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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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Beine aus dem Bett und unterdrückte ein Gähnen. Wenn ein Mitglied des Hohen Rates sie um diese Zeit aufsuchte und wecken ließ, dann musste es wirklich wichtig sein. »Hat er gesagt, worum es geht?«
    »Es ist etwas mehr als eine Stunde nach Mitternacht. Loton sprach davon, dass es einen Angriff auf Elan-Tart gegeben hätte und -«
    Tharlias Müdigkeit war wie weggefegt, mit einem Schlag war sie hellwach. Hastig sprang sie auf.
    »Ein Angriff? Warum hast du das nicht gleich gesagt? Schnell, hilf mir, mich anzukleiden!«
    Sie verzichtete darauf, eines der zwar wunderschönen, aber auch furchtbar unbequemen königlichen Kleider anzuziehen, die sie bei offiziellen Anlässen trug und auch am Abend beim Empfang von Lamar angehabt hatte. Stattdessen schlüpfte sie in einfache Hosen, Stiefel und eine weiße Bluse, über die sie ein braunes Lederwams streifte. Auch ihre langen, schwarzen Haare ließ sie sich nur flüchtig bürsten und band sie im Nacken zu einem Zopf zusammen.
    Nach nur wenigen Minuten verließ sie ihr Schlafgemach mit
raschen Schritten und eilte in denselben Audienz- und Beratungssaal, in dem sie sich zuvor mit Lamar getroffen hatte. Loton erwartete sie bereits ungeduldig. Er hatte darauf verzichtet, sich zu setzen, sondern ging im Raum auf und ab. Als sie eintrat, kam der grauhaarige Kriegsmeister rasch auf sie zu.
    »Es tut mir leid, dass ich Euch stören muss, Majestät, aber es -«
    »Meine Dienerin sagte, es hätte einen Angriff gegeben«, fiel Tharlia ihm ins Wort, offenbar eine schlechte Angewohnheit, der sie immer häufiger frönte, wie ihr selbst bewusst wurde. Aber warum verschwendete auch jeder ihr gegenüber so viel Zeit mit unnützen Formalitäten und Entschuldigungen, statt gleich zur Sache zu kommen? »Wann und von wem? Gibt es Verletzte?«
    Loton war einen Moment lang verblüfft, hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, dass sie auf die ganze Ehrerbietung und das höfische Getue, das König Burian in seiner selbstherrlichen Art so wichtig gewesen war, keinerlei Wert legte. Dann straffte er sich, schien sich von einem Moment zum nächsten von einem Diplomaten zurück in den Krieger zu verwandeln, der er eigentlich war.
    »Eine der Wachen wurde niedergeschlagen und schwer verletzt«, erstattete er mit knappen Worten Bericht. »Dann haben die Unbekannten den Zaun einer Luanen-Weide niedergerissen. Bis auf wenige Ausnahmen wurden sämtliche Tiere geraubt, mehrere hundert.«
    Tharlia spürte, wie sie blass wurde. Die Luanen stellten einen wichtigen Eckpfeiler in der Ernährung ihres Volkes dar. Trotz der anderen Lebensmittel, die sie regelmäßig einkauften, war es ohne sie unmöglich, ganz Elan-Tart zu ernähren. Ein paar Tonnen zusätzliches Fleisch, Obst und Früchte, sowie einige Dutzend Säcke Mehl zu dem Getreide, das ihnen die rund um die Stadt neu angelegten Felder liefern würden - das waren nicht viel mehr als Tropfen auf einen heißen Stein, wenn es darum ging, fast zwanzigtausend Zwerge zu ernähren. Sämtliche Dörfer und Städte im Umkreis vieler Tagesreisen hatten zusammen deutlich weniger
an menschlichen Einwohnern. Obwohl sich die Kunde von ihrer Notlage und den glänzenden Geschäften, die man mit den Zwergen machen konnte, mittlerweile weit herumgesprochen hatte und viel mehr Händler als früher nach Clairborn oder teilweise auch direkt nach Elan-Tart kamen, war niemand darauf vorbereitet, kurzfristig so riesige Mengen an Nahrungsmitteln zu liefern.
    Ganz abgesehen davon, dass Tharlia auch gar nicht in der Lage wäre, sie zu bezahlen. Auf Gedeih und Verderb waren die Zwerge darauf angewiesen, den größten Teil ihrer Lebensmittel selbst zu produzieren. Nach der Evakuierung hatte sie deshalb einen beträchtlichen Teil ihrer nur geringen finanziellen Mittel dafür aufgewendet, die Luanen-Herden noch einmal deutlich aufzustocken. Der Verlust von mehreren hundert Tieren traf direkt den Lebensnerv von Elan-Tart.
    »Weiß man schon, wer es war?«, fragte sie, obwohl die Antwort im Grunde auf der Hand lag, aber sie weigerte sich, ein vorschnelles Urteil zu fällen. Nur zu deutlich waren ihr die schrecklichen Konsequenzen bewusst, die sich daraus ergeben konnten.
    Lotons Blick zeigte ihr, dass es auch für ihn keinen Zweifel an der Identität der Angreifer gab. Trotzdem schüttelte er widerwillig den Kopf.
    »Eine Patrouille hat auf ihrem Rundgang entdeckt, was geschehen ist, und Meldung erstattet. Als ich es hörte, kam ich sofort hierher, um Euch zu unterrichten. Mehr weiß ich

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