Zwergenbann: Roman
auf den Rückweg hatte machen müssen, weil Vilon auf der wortwörtlichen Ausführung seiner Befehle bestanden hatte, während Barlok mit den meisten der Krieger zur Erforschung der Mine weiter in die Tiefe gestiegen war, vom Überfall der Dunkelelben und dem Kampf gegen sie, bis zur Sprengung des unterirdischen Durchgangs.
»Dann besteht wirklich keine Hoffnung mehr für Barlok und die anderen Krieger. Allein haben sie keine Chance gegen die geballte Macht der Dunkelelben«, murmelte Thilus zutiefst entsetzt. Er schüttelte den Kopf. »Dunkelelben! Wer konnte so etwas ahnen? Sie haben uns aus Elan-Dhor vertrieben, und nun müssen wir feststellen, dass sie sich in Zarkhadul ebenfalls aufhalten. Ich verstehe nicht, wie sie dorthin gelangt sind.«
Likat schnaubte.
»Was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Wichtig ist nur, dass sie nun wissen, auf welchem Weg man aus Zarkhadul entkommen kann. Begreift Ihr nun, warum ich unverzüglich mit der Königin sprechen muss?«
»Aber du hast doch gesagt, dass Schürfmeister Vilon den Zugang wieder verschlossen hat.«
»Nur provisorisch. Das wird sie nicht lange aufhalten. Vilon wird versuchen, weitere Einstürze herbeizuführen, doch mit seinen wenigen Begleitern und ohne größere Mengen an Sprengpulver hat er keine Möglichkeit, einen Ausbruch der Dunkelelben auf Dauer zu verhindern«, behauptete Likat mit sich überschlagender Stimme. »Wenn Königin Tharlia nicht sofort handelt und Unterstützung schickt, werden sie in wenigen Tagen Zarkhadul verlassen und über Elan-Tart und die Städte der Menschen herfallen. Dann möge Li’thil uns gnädig sein!«
Thilus spürte, wie er blass wurde, als ihm die schrecklichen Konsequenzen von Likats Worten vollends bewusst wurden. Über Monate hinweg hatte die Kriegerkaste alles unternommen, um einen Ausbruch der Dunkelelben aus Elan-Dhor zu verhindern, und nun drohte die gleiche Gefahr auch in Zarkhadul. Wenn die Kreaturen aus der Tiefe mit ihrem anscheinend unerschöpflichen Nachschub an Kämpfern und Waffen an die Oberfläche gelangten, wäre dies zweifellos das Ende des Zwergenvolkes.
Angesichts dieser Bedrohung verblasste die Gefahr durch das sich nähernde Menschenheer, und mit der Nachricht von Barloks Tod verlor sein ursprünglicher Befehl die Bedeutung. Rasch rang er sich zu einem Entschluss durch.
»Steig auf den Wagen!«, befahl er. »Wir kehren um und bringen dich nach Elan-Tart.«
»Barlok tot, Dunkelelben in Zarkhadul und kaum noch eine Möglichkeit zu verhindern, dass sie an die Oberfläche gelangen und über uns herfallen.« Tharlias Stimme klang brüchig. Die Erschütterung,
die sie verspüren musste, war ihr deutlich anzusehen; ihr Gesicht war aschfahl. »Warum erzählst du nicht gleich, dass morgen die Welt untergeht?«
»Wie?« Verständnislos blickte Likat die Königin an. Das Unbehagen, vor ihr und dem gesamten Hohen Rat im Thronsaal Bericht erstatten zu müssen, hatte Thilus ihm nicht ersparen können. Nervös knetete der Arbeiter seine Hände, strich sich immer wieder über den Bart und sah die meiste Zeit zu Boden.
»Wie? Genau das ist die Frage. Wie konnte es dazu kommen?«, stieß Tharlia hervor. »Ihr Narren habt den Dunkelelben einen Weg an die Oberfläche geebnet, ihr -«
»Als die Menschen noch in Barbarei lebten, gab es bei ihnen eine Tradition, den Überbringer schlechter Nachrichten hinzurichten, da man der Nachricht selbst schließlich nichts anhaben konnte«, fiel Selon ihr scharf ins Wort.
Verwirrt sah Thilus zu ihm hinüber. Auch Likat starrte den greisen Schriftgelehrten entsetzt an.
»Aber das … das habt Ihr doch nicht tatsächlich … Ich kann doch nichts dafür!«, stammelte er.
»Schon gut, ich habe verstanden, was Ihr meint, Schriftmeister«, murmelte Tharlia und ließ sich auf dem Thron zurücksinken. »Ich wollte dich nicht quälen, du kannst wirklich nichts dafür«, wandte sie sich wieder an Likat. »Geh und ruh dich aus, du musst erschöpft sein.«
Likat verneigte sich vor ihr und zog sich ehrerbietig zurück.
»Was haben wir bloß getan, dass wir die Götter so erzürnt haben und Li’thil sich von unserem Volk abwendet«, murmelte sie, als er den Thronsaal verlassen hatte. »Als ob das lartronische Heer, das sich im Anmarsch auf uns befindet, noch nicht genug wäre … Warum bricht plötzlich alles nur erdenklich Schlimme über uns herein? Barlok tot - ich kann es einfach nicht glauben. Gerade jetzt, wo wir ihn nötiger denn je bräuchten. Ich hätte ihm nie
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