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Zwergenfluch: Roman

Zwergenfluch: Roman

Titel: Zwergenfluch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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sich einen Moment lang am Stamm fest und rang nach Luft.
    Er sah ein, dass er gegen diese Kreatur im offenen Kampf keinerlei Chancen hatte. Ihm blieb nur die Flucht. Mit Feigheit hatte dies nichts zu tun. Es war nicht unehrenhaft, vor einem Gegner zu fliehen, den man nicht besiegen konnte. So konnte er die Kreatur vielleicht wenigstens von Ailin und seinen anderen Gefährten weglocken.
    Dicht neben seinem Kopf klaffte ein großes Loch am Baum. Warlon ließ seinen Rucksack von den Schultern gleiten, stopfte ihn hastig durch die Öffnung und hörte, wie er im Inneren zu Boden fiel. Sollte er entkommen, war er zuversichtlich, den Baum wiederfinden zu können. Anderenfalls würden die Wegelagerer zumindest nicht an das Gold gelangen, das sich bis auf einige wenige Taler in seiner Börse im Rucksack befand.
    Warlon hetzte los. Nach einigen Schritten warf er einen Blick über die Schulter zurück. Er sah, wie es der grünhäutige Riese schaffte, sein Schwert mit einem letzten Ruck vollends aus dem Erdreich und der Wurzel herauszureißen. Sofort machte er sich an die Verfolgung.
    Warlon achtete kaum darauf, wohin er lief. Rings um ihn wuchsen Bäume und wucherte Unterholz, sodass er ohnehin nicht viele Möglichkeiten zur Orientierung hatte. Flüchtig kam ihm der Gedanke, dass der normalerweise untrügliche Orientierungssinn der Zwerge in dieser Umgebung versagen, dass er sich womöglich hoffnungslos im Wald verirren und den Weg zurück zu seinen Gefährten nicht mehr finden könnte, aber er verdrängte ihn. Die schrecklichste Gefahr stellte gegenwärtig der Troll für ihn dar. Ihm zu entkommen war alles, was im Moment zählte. Wenn ihm das
gelang, konnte er sich immer noch darüber Sorgen machen, wie er den Weg zurück finden sollte.
    Zweige peitschten ihm ins Gesicht und Dornenranken zerrten an seiner Kleidung und rissen ihm blutige Kratzer in die Haut, doch Warlon nahm es kaum wahr. Die nackte Panik trieb ihn voran. Er wagte nicht, sich umzusehen, aus Angst, dadurch vielleicht einen entscheidenden Sekundenbruchteil einzubüßen. Auch so wusste er, dass der Troll dicht hinter ihm war. Der Lärm, mit dem der Gigant rücksichtslos durch das Unterholz brach, war nicht zu überhören.
    Warlons einziger Vorteil war seine größere Wendigkeit. Immer wieder schlug er wahllos Haken und änderte seine Richtung, und jedes Mal gewann er ein paar Sekunden. Der Troll war ein Koloss, der durch seine Größe, Kraft und Geschwindigkeit alles niederwalzte, was ihm im Weg stand, wie ein riesiger Felsen, der einen Abhang hinunterrollte. Allerdings trug ihn sein eigener Schwung auch immer noch ein paar Schritte weiter, bevor er einen der plötzlichen Richtungswechsel nachvollziehen konnte.
    Einmal hörte Warlon hinter sich sogar ein dumpfes Dröhnen, als der Troll einem Baum nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte und aus vollem Lauf dagegenprallte. Die Wucht des Zusammenstoßes ließ ihn ein paar Schritte zurücktaumeln, doch voller neu entfachter Wut nahm er die Verfolgung sofort danach wieder auf.
    Und es war nicht zu überhören, dass er näher kam. Das Wesen wusste vermutlich nicht einmal, was Müdigkeit und Erschöpfung bedeuteten, während Warlons Beine immer schwerer zu werden schienen und sein Atmen längst zu einem mühsamen Keuchen geworden war. Zwar waren Zwerge zäh und ausdauernd und konnten ohne Mühe
lange Strecken zurücklegen, aber schnelles Laufen waren sie nicht gewöhnt.
    Sein Vorsprung schmolz beständig dahin, betrug kaum noch drei, vier Schritte. Ein paar Minuten höchstens noch, vielleicht sogar nur Sekunden, dann würde der Troll ihn erwischen und das wäre dann sein Todesurteil.
    Der Gedanke half Warlon, noch einmal verborgene Kraftreserven zu mobilisieren und ein wenig schneller zu rennen, aber er wusste auch, dass es nicht viel mehr als ein letztes Aufbäumen vor dem scheinbar Unausweichlichen war. Einem Wesen, das über solche Kraftreserven verfügte und sich offenbar durch nichts aufhalten ließ, konnte man nicht entkommen.
    Das farnähnliche Unterholz lichtete sich, und ein dichtes, viele Meter durchmessendes und fast mannshohes Brombeergestrüpp tauchte plötzlich vor Warlon auf. Eine verzweifelte Hoffnung erfüllte ihn. Mit knapper Not gelang es ihm, seinen Lauf abzubremsen und nach rechts auszuweichen.
    Der Troll hatte weniger Glück.
    Nahezu ungebremst stürmte er in das Dornendickicht hinein, und dieses Hindernis war selbst für einen Koloss wie ihn zu viel. Die äußersten Ranken zerrissen noch wie

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