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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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spüren. Noch immer - oder schon wieder - staute sich unter dem dichten Blätterdach die Hitze, und die Feuchtigkeit der Luft schien gegenüber dem Vortag sogar noch zugenommen zu haben. Zudem war es im Gegensatz zum hellen Sonnenschein auf der Lichtung so dunkel, dass er minutenlang nahezu blind vorwärtsstolperte. Zweige peitschen ihm ins Gesicht und mehr als einmal wäre er fast gestürzt, weil er Wurzeln oder andere Hindernisse nicht rechtzeitig bemerkte.
    Vor ihm begann Lokin wild zu fluchen und verriet damit, dass
es ihm nicht anders erging. Von Ailin war nichts zu hören, doch vermutete Warlon, dass sie sich nur besser beherrschte. Lediglich von Malcorion nahm er an, dass dieser sich wohl auch mit verbundenen Augen problemlos orientieren konnte.
    Abgesehen von meist nur kurzen Pausen wanderten sie die nächsten drei Tage durch, wobei sie weder an diesem noch am folgenden Abend eine Lichtung fanden, auf der sie übernachten konnten, sondern sich zwischen dichtem Wurzelwerk auf dem Waldboden einen Platz zum Schlafen suchen mussten. Das größte Problem dabei war jedoch nicht die Unbequemlichkeit - zumindest Warlon hatte bereits oft genug auf kahlem, hartem Felsboden geschlafen. Viel schlimmer war die Luft. Das Gefühl, nicht richtig atmen zu können, verfolgte ihn bis in den Schlaf hinein und quälte ihn mit Albträumen vom Ersticken, aus denen er immer wieder hochschreckte. Keiner von ihnen - abgesehen vielleicht von Malcorion, der mit diesen Bedingungen besser fertig zu werden schien - war an den folgenden Tagen wirklich erholt und ausgeruht.
    Hinzu kam, dass die hohe Luftfeuchtigkeit sich unerbittlich in ihrer Kleidung festsetzte. Schon bald trugen sie keinen trockenen Faden mehr am Leib. Wegen des dichten Wurzelwerks gestattete Malcorion ihnen nicht einmal, abends ein Feuer zu entzünden, um ihre Sachen zu trocknen.
    »Elem-Laan scheint eure Gegenwart akzeptiert zu haben, da ihr bislang gezeigt habt, dass ihr ihm nicht schaden wollt«, erklärte er. »Aber das würde sich schlagartig ändern, wenn ihr damit beginnen würdet, seine Wurzeln zu verbrennen. Ebenso gut könntet ihr eure Äxte nehmen und einige Bäume fällen. Glaubt mir, keiner von uns würde die Nacht überleben.«
    Warlon war sich nicht sicher, ob er das tatsächlich glauben sollte. Noch immer stand er dem Gerede von der Seele des Waldes äußerst skeptisch gegenüber. Holz war für ihn stets nur etwas gewesen, das man an der Oberfläche als Brennmaterial oder zum Herstellen von Möbeln und anderen Dingen verwenden
konnte. Dass die Bäume dieses widerlichen, riesigen Waldes sich dagegen wehren könnten, dass man ihnen Schaden zufügte, war für ihn nur schwer vorstellbar.
    Malcorion hingegen war felsenfest davon überzeugt, und da sie auf seine Führung angewiesen waren, blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich nach seinen Forderungen zu richten. Außerdem konnte Warlon die bloße Möglichkeit, dass er recht hatte, nicht völlig ausschließen. Es war besser, eine Weile mit feuchter Kleidung herumzulaufen, als ein unnötiges, im schlimmsten Fall sogar tödliches Risiko einzugehen.
    Am Nachmittag des dritten Tages begann das Gelände unter ihren Füßen anzusteigen. Auch das Unterholz wurde weniger, wucherte nicht mehr ganz so üppig, und vereinzelt war nackter Felsboden zu sehen. Auch schienen die Bäume hier weniger dicht zu stehen. Durch das Blätterdach drang mehr Licht herein, und es wurde merklich heller.
    »Noch ein kleines Stück, dann erreichen wir unseren Rastplatz für heute Nacht«, verkündete Malcorion. »Ich denke, es wird euch dort gefallen. Eine Menge Felsen unter freiem Himmel, und ein Feuer können wir dort auch machen.«
    Hoffnungsvoll nahmen die Zwerge die frohe Nachricht entgegen. Neue Kraft erfüllte sie, und sie beschleunigten ihre Schritte unwillkürlich noch einmal, nachdem sie sich zuletzt nur noch mühsam dahingeschleppt hatten.
    Weiterhin stieg das Gelände an und wurde dabei immer steiniger. Es gab nun keinen Zweifel mehr, dass sich der Wald zu lichten begann. Anders als bei Elem-Tenit gab es keinen abrupten Übergang, nicht einmal einen richtigen Waldrand. Der felsige Boden bot den Bäumen einfach nicht mehr genug Platz für ihre Wurzeln, und so nahm der Abstand zwischen den Stämmen allmählich zu. Die Luft wurde trockener und frischer. Sonnenlicht drang durch große Lücken, die im Blätterdach klafften, und Warlon genoss die Wärme auf der Haut, was er noch vor wenigen Tagen nicht für möglich gehalten

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