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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Geheimnis
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fortschwimmen. Ihm musste etwas einfallen, und zwar schnell. Hastig sagte er: »Frau Schlüter, wir haben uns eben im Polizeipräsidium gesehen. Ich war gerade im Büro von Hauptkommissar Brischinsky, als Sie gekommen sind.«
    »Sie waren das.« Das war eine Feststellung.
    »Ja.« Jetzt angreifen: »Sagen Sie, es ist gleich eins. Hätten Sie nicht Lust, mit mir essen zu gehen?« Rainers Herz schlug bis zum Hals. Es gibt Momente im Leben, in denen entscheidet sich die Zukunft. Entweder man bleibt Karl Arsch bis zum Ende aller Tage oder man knackt den Jackpot. Sekt oder Selters.
    Elke Schlüter schwieg. Anscheinend dachte sie nach. Nun sag schon ja, schrie Rainer in Gedanken. Sag ja, verdammt noch mal.
    »Sie haben Recht. Gleich eins. Essenszeit. Gut. Warum eigentlich nicht. Holen Sie mich ab?«
    Sekt. Ach was, Sekt – Champagner! »Klar. Ich warte vor Ihrer Praxis.«
    Rainer jubilierte. Dann erinnerte er sich an Uwes Worte und warf einen Blick in seine Geldbörse. Gähnende Leere.
    Kein Grund zur Besorgnis. Nur ruhig bleiben, dachte er. Die EC-Karte.
    Er zog seine Brieftasche heraus und begann eine hektische Suche. Die EC-Karte! Wo, verdammt, ist die Scheißkarte? O
    nein! Nacktes Entsetzen packte Rainer. Kein Geld, keine Karte. Und er hatte gerade die Tochter des Vorsitzenden der Recklinghäuser Anwaltskammer und Erbin der Kanzlei Schlüter und Partner zum Essen eingeladen.
    Hektisch durchwühlte er die Fächer seines Ledermäppchens.
    Dann atmete er erleichtert auf: Zwei Blaue und ein Brauner hatten sich zwischen Führerschein und Personalausweis versteckt. Zweihundertfünfzig würden ja wohl reichen!
    Elke Schlüter trat aus der Tür der Villa. Rainer ging auf sie zu. Sein Herz hing knapp unter seinen Kniekehlen. »Das ist schön, dass Sie gekommen sind«, begrüßte er seine Kollegin.
    Sie lächelte ihn an. »Ich habe wirklich Hunger. Danke für die Einladung.«
    Sie sah traumhaft aus. Er musterte sie genauer: klassische Gesichtsform, fast griechisch. Mit einem Hauch von Orient.
    Und dann ihre Augen! Das Schönste an ihr waren eindeutig die Augen. Tiefbraun, groß, unergründlich. Mit fast schwarzen Brauen. Esch versank in diesen Augen, ertrank darin.
    »Griechisch?«, fragte er mit einem Kloß im Hals.
    »Italienisch?«
    »Zum Italiener. Nehmen wir den hinter C&A?« Rainer schluckte. Italienisch. Drei Vorspeisen, zwei Hauptgerichte.
    Dazu Wein. Dann Espresso und einen Absacker. Einhundert pro Person. Mindestens. Hoffentlich reichte die Knete!
    Der Kellner kam: »Prego?«
    Elke Schlüter griff zur Karte: »Nehme ich eine Pizza? Ich bin unschlüssig. Was essen Sie?«
    Auch Rainer war unschlüssig. Das lag aber mehr an seiner unsicheren finanziellen Lage. »Äh… Pizza wär nicht schlecht…«
    Der Kellner schaltete sich ein. »Wenn ich den Herrschaften etwas empfehlen dürfte…?«
    »Bitte«, antwortete die Anwältin.
    »Vielleicht einige Crostini alla Toscana zu Beginn und dann ein vorzügliches Carpaccio von der Rinderlende?«
    »Hört sich gut an. Was meinen Sie?«
    Rainer nickte ergeben mit dem Kopf.
     
    »Sehr wohl. Und dann Pappardelle alla Lepre? Oder Spaghetti alle Vongole?«
    Esch schluckte.
    »Die Bandnudeln für mich«, sagte Elke Schlüter.
    »Ich schließe mich an.«
    »Abschließend vielleicht Triglie al Forno? Die Meerbarben sind ganz frisch. Oder Sogliola alla Fiorentina? Auch unsere Seezunge ist ausgezeichnet.«
    »Ich nehme die Meerbarbe. Und Sie?«
    »Ich auch.« Das Essen war sein Ruin. Wenn der Kerl nicht bald aufhörte, die Speisen herunterzubeten, würde Rainer mindestens ein Jahr Teller spülen müssen.
    »Haben Sie einen Vernaccia di San Gimignano?«, fragte Elke Schlüter.
    »Selbstverständlich. Aber nicht offen. Sie müssten dann schon eine Flasche…«
    Auch das noch!
    »Ach, eine Flasche schaffen wir schon, oder?«
    Das war nicht Rainers Problem, das bestimmt nicht.
    »Sehr wohl. Und als Dessert vielleicht…«
    »Für mich kein Dessert, danke«, warf Rainer hastig ein.
    »Ich entscheide mich später. Vielleicht bleibt es auch nur bei einem Espresso.« Elke Schlüter lächelte Rainer freundlich an.
    »Espresso, sicher.« Vielleicht noch einen Grappa, der ein mittleres Vermögen kosten dürfte.
    Und als ob sie Gedanken lesen könnte, sagte Elke Schlüter:
    »Auf jeden Fall aber noch einen Grappa.«
    Der Kellner schoss ab. Mit einem überaus zufriedenen Gesichtsausdruck, fand Rainer. Das wunderte ihn nicht. Wenn diese Bestellung bezahlt wäre, würde der Inhaber das Lokal

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