Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge
ziehen, doch dieses Verprechen konnte er nun nicht mehr einlösen. Es blieb keine Zeit dafür. Zudem hätten dann sicherlich die Bürger der Stadt wieder ihren »Retter« bedrängt.
Der Halbelb hatte Verständnis dafür. »Ich habe ja noch ausreichend Pfeile und werde demnächst ohnehin neue herstellen«, tröstete er den Zwergenjungen.
Wie üblich nahm er Olba und Tomli auf seinem Pferd mit, während Arro und Meister Saradul zu Olfalas in den Sattel stiegen. Zuvor hatte der Halbelb beiden Tieren noch eine Stärkungsformel ins Ohr geflüstert.
»Und mein Rücken soll frei bleiben?«, fragte Ambaros.
»Die Hitze wird Euch sehr zusetzen«, antwortete ihm Olfalas. »Deswegen ist es besser, wenn Ihr keine zusätzliche Last zu tragen habt.«
»Wofür hältst du mich, Olfalas? Meine Pferdehälfte ist zwar nicht mit deinem Elbenpferd zu vergleichen, das gebe ich ja zu. Aber ich bin auch kein altersschwacher Gaul, der bei einem bisschen Sonnenschein gleich den Verstand verliert.«
»Ich wollte Euch nicht beleidigen, werter Ambaros«, beschwichtigte Olfalas.
»Du kannst doch auch mich mit einer Formel stärken«, schlug der Zentaur vor.
»Nehmt besser dies hier.« Olfalas löste einen der zahlreichen Beutel von seinem Gürtel und warf ihn dem Zentauren zu.
Dieser fing ihn geschickt mit der linken Hand auf. »Was ist das?«
»Zentaurenkraut. Es wächst zwischen den Bäumen des Waldreichs und war unter den Elben bis vor Kurzem vollkommen unbekannt. Aber Lirandil und ich haben auf einer unserer Reisen erfahren, dass die südlichen Zentaurenstämme dieses Kraut benutzen, um auf langen Wegen nicht fußlahm zu werden.«
»Ich war ja schon sehr lange nicht mehr im Waldreich der Zentauren«, erklärte Ambaros mit nachdenklichem Gesicht. »Darf ich fragen, weshalb ein Halbelb solche Kräuter bei sich trägt?«
»Uns Elben bescheren sie einen ruhigen Schlaf. Und sie helfen uns, im Traum Probleme zu lösen, für die wir im Wachzustand auch bei gründlichem Nachdenken keine Lösung finden«, antwortete der Halbelb. »Kaut die Kräuter einfach gut durch und schluckt sie dann, werter Ambaros.«
Wenig später erreichten sie das Stadttor. Die Wachen hatten den Befehl, ihnen zu öffnen.
Tomli drehte sich noch einmal um. Ihm wurde ganz mulmig, als er sah, dass nahezu alle Blicke auf sie gerichtet waren. Die Einwohner der Stadt verfolgten gebannt, wie sie durch das Stadttor zogen.
»Konzentrier deine Aufmerksamkeit allein auf die Aufgabe, die vor uns liegt«, forderte Lirandil den Zwergenjungen auf.
Tomli nickte. Eine Hand drückte er gegen die Ledertasche mit dem Kristallschädel, die er über der Schulter trug.
Die beiden Elbenpferde und der Zentaur trabten voran. Direkt vor der Stadt war der sandige Untergrund sehr fest, denn die Schiffe der Sandlinger fuhren üblicherweise bis hierher, dann wurde die Ware mit Pferdewagen, Handkarren und einem Heer von Trägern in die Stadt geschafft. Oder in umgekehrter Richtung aus der Stadt zu den Wüstenschiffen.
Doch nun war Hiros durch einen Wall aus Leviathan-Leibern vom Rest der Sandlande abgeschnitten. Vor diesem Wall hatte sich eine Formation von Leviathanen gebildet, die einem Keil glich. Auf den Leviathan, der sich ganz vorn an der Spitze befand, gingen die Gefährten zu.
»Das ist der Leviathan, der sich am Abend bis dicht an die Stadtmauer heranwagte«, erklärte Lirandil.
»Ein Kundschafter?«, vermutete Ambaros.
»Nein, in oder auf ihm müssen sich die Anführer der Leviathan-Reiter befinden. Sie wollten mit dem Fürsten der Stadt verhandeln.« Olfalas nickte. »Außerdem kamen die schrillen Töne, die die Leviathan-Reiter mit ihren Pfeifmuscheln austauschen, zuerst von diesem Leviathan und wurden dann von anderen Reitern weitergegeben oder beantwortet.«
»Gut aufgepasst«, lobte Lirandil seinen Schüler.
»Pfeifmuscheln?«, fragte Arro. »Was soll das denn sein?«
»Sie benutzen die Gehäuse der Sandmuscheln aus der Tiefen Wüste, um die Pfeiftöne zu erzeugen«, erklärte Olfalas. »Du wirst es sehen, wenn wir ihnen näher kommen.«
»Sandmuscheln aus der Tiefen Wüste?« Ambaros war sofort interessiert. »Vielleicht kann ich bei den Leviathan-Reitern preisgünstig ein paar dieser Muschelgehäuse erwerben! Die sind nämlich auf den Märkten von Ashkor und Aratania ein Vermögen wert, weil davon selten welche in den Norden gelangen.«
»Hebt Euch Euren Geschäftssinn für eine andere Gelegenheit auf«, ermahnte ihn Lirandil.
Tomli fiel auf, dass Saradul sehr
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