Zweyer, Jan - Rainer Esch 01
Runden, und Ihr Bruder hat ja selbst drei mitgemacht, erhalten die Initiatoren alleine an Provision 350.000 DM. Hinzu kommen noch die Gelder, die angeblich in die Firmen fließen. Das sind, einen Moment«, er rechnete erneut, »fast 1,3 Millionen Mark. Zusammen also mehr als eineinhalb Millionen.«
»Mann.« Rainer Esch war wirklich verblüfft. Der junge Türke stieg gewaltig in seinem Ansehen. Für ihn war jede Zahl, die größer war als sein verfügbares Monatseinkommen, nur schwer vorstellbar. Und es gab Monate, da tendierte sein Einkommen gegen Null, von der negativen Zahlenskala aus betrachtet.
»Und deshalb hätte Ihr Bruder eher darauf kommen müssen.
Leider. Take off ist zweifellos Betrug.«
Cengiz schwieg. Stefanie kippte den Rest des Brandys herunter und reichte Rainer wortlos das Glas. Esch schnappte sich auch einen Schwenker, füllte beide und erinnerte sich rechtzeitig daran, daß sie nicht alleine waren. »Auch was?« Er blickte den Türken an.
Dieser nickte. Esch goß den Schnaps in ein drittes Glas und reichte es dem Gast. Sie sahen sich stumm an. Stefanie brach das Schweigen.
»Wie wär’s, wenn wir das blöde Sie weglassen? Ich heiße Stefanie. Das ist Rainer.«
»Und ich bin Cengiz.«
Nach der ersten gemeinsamen Runde verzichtete Rainer ganz entgegen seinen Gewohnheiten auf ein weiteres Glas Alkoholisches. Zu seiner Überraschung forderte seine Partnerin weiteren Nachschub, so daß ihm nichts anderes übrigblieb, als auch Cengiz Brandy nachzugießen. Nach dem dritten Glas war Stefanies Stimme nicht mehr ganz klar.
»Irgendwie hab ich das blöde Gefühl, was tun zu müssen«, nuschelte sie.
»Was willst du denn tun?« fragte Rainer.
»Weiß nicht genau, irgendwas«, antwortete sie. »Wir können doch jetzt nicht einfach so weitermachen wie bisher.«
»Na gut. Dein Bruder hat sich von einem angeblichen Kumpel belabern lassen und sich an der ganzen Scheiße beteiligt. Später hat er dann ein schlechtes Gewissen bekommen, den Brief geschrieben und dann…« Rainer sprach seinen Gedanken nicht aus. »Aber wir können doch auch nichts mehr ändern. Klaus ist tot, und die von Take off Geschädigten sind ihr Geld lös. Was willst du denn da noch machen?«
»Weiß ich eben nicht. Aber irgendwas muß man doch machen. Irgendwas«, maulte sie.
»Ich finde, sie hat recht«, schaltete sich Cengiz ein.
»Stefanies Bruder hat doch auch davon gesprochen, seine Schuld wiedergutmachen zu wollen.«
»Was? Seid ihr beide denn noch ganz dicht? Erklärt mir mal, was ihr überhaupt machen wollt? Die Knete zurückzahlen vielleicht? An wen den? Und von was denn?« Esch dachte mit Schrecken an das für den Urlaub angesparte Geld. »Und selbst Anzeige erstatten ist nicht so einfach. Wir sind nicht geschädigt. Die Staatsanwaltschaft muß schon der Auffassung sein, daß es sich nicht um ein Antragsdelikt, sondern ein Offizialdelikt handelt. Und selbst wenn die ermitteln… Bis die was rauskriegen, haben die Hintermänner längst Wind von der Sache bekommen und sind über alle Berge. Bitte, bleibt mal auf dem Teppich.«
»Wenn ich allerdings Geschädigter wäre…« sinnierte Cengiz.
»Entschuldigung, wir kennen uns zwar noch nicht sehr lange, aber bist du blöd? Willst du da einsteigen, bloß um Anzeige erstatten zu können? Du hast wohl zu lange im anatolischen Bergland Schafe gezählt. Du hast es doch gehört. Zweitausend Mäuse mußt du für den Spaß auf den Tisch legen. Und für was?«
»Dafür, daß Klaus nicht umsonst gestorben ist.« Stefanie unterbrach den Redeschwall ihres Freundes. »Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist das ja wirklich totaler Quatsch.«
»Worauf du dich verlassen kannst«, bestätigte Esch.
»Aber für mich hat das eine andere Bedeutung«, unterbrach ihn Stefanie. »Da geht es um mehr als Geld. Ich glaube, Klaus hätte das so gewollt.«
»Oh Herr, laß Hirn regnen. Ich wußte gar nicht, daß drei Brandys so eine Wirkung haben können. Bei mir funktioniert das nie.«
»Die Macht der Gewohnheit. Aber du brauchst uns jetzt nicht für volltrunken zu erklären, Rainer. Du kannst ja gerne morgen Anzeige erstatten. Mir reicht das aber nicht. Und wenn du nicht mitmachst, hilft mir bestimmt Cengiz, oder?«
Sie warf ihrem Verbündeten, der die Frage mit einem Nicken bejahte, einen Blick zu, der Esch überhaupt nicht gefiel. Er schnappte sich seinen Schwenker, goß Veterano nach, dachte kurz an seinen Dispositionskredit und die nette Bankangestellte, an die Rücklagen für den
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