Zweyer, Jan - Rainer
genau, dass ich diesen Namen schon gehört habe. Von Rabenstein.« Brischinsky überlegte angestrengt und verdrehte die Augen. »Ich werde alt.«
Er wechselte das Thema: »Was ist mit dem Fall Störmer? Die Genanalyse des Blutes von dem Glassplitter…«
»Liegt vor. Wenn wir einen oder mehrere Verdächtige haben, sagen uns die Weißkittel schnell, ob einer davon in der Wohnung war.«
»Was Neues nach der Befragung der Hausbewohner?«
»Fehlanzeige.«
»Und die Putze, die… die…«
»Hilde Ritter. Nein, ihre Aussage stimmt. Wir haben alles überprüft.«
»Die Waffe?«
»Auch nichts.«
»Was ist mit den Angehörigen?«
»Sie haben die Wertsachen in der Wohnung inspiziert.
Soweit sie es sagen können, ist nichts gestohlen worden.«
»Hm. Kommen sie als Täter in Frage?«
»Nein, absolut nicht! Zum einen waren sie nachweislich zur Tatzeit in Stuttgart auf einer Feier, zum anderen gibt es absolut kein Motiv. Keine größeren Geldbeträge zu erben, keine Immobilien, nichts. Außerdem habe ich zwar schon davon gehört, dass Kinder ihre Eltern und Eltern ihre Kinder umbringen, aber dass es Mörder gibt, die ihre Kinder und ihre Eltern umbringen, wäre wahrscheinlich ein Novum in der deutschen Kriminalgeschichte.«
»Hast ja Recht. Sonst was?«
»Ja. Wir haben Fingerabdrücke identifiziert, die weder von Störmers noch von der Putzfrau stammen. Unsere Datenbank meldet Fehlanzeige bei den anderen Abdrücken. Die Textilspuren stammen fast alle von Störmers. Mit einer Ausnahme. Auf einem Sessel fanden sich graue Baumwollfasern, die wir nicht zuordnen können. Die Schmutzpartikel auf dem Teppichboden finden sich zum größten Teil auch an den Schuhen der Opfer. Die, die nicht, bestehen aus einem Sand-Lehm-Gemisch.«
»Na toll. Bringt uns ja einen Riesenschritt weiter.«
Hauptkommissar Rüdiger Brischinsky lief wie ein unter Hospitalismus leidender Tiger in dem Büro auf und ab und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Plötzlich blieb er stehen. »Ich fahre zu dem Anwalt, dem Schlüter. Der muss doch mehr über die Firma LoBauTech wissen, als in dem Wisch hier steht.« Er wedelte mit dem Handelsregisterauszug.
»Und du machst einen Termin mit den Steinkes. Vater und Sohn. Ich will die morgen hier sehen.«
»Morgen ist Samstag«, warf Baumann vorsichtig ein.
»Dann Montag«, rief Brischinsky im Hinausgehen.
Baumann atmete durch. Das Wochenende war gerettet.
Eine pflichteifrige Anwaltsgehilfin der Kanzlei Schlüter und Partner versuchte drei Minuten lang, Brischinsky aufzuhalten.
Dann ließ der Hauptkommissar die protestierende Angestellte stehen und stürmte in das Büro des Anwalts und Notars Hans-Joachim Schlüter.
Der Mann saß an seinem Schreibtisch, über Schriftstücke gebeugt, und sah überrascht über seiner Lesebrille hoch. »Herr Hauptkommissar! Etwas überraschend Ihr Besuch.« Schlüter nahm die Brille ab und stand auf. »Bitte.« Der Notar zeigte auf eine Sitzgruppe im Bauhausstil.
Brischinsky ließ sich in einen der schwarzen Ledersessel fallen. »Herr Schlüter, Sie sind doch der Firmenanwalt von LoBauTech, nicht wahr?«
»Ja. Und der Anwalt der Familie Lorsow.«
»Ich habe eine Frage zum Unternehmen. In der Zeitung habe ich gelesen, dass LoBauTech in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Stimmt das?«
Schlüter lehnte sich zurück. »Schwierigkeiten ist übertrieben.
LoBauTech hat unter den Absatzverlusten im Bergbau gelitten und ist jetzt dabei, das Unternehmen neu zu positionieren, neue Absatzmärkte zu erschließen. Das geht nicht von heute auf morgen. Das erfordert Zeit und überlegtes Handeln. Das Management des Unternehmens wird die erforderlichen Schritte in Kürze einleiten, so viel kann ich Ihnen sagen.«
»Die Belegschaft scheint anderer Ansicht zu sein.«
»Ach was. Die Leute wurden durch einige Scharfmacher aufgehetzt. Aber das ist jetzt vorbei. Sogar der Betriebsrat hat mittlerweile erkannt, dass es besser ist, die Geschäftsführung in Ruhe ihre Arbeit tun zu lassen.«
»Tatsächlich?« Brischinsky erinnerte sich an den Auftritt des Betriebsratsvorsitzenden und meldete gedanklich Zweifel an.
»Ja.«
»Sagen Sie, Herr Schlüter, wem gehört eigentlich LoBauTech?«
Wenn sein Gegenüber durch die unerwartete Frage aus der Fassung geraten war, ließ er es sich nicht anmerken. »Ich wüsste beim besten Willen nicht, was Sie das angeht«, antwortete er kühl.
Brischinsky ärgerte sich. Es hätte ihm klar sein müssen, dass ein erfahrener Anwalt, der viele
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