Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
Vom Netzwerk:
Barlok, umzukehren. Er wollte herausfinden, was diesen Gestank verursachte.
    Ein Durchgang in der linken Seitenwand des Stollens führte in eine kleine Grotte, hinter der sich eine runde, mehrere Dutzend Meter durchmessende Höhle erstreckte, die die Quelle des Gestanks war. Ihr Boden lag deutlich tiefer, doch hinter dem Torbogen,
durch den man sie erreichte, befand sich eine Art eiserner Balkon, etwa zehn Schritte breit und zwei Schritte weit in die Höhle hineinragend, gesichert durch ein gleichfalls eisernes Geländer.
    Der Gestank war hier so stark, dass Barlok das Gefühl hatte, kaum noch atmen zu können. Mit einer Hand hielt er sich die Nase zu, während er auf die eisernen Bodenplatten des Balkons hinaustrat, sich über das Geländer beugte und in die Tiefe schaute.
    Er hatte in vielen Schlachten gekämpft und schon viel Schreckliches gesehen, doch selbst für ihn war der Anblick so entsetzlich, dass er erschrocken zurückprallte und ein ersticktes Stöhnen über seine Lippen drang.
    Die Höhle war voll mit nackten Leichen.
    Zwergenleichen.
    Bis drei, vier Meter unter ihm füllten sie die Kammer, Leichname, die offenbar einfach achtlos hinabgeworfen worden und in der trockenen Luft mumifiziert waren. Wie sie hinabgestürzt waren, lagen sie in der Umarmung des Todes wild durcheinander, jeglicher Würde entkleidet und selbst nach der langen Zeit noch stinkend.
    Während er sich mit der einen Hand weiterhin die Nase zuhielt, ballte Barlok die andere zur Faust und zwang sich, noch einmal in die Tiefe zu sehen.
    Das Gedenken an die Verstorbenen und die Wahrung ihrer Würde auch nach dem Tod besaß bei Zwergen einen sehr hohen Stellenwert, gerade deshalb entsetzte ihn das, was er hier sah, so sehr. Tote wurden in allen Ehren verbrannt, man warf sie nicht einfach in eine Grube und ließ sie dort vermodern.
    Dennoch war das hier geschehen. Zu Hunderten, Tausenden, vielleicht sogar Zehntausenden lagen sie durcheinander. Wie viele es waren, vermochte er unmöglich zu schätzen, da er nicht wusste, wie tief die Höhle war.
    Nach der Katastrophe, die Zarkhadul von der Außenwelt abgeriegelt hatte, mussten schreckliche Zustände geherrscht haben.
Ohne Nachschub an Lebensmitteln waren sicherlich Hungersnöte ausgebrochen, die die Bevölkerung der zum Untergang verurteilten Mine dahingerafft hatten. Wahrscheinlich waren diejenigen, die das Pech gehabt hatten, ein paar Tage länger am Leben zu bleiben, kaum noch damit nachgekommen, die Toten fortzuschaffen; vielleicht hatten sich sogar Seuchen auszubreiten begonnen.
    Barloks Verstand weigerte sich, sich die entsetzlichen Szenen, die sich damals in Zarkhadul abgespielt haben mussten, genauer auszumalen.
    Und dennoch begriff er nicht, warum man die Leichen einfach in diese Höhle geschafft hatte. Wie er gesehen hatte, gab es unter dieser Ebene einen Lavafluss. Es wäre kein größerer Aufwand gewesen, die Toten in einer der Höhlen, durch die er mit seinem Trupp gekommen war, der feurigen Glut zu übergeben, wie es die Traditionen vorschrieben.
    Weitere Krieger drängten auf den Balkon hinaus, während andere bereits wieder in die angrenzende Grotte zurückwichen.
    Barlok zuckte erschrocken zusammen, als ein Ächzen und Zittern durch den Boden und das Geländer lief. Irgendetwas brach, und mit dem schrillen Kreischen von Metall auf Stein sackte der gesamte Balkon mit einem Ruck ein paar Finger breit in die Tiefe. Barlok fuhr herum, doch er und die anderen Krieger behinderten sich gegenseitig bei dem Versuch, sich durch den Torbogen in Sicherheit zu bringen, aber wahrscheinlich wäre es ohnehin zu spät gewesen, dem Verhängnis zu entkommen.
    Nur für einen kurzen Moment hielt der Balkon noch aus, dann kapitulierte die jahrtausendealte Konstruktion endgültig vor ihrem Gewicht und kippte nach unten.
    Die Zwerge wurden gegen das Geländer geschleudert, das unter dem Aufprall abbrach und zusammen mit ihnen in die Tiefe stürzte. Barlok hörte Schreie um sich herum, dann erfolgte der Aufprall. Ein harter Schlag traf seinen Körper, und die Luft wurde ihm aus den Lungen getrieben. Die Leichen in der Grube
bestanden im wahrsten Sinne des Wortes nur noch aus Haut und Knochen und federten seinen Sturz kaum ab.
    Einige Sekunden lang blieb er regungslos liegen, ehe er vorsichtig seine Glieder bewegte. Es ging problemlos, tat nicht einmal sonderlich weh. Anscheinend hatte er sich nichts gebrochen.
    Knochenbrecher hatte sich von seinem Gürtel gelöst und hing nur noch an einer Schlaufe

Weitere Kostenlose Bücher