Zwergenbann: Roman
Bergflanken waren tatsächlich steil, schienen jedoch fast nur aus Schründen, Schluchten und tiefen Einschnitten zu bestehen. Um irgendetwas zu entdecken, würden sie sie Stück für Stück absuchen müssen, eine nicht nur mühsame, sondern vor allem auch langwierige Aufgabe, die Wochen, vielleicht sogar Monate in Anspruch nehmen könnte,
falls es ihnen nicht vorher gelang, einen Glückstreffer zu landen.
Als Erstes untersuchten sie die Stelle, wo sich einst das Haupttor befunden hatte, das aufgrund seiner Stärke und kunstvollen Bearbeitung berühmte Baran-Tahal. Einige verwitterte, von Moos, Gras und Flechten überwucherte Begrenzungssteine kündeten noch vom Verlauf der Straßen, die von dort vor langer Zeit nach Elan-Dhor und in die von Menschen besiedelten Gebiete geführt hatten.
Wo sich einst das Tor befunden hatte, entdeckten sie jedoch nichts als Dutzende von Metern hoch aufgetürmtes Geröll, eine riesige Halde aus zum größten Teil mehrere Meter durchmessenden Felsbrocken. Bereits vor langer Zeit war schon einmal versucht worden, das Gestein zur Seite zu räumen, wie ein weiterer, fast ebenso großer und fast völlig von Moos, Gras und Unkraut überwucherter Geröllhügel etwas abseits zeigte, doch offensichtlich ohne Erfolg.
»Was haltet Ihr davon, Schürfmeister?«, wandte sich Barlok an Vilon, den Ranghöchsten der Arbeiter, einen stattlichen, kräftigen Mann, dessen dunkler Bart ihm wild und wenig gepflegt bis zum Bauch wucherte.
Dieser stemmte die Hände in die Hüften und ließ seinen Blick skeptisch über das Geröll und die Hänge darüber gleiten.
»Schwer zu sagen. Einiges von dem Geröll ist erst vor kurzer Zeit herabgestürzt, es hat sich noch kein Moos darauf gebildet. Vielleicht hat das Beben alles lose Gestein fortgerüttelt, und wir brauchen es nur noch abzutragen, um das Tor freizulegen, aber, wenn Ihr meine ehrliche Meinung hören wollt, ich glaube nicht daran. Diese ganze Seite des Berges sieht nicht sonderlich vertrauenerweckend aus. Sobald wir das Geröll abtragen, besteht die Gefahr, dass nur noch mehr nachsackt. Aber um ein sicheres Urteil zu fällen, muss ich alles erst genauer untersuchen.«
»Dann tut das. Wenn wir das Baran-Tahal freilegen können, erübrigt sich jede weitere Suche, und falls sich Zarkhadul tatsächlich
als noch bewohnbar erweist und wir dorthin umsiedeln können, ist das der einfachste Weg hinein und hinaus.«
Zusammen mit den übrigen Kriegern setzte sich Barlok ins Gras und beobachtete, wie die Arbeiter auf Anweisungen von Vilon hierhin und dorthin eilten, kleinere Geröllhaufen zur Seite räumten und vor allem die Bergflanken mit Spitzhacken und Hämmern bearbeiteten.
Immer wieder lösten sich dabei kleinere Brocken und stürzten polternd in die Tiefe, rissen häufig noch andere mit und vergrößerten den Geröllberg vor dem Tor noch zusätzlich. Einmal wäre ein Arbeiter fast von einem Steinschlag erfasst worden, doch die meiste Zeit gingen sie so vorsichtig und mit solchem Geschick zu Werke, dass keiner von ihnen in Gefahr geriet. Barlok hatte Vilon die Auswahl der Männer überlassen, ihm aber eingeschärft, nur auf solche zurückzugreifen, die ihr Handwerk wirklich meisterhaft verstanden.
Von kurzen Pausen abgesehen schufteten sie bis in den Nachmittag hinein, dann ließ Vilon die Arbeiten abbrechen und kam auf Barlok zu. Niedergeschlagen schüttelte er den Kopf.
»Es tut mir leid, Kriegsmeister, aber es hat keinen Sinn. Wie ich befürchtet habe, ist die ganze Felswand über dem Tor brüchig und porös. Überall durchziehen sie feine Risse. Wenn wir anfangen, Gestein vor dem Tor wegzuräumen, stürzt sofort neues nach.«
»Und wenn man es abstützt? Es wird nicht leicht, größere Mengen Holz hierher zu transportieren, aber notfalls lasse ich einen ganzen Wald abholzen.«
Vilon lächelte flüchtig.
»Auch das hätte keinen Sinn. Selbst das Holz eines ganzen Waldes würde nicht ausreichen, das Gewicht einer Bergwand zu tragen. Ganz abgesehen davon, dass wir die Stützen nirgendwo richtig ansetzen könnten, weil einfach alles instabil ist.« Noch einmal schüttelte er den Kopf. »Ich habe so etwas noch nicht erlebt.«
»Vielleicht ist es durch das Beben geschehen.«
»Nein, dazu reichen auch die Erdstöße nicht aus, dafür hätten sie noch sehr, sehr viel heftiger sein müssen. Wenn es nicht so verrückt klingen würde …«
»Was klingt verrückt?«, hakte Barlok nach, als der Schürfmeister nicht von sich aus weitersprach.
»Nun, ich
Weitere Kostenlose Bücher