Zwergenfluch: Roman
sitzt das Misstrauen der gesamten Priesterschaft gegenüber zu tief. Schon allein deshalb wärst du ungeeigneter als jeder andere Kandidat.«
»Bist du dir da so sicher? Ich weiß zumindest zwei sehr einflussreiche Häuser hinter mir, Lius und Takora. Lamar hat mir selbst die uneingeschränkte Unterstützung seines Hauses zugesichert. Darüber hinaus hat das Haus Walortan bei ihm hohe Schulden, die es nicht zurückzahlen kann. Lamar hat Torgan angeboten, die Schulden zu erlassen, wenn er dafür für mich stimmt, und Torgan hat eingewilligt, unter der Voraussetzung, dass auch die Kriegerkaste mich unterstützt. Da Selon ebenfalls auf meiner Seite steht, habe ich somit bereits drei von sechs Ratsmitgliedern auf meiner Seite.«
»Zwei«, korrigierte Barlok ruhig. »Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass Loton und Sutis von der Kriegerkaste dich unterstützen werden, womit auch Torgans Stimme hinfällig würde.«
»Das hängt nicht zuletzt von dir ab. Wenn du dich offen auf meine Seite stellst, kannst du sie dazu bringen, deinem Beispiel zu folgen.«
»Ich? Ausgerechnet ich? Du musst verrückt sein! Und
jetzt versuch nicht an mein Gewissen zu appellieren, dass ich in deiner Schuld stünde.«
»Keine Sorge«, erwiderte Tharlia, erhob sich wieder und begann, in dem karg eingerichteten Raum hin und her zu gehen. »Lieber appelliere ich an deinen Verstand. Du selbst hast deutlich gemacht, dass unser Volk nach Burians Absetzung keinesfalls ohne Führung bleiben darf. Abgesehen von dir habe ich die größten Chancen, den Thron zu besteigen, ohne dass es zu den befürchteten Auseinandersetzungen kommt. Auch wenn es viel Misstrauen gegen die Priesterschaft gibt, genieße ich starke Unterstützung. Die Macht des Dunkelturms und der übrigen Gelehrtenkaste steht hinter mir. Der bevorstehende Krieg wird nicht allein mit Schwertern und Äxten ausgetragen werden, sondern auch mit Magie. Unser Volk wird auf die Hilfe des Dunkelturms vielleicht dringender angewiesen sein als je zuvor.«
Barlok funkelte sie zornig an.
»Soll das eine Drohung sein? Selbst du kannst nicht so verblendet sein, deine Hilfe davon abhängig zu machen, dass du den Thron besteigst.«
»Unsinn, natürlich nicht«, widersprach Tharlia heftig. »Aber man wird unsere Fähigkeiten mit anderen Augen und weniger Misstrauen betrachten, wenn sie sich möglicherweise als die einzige Rettung für Elan-Dhor erweisen. Sieh es ein, die Kriegerkaste und der Dunkelturm sind momentan so eng vereint wie nie zuvor. Nur wir gemeinsam können das Verhängnis aufhalten, den Fluch, den Burians Gier über uns gebracht hat. Aber dafür müssen wir auch unser Misstrauen abbauen und enger als je zuvor zusammenarbeiten. Liegt es da nicht nahe, dass auch der neue König aus unserer Mitte stammt?«
»Du müsstest dein Amt als Hohepriesterin aufgeben«, rief
ihr Barlok ins Gedächtnis. »Damit würdest du nicht länger dem Orden der Priesterinnen angehören.«
»Meine Nachfolgerin wird so mühelos mein Amt übernehmen können, dass der Übergang keinerlei negative Folgen hätte. Trotzdem kenne ich die Fähigkeiten der Priesterinnen besser als jeder andere und wüsste, wie sie am besten in diesem Krieg einzusetzen wären. Komm schon, Barlok, auch wenn du dich dagegen sträubst, in Wahrheit hast du doch schon längst erkannt, dass es keine Alternative zu mir gibt. Mit deiner Hilfe kann ich fünf der sechs Ratsmitglieder hinter mir vereinen, und in einer Situation wie dieser wird sich auch Artok nicht gegen den Rest des Rates stellen, sondern widerwillig zustimmen. Nur meine Wahl kann garantieren, dass es keine Rivalitäten um die Nachfolge gibt.«
Barlok zögerte. Er war weit davon entfernt, begeistert zu sein, konnte sich aber der zwingenden Logik ihrer Argumente nicht völlig entziehen. Tharlia hatte geschickt auf diesen Moment hingearbeitet und sich in eine Position gebracht, in der kaum ein Weg an ihr vorbeiführte. Sosehr er solche Ränke auch verabscheute, der Erfolg sprach für sie.
»Ich knüpfe meine Zustimmung an zwei Bedingungen«, sagte er schließlich. »Du wirst mir den Oberbefehl über das Heer übertragen. Natürlich hast du ein Mitspracherecht, aber in allen militärischen Belangen gelten meine Entscheidungen, solange dieser Krieg andauert.«
»Ich hatte ohnehin vor, dir das Kommando zu übertragen. Ich kenne niemanden, der dafür geeigneter wäre«, stimmte Tharlia zu. »Und die zweite Bedingung?«
»Sie ist noch einfacher zu erfüllen. Wie wir wissen, haben
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