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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Geheimnis
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Vorzimmer förmlich.
    »Wir möchten zu Ihrem Chef.«
    Roswitha Müller hatte in ihrem bisherigen Berufsleben eine Art sechsten Sinn für die Stimmungen ihrer Vorgesetzten und deren Besucher entwickelt. Und dieser Sinn signalisierte ihr, dass der Hauptkommissar ziemlich ungehalten reagieren würde, wenn sie ihn wie bei seinem letzten Besuch hinzuhalten versuchte.
    »Selbstverständlich. Ich melde Sie bei Herrn Doktor Lorsow an.« Die Sekretärin verschwand im Nebenzimmer, kehrte kurze Zeit später zurück und gab den Weg frei. »Bitte sehr.«
    Brischinsky und Baumann betraten das Büro des Geschäftsführers, der sich erhob und den beiden Beamten entgegenkam.
    »Morgen, meine Herren. Was kann ich für Sie tun?« Lorsow machte eine einladende Handbewegung in Richtung Sitzgruppe. »Nehmen Sie doch Platz.«
    Baumann musterte ungeniert Lorsows Gesicht und wartete auf das Blinzeln.
     
    Hauptkommissar Brischinsky zückte sein Notizbuch und blätterte umständlich darin. Dann begann er das Verhör. »Herr Doktor Lorsow, wie Sie uns gesagt haben, wurde Ihnen Ihr Mercedes am Dienstag letzter Woche in Bochum gestohlen.
    Das ist doch richtig, oder?«
    »Ja, natürlich«, bestätigte Lorsow.
    Da, es zuckte. Baumann zählte in Gedanken mit.
    Einundzwanzig, zweiundzwanzig…
    »Kennen Sie den Kilometerstand Ihres Wagens?«
    »Nicht genau. Das müssten so etwa 58.500 gewesen sein.«
    … fünfundzwanzig… Da war es wieder!
    »Dann«, schaltete sich Baumann ein, »ist der Dieb mit dem Fahrzeug nicht weit gefahren. Ihr Benz hatte genau 58.611
    Kilometer auf dem Tacho.«
    »Woher wissen Sie…?«
    Der Hauptkommissar antwortete nicht. »Sie haben uns außerdem gesagt, dass es für Ihren Wagen lediglich die zwei Schlüssel gibt, die Sie uns gezeigt haben. Das stimmt auch, nicht wahr?«, wollte Brischinsky wissen.
    »Ja, klar. Aber ich weiß nicht…«
    »Wir haben Ihren Wagen gefunden, Herr Doktor Lorsow«, sekundierte Baumann. »Im Rhein-Herne-Kanal.«
    »Ach?«
    »Unsere Ermittlungen haben ergeben, dass mit Ihrem Wagen Georg Pawlitsch überfahren wurde«, setzte Brischinsky fort.
    »Das steht zweifelsfrei fest.«
    »Bedauerlich, wirklich sehr bedauerlich.«
    »Stimmt.« Brischinsky sah Lorsow aufmerksam an. »Vor allem für das Opfer.«
    »Ja, der arme Mann.« Lorsow wirkte betrübt.
    »Wissen Sie, was seltsam ist, Herr Doktor Lorsow?« Der Hauptkommissar beugte sich etwas vor. »Ihr Wagen wurde nicht gewaltsam geöffnet.«
     
    »Wurde nicht aufgebrochen?« Lorsow dachte einen Moment nach. »Aber ich hatte ihn doch abgeschlossen… Ich bin mir da ganz sicher. Klar, jetzt verstehe ich. Die Zentralverriegelung.
    Mit Druckluft. Ich habe kürzlich einen Artikel in einer Zeitschrift gelesen, da hat…«
    »Nein, Herr Lorsow. Das war nicht nötig.«
    »Nicht nötig? Aber wie hat der Dieb dann…?«
    »Mit einem Schlüssel, Herr Lorsow. Der Dieb hatte einen Schlüssel. Wir haben uns beim Kundendienst von Mercedes erkundigt. Ein Nachschlüssel wird nur dann ausgegeben, wenn die beim Verkauf des Wagens übergebene Schlüsselnummer vorliegt. Sie haben Ihren Wagen hier in Recklinghausen bei der Firma Lueg gekauft. Und sich vor etwa sieben Monaten einen Nachschlüssel machen lassen. Das behauptet zumindest der Computer der Firma. Warum haben Sie uns das nicht letzte Woche gesagt? Können Sie uns das erklären?« Brischinsky lehnte sich zurück.
    Der Geschäftsführer lief im Gesicht leicht rot an. Feine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Das Zucken wurde heftiger. Alle vier Sekunden schloss sich das Lid. Mit der rechten Hand lockerte Lorsow etwas den Knoten seines Seidenbinders. Dann stotterte er: »Ein… ein Nachschlüssel. Ja, sicher. Der Nachschlüssel. Das hatte ich glatt… äh…
    vergessen. Ja, also… Das war so…« Lorsow schluckte heftig.
    Sein Adamsapfel hüpfte aufgeregt nach oben und unten.
    »Ja?« Brischinsky schaute sein Gegenüber fordernd an.
    Lorsow atmete tief ein. Dann hatte er seine Souveränität wiedergefunden. »Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich Ihnen gesagt, dass ich häufiger meinen Wagenschlüssel verlegt habe. Das war auch damals der Fall gewesen. Ich konnte das Ding beim besten Willen nicht mehr finden. Da ich aber mit nur einem Schlüssel nicht auskommen wollte – meine Vergesslichkeit, Sie verstehen –, habe ich einen neuen Schlüssel machen lassen. Ein oder zwei Wochen später ist dann der verloren geglaubte Schlüssel wieder aufgetaucht. In einer Manteltasche. Da hatte ich dann

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