Zwergenbann: Roman
eine andere Treppe finden.«
Besonders wohl fühlte sich Barlok bei der ganzen Sache nicht, aber ihnen blieb keine andere Wahl. Zumindest in der Tiefenwelt unter dem Tharakol hatten sowohl Gnome wie auch Goblins erkannt, dass sie den Zwergen im offenen Kampf unterlegen waren und ließen sich deshalb zumeist erst gar nicht darauf ein. Stattdessen schossen sie aus dem Hinterhalt ihre Pfeile ab.
So konnte es auch hier passieren. Der Gedanke, dass möglicherweise schon Pfeile auf sie gerichtet waren, dass jeden Moment der Befehl zum Angriff ergehen und sie ihre todbringende Reise antreten könnten, war alles andere als angenehm. Barlok meinte fremde Blicke wie Nadelstiche auf seiner Haut zu spüren, und alle paar Sekunden rann ihm ein eisiger Schauer über den Rücken. Immer wieder blickte er sich um, während sie weitergingen,
und seine Begleiter machten es ebenso. Das war nicht besonders verfänglich, weil sie es auch vorher schon angesichts der Wunder, die überall zu entdecken waren, getan hatten, allerdings hatte er dafür jetzt kaum noch einen Blick übrig.
Sie durchquerten weitere Höhlen und ein Labyrinth von Stollen, ohne angegriffen zu werden oder irgendeinen weiteren Hinweis darauf zu entdecken, dass sie nicht allein waren. Allmählich sank ihre Nervosität wieder, und obwohl Barlok nach wie vor davon überzeugt war, dass er sich die Bewegung nicht nur eingebildet hatte, begann er sich zu fragen, ob sie sich nicht alle in etwas hineingesteigert hatten, indem sie sofort von einer Gefahr ausgegangen waren.
Natürlich befanden sie sich in einer unbekannten Umgebung, und jeglicher Leichtsinn mochte verhängnisvoll sein. Es war besser, zehnmal übervorsichtig zu sein als ein einziges Mal zu nachlässig, aber hinter allem eine Gefahr zu wittern, konnte sie in ihren Entscheidungen lähmen.
Nach allem, was er bisher gesehen hatte, glaubte Barlok nicht mehr an die Zahl von hunderttausend Zwergen, die einst in Zarkhadul gelebt haben sollten. Eher waren es doppelt so viele gewesen, vielleicht sogar noch mehr, und entsprechend groß musste die Kriegerkaste gewesen sein. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie Gnome oder Goblins in ihrer Nähe geduldet hatten, von denen vor allem beim Schürfen in den tieferen Ebenen eine ständige Bedrohung für die Arbeiter ausgegangen wäre. Wahrscheinlicher erschien es ihm, dass man das Gesindel entweder vertrieben, oder es möglicherweise sogar ausgerottet hatte, um jegliche Gefahr auf Dauer zu bannen.
Es gab auch genügend völlig harmlose Erklärungen für die Bewegung, die sie gesehen hatten. Vielleicht war es ein Schrat gewesen. Diese Wesen konnten überaus lästig sein, da sie manchmal einen recht garstigen Sinn für Humor hatten und außerdem alles stahlen, was ihnen in die Finger geriet und ihnen gefiel, aber ansonsten waren sie recht harmlos.
Auch konnte es sich um ein Tier gehandelt haben. Es gab nur wenige Tiere in der Tiefenwelt, aber es gab sie, und längst nicht alle waren so schreckliche Ungeheuer wie die Zarkhane. Die meisten waren sogar ausgesprochen scheu, ernährten sich von Moosen und Flechten und flohen schon, sobald man sich ihnen nur von weitem näherte, sodass man sie kaum einmal zu sehen bekam.
Barlok blieb auch weiterhin wachsam, nur seine Anspannung ließ ein wenig nach, und sein gesamtes Denken war nicht mehr ausschließlich darauf konzentriert, ob irgendwo etwas Verdächtiges zu hören oder sehen war.
»Puh, was für ein Gestank«, stöhnte einer der Krieger, als sie eine Halle durchquert und in einen weiteren Stollen eingedrungen waren. »Was ist das? Riecht ihr es nicht?«
Der Mann musste eine ungeheuer feine Nase haben, denn erst als Barlok bewusst darauf achtete und die Luft fast schnüffelnd in fünf, sechs kurzen, direkt aufeinanderfolgenden Atemstößen einsog, roch er ebenfalls, was der Krieger meinte. Es war in der Tat ein äußerst unangenehmer Geruch. Er erinnerte Barlok ein wenig an einen der unangenehmsten Orte Elan-Dhors, schlimmer noch als die Schlachthäuser, obwohl ganz in der Nähe gelegen. Es handelte sich um die Gerbereien, in denen die Haut der getöteten Luanen zu Leder verarbeitet wurde. Eine stinkende Arbeit, eines Zwerges unwürdig und deshalb verhasst, aber dennoch notwendig, da Leder für vieles benötigt wurde.
Hier war der Geruch ähnlich, und er wurde stärker und schlimmer, je weiter sie vordrangen, ein Gestank wie von Moder und Fäulnis und Verwesung. Obwohl er ihn kaum noch ertragen konnte, weigerte sich
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