Zwergenbann: Roman
Opfer sofort wieder unter der Erde. Nachts wäre es für uns gefährlicher, aber die Ghoule verabscheuen das Tageslicht.«
Warlon wandte seinen Blick wieder den Verfolgern zu, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie eines der Pferde strauchelte und stürzte. Der Reiter wurde aus dem Sattel geschleudert. Wie aus dem Nichts tauchten plötzlich dunkle Gestalten um ihn herum auf, die aus der Entfernung nicht genau zu erkennen waren.
Nach kaum zwei Sekunden waren sie so plötzlich wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht waren.
Und mit ihnen der gestürzte Soldat.
Zwei der anderen Reiter rissen ihre Pferde herum und galoppierten davon, als wären alle Dämonen der Unterwelt hinter ihnen her.
»Wieder drei weniger«, verkündete Warlon. Damit war das zahlenmäßige Verhältnis fast ausgeglichen. Falls die Reiter nicht über Bögen verfügten, mit denen sie sie aus der Distanz angreifen konnten, hatten sie nicht mehr viel zu befürchten. Dennoch konnte er sich darüber nicht richtig freuen. Er war Krieger und hatte den Tod schon in vielen Erscheinungsformen gesehen. Dennoch steckte das schreckliche Ende des von den Ghoulen überwältigten Soldaten ihm noch in den Knochen.
Als die Reiter schließlich so weit herangekommen waren, dass sie ihre Gesichter bereits erkennen konnten, brachte Malcorion das Fuhrwerk zum Stehen, stand vom Kutschbock auf und kletterte zusammen mit Ailin auf die Ladepritsche. Sie zogen ihre Waffen und machten sich kampfbereit.
Nur wenige Sekunden später waren die Krieger heran. Einige Meter entfernt zügelten sie ihre Pferde. Mit sichtlicher Unsicherheit musterten sie die Besatzung des Wagens. Zwar hatten sie wohl erfahren, dass sich drei Zwerge bei dem gesuchten Waldläufer befanden, aber der Anblick zweier Krieger mit mächtigen Streitäxten in den Händen und einer ebenfalls bewaffneten Zwergenfrau schien sie doch zu überraschen.
Aber ihre Blicke tasteten auch immer wieder nervös über den Boden …
»Im Namen Lorians, des Königs von Radon, fordere ich dich auf, dich ohne Widerstand zu ergeben, Malcorion!«, rief einer der Soldaten.
Der Waldläufer lachte grimmig.
»Wenn ihr mich wollt, dann müsst ihr mich schon holen. Aber ich rate euch dringend, auf eine solche Dummheit zu verzichten.«
»Du weigerst dich, dem Befehl des Königs Folge zu leisten?«
»Das tue ich, und ich sehe nicht, wie Ihr ihm Geltung verschaffen wollt, Hauptmann. Eure Schar hat sich ziemlich gelichtet, seit Ihr die Verfolgung aufgenommen habt. Ich begleite diese Zwerge auf einer wichtigen Mission, und wenn es nötig sein sollte, werden sie mich bis zum letzten Atemzug verteidigen, und ihr alle habt bestimmt schon davon gehört, welche furchtbaren Kämpfer sie sein können. Ihr seid nur noch zu fünft und könnt es außer mit mir nicht noch mit zwei Zwergenkriegern und einer für den Kampf nicht minder geschulten Priesterin der Li’thil aufnehmen.«
Warlon meinte aus den Augenwinkeln eine Bewegung an einem der Löcher im Boden wahrzunehmen, doch als er genauer hinsah, konnte er nichts entdecken. Dennoch war er sicher, sich nicht getäuscht zu haben.
»Wir haben unsere Befehle. Wir können euch nicht ziehen lassen«, stieß der Hauptmann hervor.
»Ich beschwöre Euch, nehmt Vernunft an. Sagt dem König, Ihr hättet mich nicht gefunden. Er dürfte sich inzwischen daran gewöhnt haben, dass seine Soldaten vergeblich nach mir suchen. Oder sagt ihm, wir wären in die Weißberge geflohen, wohin wir tatsächlich unterwegs sind.« Er wandte den Kopf und ließ seinen Blick über die Gesichter der übrigen Soldaten schweifen. »Wollt ihr wirklich gegen uns kämpfen? Hier? Dann solltet ihr beten, dass unsere Schwerter und Äxte euch schnell töten und ihr nicht verwundet den Ghoulen in die Krallen fallt. Es steht mehr auf dem Spiel als nur euer Leben.«
Noch nervöser als bisher betrachteten die Soldaten den Boden. Wieder glaubte Warlon eine Bewegung wahrzunehmen, und den Reitern ging es offenbar ebenso. Die Ghoule waren da und lauerten auf ihre Opfer. Selbst wenn sie am Fleisch der Pferde nicht interessiert wären, könnten sie diese angreifen, um die Reiter zu Fall zu bringen, aber noch trauten sie sich anscheinend nicht heran.
»Sie sammeln sich, denn sie wittern Beute«, sagte Malcorion. »Sie werden euch in ihre dunklen Gänge unter der Erde zerren, wo es keine Hoffnung mehr gibt, und dort werden sie dann euer Fleisch und eure Seelen fressen. Wollt ihr das wirklich riskieren, nur um einem Befehl zu gehorchen, den
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