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Zwergenblut: Roman

Zwergenblut: Roman

Titel: Zwergenblut: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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ohne die Fähigkeiten des Ordens vielleicht schon gar nicht mehr geben würde? Und außerdem hast erst du Barlok dazu überredet, wie ich gehört habe.«
    »Hm, auch unheimliche Dinge müssen eben getan werden, wenn es die Not erfordert.« Warlon schnitt eine Grimasse. »Manchmal gibt es Wichtigeres als das, was man gerne tun oder nicht tun möchte.«

    »Ja«, murmelte die Priesterin leise. »Wir alle sind Pflichten und Regeln unterworfen, denen wir nachkommen müssen. Selbst wenn unser Herz manchmal etwas ganz anderes begehrt.«
    Warlon warf ihr einen verwirrten Seitenblick zu, während sie ziellos ein Stück nebeneinanderher gingen. Er war nicht mehr ganz sicher, wovon sie sprach. Ihr Gesicht war unter dem Schleier nur undeutlich zu erkennen, aber es zeigte einen traurigen Ausdruck. Als sie seinen Blick erwiderte, wandte er den Kopf rasch ab und schaute stattdessen erneut zum Südtor und den Verteidigungsstellungen hinüber.
    »Es scheint gut voranzugehen«, sagte er. »Wenn die Ruhe noch etwas andauert und die Thir-Ailith uns noch ein paar Stunden gewähren, werden wir ihnen zumindest geraume Zeit standhalten können.«
    »Li’thil möge es geben. Aber selbst wenn es so sein sollte, habe ich wenig Hoffnung. Die Zukunft liegt dunkel vor mir, und mein Gefühl sagt mir, dass nur wenig gute Aussichten bestehen.«
    Warlon schwieg. Er brachte es nicht über sich, Ailin anzulügen, deshalb sagte er lieber gar nichts, und sie schien auch keine Antwort zu erwarten. Stattdessen atmete sie tief durch und fuhr dann fort:
    »Wenn dies wirklich die Ruhe vor dem Sturm ist, dann sollten wir uns nicht jetzt schon mit den Gedanken an kommende Schrecken das Herz schwer machen. Sie werden uns noch früh genug einholen, und wer weiß, was danach sein wird. Jetzt sind wir hier in Elan-Dhor, vielleicht zum letzten Mal, und darüber sollten wir uns freuen.«
    Sie griff nach Warlons Hand. Im ersten Moment schreckte er vor der unerwarteten Berührung zurück, aber dann nahm er ihre Finger rasch in die seinen. Sie fühlten sich
warm und sanft an. Dennoch verspürte er ein vages Unbehagen. Zwar waren die Straßen völlig leer, aber es war bei seinem Volk nicht üblich, Zärtlichkeiten dieser Art in der Öffentlichkeit zu zeigen. Das war es jedoch nicht allein.
    »Wir sollten das nicht tun«, murmelte er, brachte es aber zugleich nicht über sich, ihre Hand wieder loszulassen. Zwiespältige Gefühle erfüllten ihn. »Immerhin bist du eine Priesterin von Li’thil.«
    »Glaub mir, niemand weiß das besser als ich«, sagte sie mit sanftem Spott. »Aber in unserem Orden gibt es keine Regel, die es verbietet, die Hand eines guten Freundes zu halten. Oder gelten vielleicht für euch Krieger solche Grundsätze?«
    Warlon hörte auf, sich gegen etwas zu sträuben, das ihm in Wahrheit ohnehin gefiel. Vielleicht würde er in ein paar Stunden schon tot sein, deshalb war er einfach nur froh, die wenige kostbare Zeit, die ihnen noch blieb, gemeinsam mit Ailin zu verbringen.
     
    Der künstliche Wald, der den Thir-Ailith als Stadt diente, barg bei weitem nicht so viele Behausungen auf den Baumplattformen, wie es für Barlok zu seinem Schrecken zunächst den Anschein gehabt hatte. Im Gegenteil, es mochten nicht mehr als wenige hundert sein.
    Das gesamte Zentrum der Stadt wurde von einem riesigen Komplex gebildet, dessen Außenwände aus festem Stein bestanden, auch wenn dieser so bearbeitet war, dass er ebenfalls das Aussehen von Baumstämmen hatte, die miteinander verwachsen waren und dadurch zu massiven Mauern wurden. An der Vorderseite klaffte ein Eingang, auch er einander zugeneigten Stämmen nachgebildet, die sich am Scheitelpunkt zu einem Bogen vereinten.

    Und aus diesem Eingang kam der endlose Heerzug der Thir-Ailith herausmarschiert.
    Es hätte dessen gar nicht bedurft, um Barlok zu zeigen, dass der Komplex nicht nur das Zentrum der Stadt, sondern auch das Zentrum und der Ursprung der verderblichen Magie des Bösen war, die alles hier beherrschte und durchdrang. Das gesamte Gebäude schimmerte in einem so hellen Grau, dass es fast weiß aussah, und er konnte überdeutlich die schreckliche Macht spüren, die davon ausging.
    Barlok wusste, dass er den Komplex früher oder später gewiss würde betreten müssen. Vermutlich würde er nur dort Antworten auf die zahlreichen Fragen finden, um derentwillen er diese Seelenwanderung überhaupt unternommen hatte, aber noch war er nicht bereit dazu. Zu überwältigend war die Aura des Bösen, die das

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