Zweyer, Jan - Rainer
drei.«
»Und wo ist dieser Schlüssel jetzt?«, wollte Kommissar Baumann wissen.
»Ja, wo ist der jetzt?«, sinnierte Lorsow. »Da müsste ich Frau Müller fragen. Vielleicht weiß sie…« Er griff zum Telefon, das neben ihm auf einem Beistelltisch stand. »Kommen Sie mal bitte…«
Sekunden später betrat die Chefsekretärin das Zimmer.
»Frau Müller, vor etwa einem halben Jahr habe ich einen Nachschlüssel für den Mercedes machen lassen. Erinnern Sie sich?«
Roswitha Müller nickte.
»Später habe ich dann den zunächst vermissten Schlüssel wieder gefunden. Wissen Sie, wo ich den hingetan habe?«
Die Sekretärin dachte kurz nach und sagte dann:
»Selbstverständlich.«
Dann ging sie, jeder Zoll eine Chefsekretärin, die sich ihrer Unersetzbarkeit bewusst war, zu dem Schrank, der die ganze linke Wand einnahm, öffnete eine der Türen und zog eine Schublade auf.
»Der Schlüssel ist…« Sie begann, in der Schublade zu suchen. »Das verstehe ich nicht, ich habe den Schlüssel doch hier…« Roswitha Müller öffnete eine weitere Schublade. Und dann noch eine. »Er muss aber doch hier sein…« Ihre Stimme zitterte ein wenig. »Ist der nicht… ist der nicht am Bund mit den anderen zwei?«
Ihr Chef schüttelte wortlos den Kopf.
Der Habitus einer durch nichts zu erschütternden Chefsekretärin schwand und wich einer zunehmenden Verunsicherung. Roswitha Müller durchwühlte noch einige Minuten unter ständigen Entschuldigungen den Schrank, bis sie sich schließlich mit hochrotem Kopf an ihren Vorgesetzten wandte. »Tut mir Leid, Herr Doktor Lorsow, ich kann mir das nicht erklären. Der Schlüssel müsste hier sein, ich kann ihn aber nicht finden. Ich werde später noch einmal alles durchsuchen.«
Lorsow nickte wortlos und seine Mitarbeiterin wollte gerade das Büro verlassen, als Baumann nach einem kurzen Blickwechsel mit Brischinsky aufstand, eine Fotografie aus der Seitentasche seines Jacketts zog und sie der überraschten Sekretärin hinhielt. »Kennen Sie diesen Mann?« Roswitha Müller warf einen flüchtigen Blick auf das Bild. »Nein, nie gesehen.«
»Sind Sie sicher? Sehen Sie sich das Foto ruhig etwas genauer an.«
Die Sekretärin griff nach dem Bild und schüttelte dann den Kopf. »Nein. Diesen Mann kenne ich nicht.«
Lorsow sah verwundert auf den Kommissar, dann auf seine Sekretärin, die ihn fast flehentlich ansah, was Brischinsky nicht verborgen blieb. Baumann steckte das Bild wieder ein.
»Danke. Wir brauchen Sie nicht mehr.«
Verlegen ging Roswitha Müller aus dem Büro.
»Tja, Herr Lorsow«, begann Brischinsky wieder, »es wäre schön, wenn Sie uns den Schlüssel doch noch präsentieren könnten. Das würde für Sie einiges vereinfachen. Sagen Sie, hat außer Ihnen und Ihrer Sekretärin noch jemand Zugang zu diesen Büros?«
»Sie meinen, wenn ich nicht anwesend bin?« Lorsow schüttelte heftig den Kopf. Es zuckte im Sekundenrhythmus.
»Nein, natürlich nicht.«
»War Frau Müller vielleicht krank? Oder hatte sie Urlaub?
Gibt es für diesen Fall eine Vertretung? Was ist mit einer Putzfrau?« Baumann wartete ungeduldig auf eine Antwort.
»Nein, Frau Müller war nicht krank. Nicht in diesem Jahr.
Und ihr Urlaub…? Warten Sie, der war schon im April oder Mai, wenn ich mich recht erinnere. Jedenfalls vor der Sache mit dem Schlüssel.«
»Sind Sie sicher?«
»Ja. Aber das lässt sich schnell nachprüfen. Ich muss nur Frau Müller…«
»Nein, lassen Sie.« Brischinsky winkte ab. »Wir fragen sie später. Was ist mit einer Putzfrau?«
»Natürlich wird hier sauber gemacht. Aber wer das ist… Da bin ich überfragt. Die Putzfrau kommt in den Abendstunden.
Eines ist aber sicher: Die Schränke sind um diese Zeit verschlossen. Frau Müller verlässt im Allgemeinen nach mir das Büro, verschließt die Schränke und nimmt einen Zentralschlüssel mit nach Hause. Sie ist morgens immer vor mir im Dienst und schließt dann alles wieder auf.«
»Engagierte Frau, Ihre Sekretärin«, bemerkte Baumann.
»Das ist sie. Sie wird aber auch gut dafür bezahlt.«
Kommissar Baumann widerstand der Versuchung, die Höhe des Chefsekretärinnensalärs zu erfragen. Er hatte die Vermutung, dass er dann die monatlichen Überweisungen seines Dienstherren auf sein Konto nur noch mit Tränen in den Augen würde zur Kenntnis nehmen können. Und diese Tränen wären sicher keine Freudentränen.
Der Hauptkommissar stand auf. »Herr Doktor Lorsow, das wäre es dann schon. Zunächst«, setzte er viel
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