Zwergenfluch: Roman
Jahre zuvor hatte er seine große Liebe Silara geheiratet und dem Haus Lius den Rücken gekehrt, um ein eigenes Haus zu gründen, und inzwischen hatte sich Nachwuchs angekündigt, wenn es auch noch mehrere Monate dauern würde.
Die Zukunft hatte sich für ihn in leuchtendsten Farben abgezeichnet, vor allem, als man ihm den Oberbefehl über ein gewaltiges Heer übertragen hatte, das gegen die Streitkräfte der Gnome und Goblins ausgesandt wurde, die ein Bündnis geschlossen hatten, um Elan-Dhor mit vereinten Kräften anzugreifen. In den goldenen Hallen war es zur Schlacht gekommen, und Barlok hatte einen glorreichen Sieg errungen.
Einen Sieg, der allzu teuer erkauft worden war, wie er nach seiner Rückkehr festgestellt hatte. Da alle Aufmerksamkeit nur auf den Kampf in den Minen gerichtet gewesen war, hatte man Elan-Dhor selbst entblößt und nur wenige Krieger zur Verteidigung der Stadt zurückgelassen.
Ohne Patrouillen, die seine Annäherung rechtzeitig hätten bemerken können, war es einem Zarkhan gelungen, bis zur Stadt vorzudringen, das Südtor zu durchbrechen und bis in die Hellhöhlen zu gelangen, wo er fürchterlich gewütet hatte. Nicht nur hatte er einen großen Teil der Ernte vernichtet, sondern sein Angriff hatte auch Dutzende Zwergenleben gekostet, ehe es endlich gelungen war, ihn zu überwältigen.
Eines dieser Opfer war Silara gewesen, die an diesem Tag in den Hellhöhlen gearbeitet hatte.
So hatte sich jener Tag, der versprochen hatte, einer der glücklichsten in Barloks Leben zu werden, in einen grässlichen Albtraum verwandelt. Er hatte seine Frau und sein ungeborenes Kind verloren, seine Hoffnungen auf ein eigenes Haus waren zerstört worden. Diese Wunde in seinem Inneren war niemals ganz verheilt. Selbst nach mehr als hundert Jahren schmerzte die Erinnerung noch.
Und nun drohten wieder unschuldige Zivilisten zu sterben, dabei war die Gefahr diesmal bekannt, und ein verblendeter König weigerte sich nur, sie anzuerkennen. Es war zum Verzweifeln!
Um sich abzulenken, las Barlok eine Zeit lang in einem alten Folianten, der noch aus der Gründungszeit Elan-Dhors stammte und die ersten Begegnungen und daraus resultierenden Auseinandersetzungen mit den Gnomen und Goblins unter dem Schattengebirge schilderte. Doch sosehr das Thema ihn normalerweise gefesselt hätte, jetzt gelang es ihm nicht, sich auf den Text zu konzentrieren. Immer wieder schweiften seine Gedanken ab.
In den frühen Nachmittagsstunden schließlich hatte Barlok das Gefühl, die Decke würde ihm auf den Kopf fallen. Um nicht länger allein zu sein, spielte er sogar mit dem
Gedanken, die beiden Wachposten zu sich hereinzubitten, doch in diesem Moment klopfte es an der Tür. Rasch sprang er auf, zog den Riegel zurück und öffnete.
»Ich muss mit dir reden«, sagte Tharlia, ohne sich mit irgendwelchen Formalitäten aufzuhalten.
»Du weißt doch, dass ich keine Besuche empfangen darf«, entgegnete Barlok mit sanftem Spott. »Wie bist du an den Wachposten vorbeigekommen?«
»Sie werden sich nicht daran erinnern, dass ich hier gewesen bin, aber das spielt jetzt ohnehin keine Rolle mehr«, erklärte sie und schlug ihren Schleier zurück.
»Es hat Tote innerhalb Elan-Dhors gegeben?«, befürchtete Barlok.
»Erstaunlicherweise nicht. Vielleicht liegt es an unseren Patrouillen. Burian hat befohlen, alles zu unterlassen, was die Bevölkerung beunruhigen könnte, aber er hat die Patrouillen dabei nicht ausdrücklich erwähnt, weshalb wir sie fortsetzen. Zwei Arbeiter werden allerdings unabhängig voneinander vermisst. Möglicherweise wurden sie ermordet, das wird sich noch herausstellen. Aber wir wissen nun endgültig, dass sich einer der Unsichtbaren in Elan-Dhor befindet. Eine Oberpriesterin entdeckte ihn, als er durch das Südtor zu entkommen versuchte.«
»Ist es ihm gelungen?«, fragte Barlok erschrocken.
»Nein. Sie konnte die Kreatur schemenhaft sichtbar machen. Es gab rund ein Dutzend Zeugen dafür. Aber Burian wollte auch das nicht als Beweis akzeptieren, hat behauptet, es handele sich nur um einen Trick, mit dem die Priesterin den Wachen etwas vorgegaukelt hätte.« Tharlia atmete tief durch. »Er hat den Bogen endgültig überspannt. Die Zeit zum Handeln ist gekommen. Ich habe gerade mit den anderen Mitgliedern des Rates gesprochen, und wir sind übereingekommen,
dass er als König nicht länger tragbar ist. Spätestens heute Abend werden wir ihm unser Vertrauen entziehen, wenn wir bis dahin noch nichts von dem
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