Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge
Hiros?«, fragte er in der Sprache der Rhagar. Sein Akzent klang sehr fremdartig.
»So ist es«, antwortete Lirandil.
»So richtet ihm aus, dass wir hier sind, um zurückzufordern, was uns gehört. Bisher haben wir seine Stadt allein deshalb nicht dem Erdboden gleichgemacht, weil wir befürchten, dass unser Eigentum dabei beschädigt werden könnte.«
»Um was handelt es sich dabei?«, wollte Lirandil wissen.
»Um einen Schädel aus Kristall.«
»War nicht einst der Bronzefürst von Shonda der rechtmäßige Eigentümer dieses Schädels?«, fragte der Elb. »Und hat er die Macht dieses Schädels nicht gegen das Volk der Leviathan-Reiter gerichtet, um sich gegen euren Angriff zu verteidigen?«
»Ja, dieser Schädel hat großen Schrecken hervorgerufen, und seine Magie hatte eine furchtbare Wirkung auf die Geschöpfe, in deren Bäuchen wir leben und die uns beschützen. Es wird noch heute davon erzählt.«
»Wieso glaubt Ihr, Anspruch auf den Kristallschädel zu haben?«
Der Weißhaarige straffte sich. »Ich bin Akok, der Sohn von Akok und der Enkel von Akok. Dies ist mein Stamm, und vor langer Zeit erwarb einer meiner Vorfahren den Kristallschädel von einer umherziehenden Horde Wüsten-Orks, die es aus unerfindlichen Gründen in die Tiefe Wüste verschlagen hatte. Wahrscheinlich waren sie auf der Flucht vor ihren Feinden, den Sandlingern. Um vor dieser mächtigen magischen Waffe sicher zu sein, bewahrten wir den Schädel über viele Generationen in unserem Heiligtum auf.«
»Und wie sollte der Schädel dann nach Hiros gelangt sein?«, wollte Lirandil wissen.
Akok runzelte die Stirn. »Willst du abstreiten, dass sich der Kristallschädel in der Stadt befindet? Die Allwissende Sandmuschel hat es mir selbst geflüstert. Der Schädel ist hier!«
»Das bestreitet niemand«, erwiderte Lirandil. »Aber Ihr habt meine Frage nicht beantwortet. Wie soll ich wissen, ob Ihr wirklich Anspruch auf den Schädel habt?«
Akok zögerte. »Darüber, wie der Schädel aus unserem Heiligtum verschwand, reden wir nicht gern mit Fremden«, erklärte er schließlich. »Und es braucht dich auch nicht zu interessieren.«
»Der Moment ist gekommen, Tomli! Hol den Schädel hervor!«
Tomli zuckte zusammen, als er die Gedankenstimme vernahm. Der geistige Befehl war überaus drängend.
Er sah zu Lirandil, doch der gab durch nichts zu erkennen, dass die Aufforderung von ihm gekommen war.
Vielleicht war es auch Saradul gewesen. Aber hätte Tomli dessen Gedanken nicht erkennen müssen?
Während Lirandil und Akok weiterhin verhandelten, vernahm Tomli erneut die Gedankenstimme: »Hol den Schädel hervor! Tu es jetzt – sofort!«
Tomli war kaum in der Lage, noch etwas anderes wahrnehmen, sein Kopf war erfüllt von dieser Forderung. Die Stimmen von Akok und dem Fährtensucher klangen weit entfernt.
»Jetzt! Sofort!« ,dröhnte es erneut in seinem Kopf.
Er öffnete die Tasche an seiner Seite und holte den Kristallschädel hervor.
»Tomli!«, rief Olba. »Nicht!«
Aber es war zu spät. Tomli hob den Kristallschädel empor und hielt ihn mit beiden Händen über seinen Kopf. Eine fremde Macht hatte von dem Zwergenjungen Besitz ergriffen. Er murmelte Worte in einer Sprache, die er gar nicht kannte.
Im gleichen Moment erklang ein Ruf aus dem Inneren des Leviathans. Es war nicht das dumpfe Dröhnen, das beinahe die Mauern von Hiros zum Einsturz gebracht hatte, sondern ein viel höherer Ton.
Er war ohrenbetäubend.
Und er klang wie ein Angstschrei des Ungeheuers.
Ein Räuber aus dem Himmel
A kok machte einen Schritt zurück, während seine Krieger die Speere gegen Tomli und seine Gefährten richteten.
Im nächsten Moment wurde der Kristallschädel von einem grellen Leuchten erfüllt. War das die Kraft, die schon einmal die Leviathane in die Flucht geschlagen hatte?
Tomli fuhr fort, Worte von sich zu geben, deren Bedeutung ihm verschlossen blieb. Er ahnte nur, dass sie irgendetwas mit der Kraft zu tun hatten, die in dem Schädel schlummerte. Jene Gedankenstimme, die ihn dazu gedrängt hatte, den Kristallschädel hervorzuholen, flüsterte sie ihm ein.
Tomli kam die Stimme seltsam bekannt vor. Er war sich sicher, sie schon einmal vernommen zu haben. Aber irgendetwas hinderte ihn daran, sie richtig einzuordnen. Er fühlte sich geistig wie gelähmt.
In diesem Moment stürzte etwas vom Himmel.
Ar-Don!
Tomli wusste sofort, dass er es war. Aber er konnte nichts tun.
Der Gargoyle jagte aus großer Höhe auf ihn zu. Seine Klauen griffen
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