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Zwergensturm

Zwergensturm

Titel: Zwergensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Mueller-Hammerschmidt
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stand mit kleinem Abstand neben Zahrin und Otto. Haggy blieb stehen, wo er stand, zwischen Tinchena und den Nahkämpfern.
    Bong nickte erst ihm, dann Zahrin und Otto zu. Er sah hinter sich, und auch Tinchena und die Elfen gaben ihm zu verstehen, dass sie bereit waren. „Es liegt also an mir“, seufzte er innerlich. Für den Bruchteil einer Sekunde erlaubte er sich, die Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Das Knistern des Feuers und dessen Geruch, der sich mit dem Moder der Umgebung mischte, den Stolz, den die adrett und exakt aufgebauten Zelte der Mörderhorde ausstrahlten, und auch der Anblick der angespannten Körper seiner Freunde. Ein wenig Stolz erfüllte ihn.

Grünleben, Herrscherpalast
    Auch an diesem frühen Morgen konnte Maui ihre innere Unruhe förmlich mit den Händen greifen. Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen forderten ihren Tribut. Mit beiden Händen griff sie in die Schüssel mit Wasser, ließ die kühle Flüssigkeit ihre Hände umspielen und schöpfte diese dann damit, um das Wasser zu ihrem Gesicht zu führen und sich damit zu erfrischen. Sie hielt die Hände noch vor das Gesicht, als alles Wasser längst wieder heruntergeflossen war.
    Was für eine Last habt ihr mir aufgegeben, ihr Ahnen? Sie nahm die Hände herunter und blickte in den Spiegel vor sich. Dort sah sie eine alte Frau mit für Dunkelelfinnen untypischen Falten um die Augen herum. Früher, als Kind, hatte sie sich auch manchmal Sorgen gemacht, Falten zu bekommen. Aber nicht um die Augen herum, sondern neben den Mundwinkeln. Sie hatten viel gelacht als Kinder, sie und Gram.
    Sie schmunzelte. Am Hof fanden das einige immer unangebracht, dass die Thronfolgerin und ihr Bruder Streiche ausheckten und einiges anstellten, das in die Kategorie ‚Blödsinn‘ fiel. Man erwarte te vielmehr von ihnen, sich den Künsten zu widmen. Doch Maui wollte lieber spielen. Mit der Zeit hatte sie unter dem Druck der Eltern dann doch noch die Kunst schätzen gelernt, aber besonders nachhaltig schien ihre Liebe dazu nicht zu sein. Gram hatte schneller Feuer gefangen für die schönen Dinge der Welt. Und jetzt verzehrt der Hass ihn so sehr, dass er selber hässlich wird. Welche Ironie des Schicksals.
    Obwohl ihre Jugend und Teile ihrer Schönheit vor Sorgen dahinzuschmelzen schienen, gefiel sie sich dennoch. Sie wirkte reifer, erwachsener, weiser als zuvor. Ruhig ging sie weg vom Spiegel, hin zur Außenwand ihres Schlafsaales. Das Glas, aus dem der Palast gebaut war, erlaubte es, von innen hinaus-, aber nicht von außen hereinzusehen. Dort unten lag Grünleben, das Zentrum des Besetzten Landes und ihr Herrschaftssitz. Sie schmunzelte, als sie an den nervösen Zwerg dachte, der recht unbedarft seinen Anspruch auf den Thron des Reiches der Zwerge vorgebracht hatte und womöglich nun zu einem lebenswichtigen Verbündeten geworden war. Ein paar Kinder, zwei menschliche, ein Zwerg und ein kleiner Gnom, spielten am Bach, der den Palasthügel umgab. Sie lachte innerlich; Gram würde sicherlich die Königswache schicken, um die Kinder zu vertreiben. Sie lehnte sich an die Rückenlehne eines Stuhls und betrachtete die Kinder noch ein wenig. Der kleine Gnom spritzte einem der Menschenkinder Wasser ins Gesicht, das lachte und das Zwergenkind als Schutzschild vor sich schob. Der kleine Zwerg jedoch ließ sich, ebenfalls lachend, fallen. Nun lagen beide auf dem Boden und rangelten fröhlich und unter dem Jubeln der anderen beiden Kinder.
    Eine Zwergin mittleren Alters kam zu der Gruppe und brachte etwas mit, das die Königin zuerst nicht erkannte, doch dann sah sie, dass es sich um Puddingtaschen handelte. Die Kinder freuten sich, und in diesem Moment wünschte sich die Herrscherin nichts sehnlicher, als hinunter zu den Kindern zu gehen, mit ihnen herumzutollen und ihnen zuzusehen, wie sie mit großen Augen die Puddingtaschen verschlangen. Manchmal wollte sie sich einfach einen alten Mantel überziehen und sich unentdeckt unter das Volk mischen, das sie regierte. Gerade jetzt fiel ihr auf, dass sie den Palast seit fast fünfundzwanzig Jahren nicht mehr verlassen hatte.
    Es klopfte an ihrer Tür. Sie drehte sich um und forderte den Anklopfenden auf, einzutreten. Ihr Beauftragter für Handel und Künste betrat den Saal: „Herrscherin, Händler von fern bieten uns ihre Werke an. Eure Anwesenheit ist erforderlich.“
    Maui regte sich nicht. Irritiert wiederholte der Beauftragte sein Anliegen, doch Maui wandte sich ab: „Dies ist nicht die Zeit der Künste. Dies

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