lavinion und ein Kavallerieoffizier. Den Abschluss bildeten drei weitere berittene Soldaten. Jeder von ihnen hielt eine Öllampe in der Hand.
    »Bitte, Majestät«, unternahm Thilus einen letzten Versuch, der verhassten Aufgabe zu entrinnen, die Tharlia ihm übertragen hatte. »Ich bin wirklich kein geeigneter Diplomat.«
    »Das sollt Ihr auch nicht sein«, entgegnete sie. »Anscheinend versteht Ihr noch nicht, worauf es mir ankommt. Wenn ich diplomatische Verhandlungen wollte, würde ich selbst gehen. Aber indem ich einen Krieger schicke, setze ich zugleich ein Zeichen. Tretet stolz und bestimmt auf, nur nicht zu arrogant, und übermittelt meine Forderungen, das ist alles, was ich von Euch verlange.«
    Thilus verneigte sich und eilte den Hügel hinab. Wie der Bürgermeister wählte er fünf Begleiter, mit denen er den Abgesandten entgegenging, die mittlerweile auf halber Strecke zwischen der Stadt und dem Zwergenheer angehalten hatten und warteten.
    »Was hat das zu bedeuten?«, rief Lavinion, als sie sich bis auf wenige Meter genähert hatten. »Als Bürgermeister von Clairborn fordere ich, dass sich das Heer unverzüglich aus unseren Ländereien zurückzieht. Außerdem verlange ich, mit Königin Tharlia zu reden, statt -«

    »Ihr seid nicht in der Position, Forderungen zu stellen«, unterbrach ihn Thilus kalt. »Die Königin ist

Weitere Kostenlose Bücher