Zweyer, Jan - Rainer Esch 02
Beschäftigte.«
»Und hat EXIMCO nur Zeug aus dem Bergbau verhökert?«
»Nee, alles Mögliche. Alte LKW der früheren Nationalen Volksarmee aus heutigen Bundesbeständen nach Bulgarien, militärisches Ausrüstungsmaterial an die Rumänen…«
»Waffen?«, unterbrach sie Esch.
»Nicht, dass ich wüsste. Mehr so Baugeräte, Zementmischmaschinen und so. Auch Essbestecke und Ferngläser. Einfach alles, wofür wir Abnehmer gefunden haben.«
»Und die kommen alle aus Osteuropa?«
»Überwiegend. Unsere Geschäftsführung hat ja alte Kontakte dorthin.« Carola Hankel zögerte. »Verbindungen aus der DDR-Zeit.«
»Was für Verbindungen denn?«
»Grohlers und Rallinski waren früher hohe Tiere im Außenhandelsministerium. Rallinski saß da als Leiter der Planungsabteilung, Grohlers war Mitarbeiter im selben Laden, bis er zur EXIMCO kam. So hab ich es zumindest von den Kolleginnen gehört, die von Anfang an dabei sind.«
»Versteh ich Sie richtig?«, fragte Esch überrascht. »Rallinski war früher der Chef von Grohlers und ist heute sein Stellvertreter?«
»Ja, genau.«
»Find ich aber seltsam.«
»Finden wir auch seltsam«, erwiderte die Sekretärin. »Aber gefragt hat keiner. Hatte ja jeder Angst um seinen Arbeitsplatz.
Jedenfalls«, schränkte sie sofort ein, »von uns Schreibkräften.
Wir sind ja, besser: waren die kleinsten Lichter bei EXIMCO.
Die was zu sagen hatten, kennen sich von früher. Da ist es besser, man hält den Mund.«
»Dann ist an den Zeitungsspekulationen, dass Grohlers zur Stasi gehörte, also was dran?«
Carola Hankel gab keine Antwort.
»Wenn Grohlers zur Stasi gehörte«, dachte Esch laut nach,
»dann ist es doch mehr als wahrscheinlich, dass auch Rallinski als sein Vorgesetzter…«
»Ob Grohlers Stasi-Mann war, weiß ich nicht. Und es muss auch nicht so sein, dass Rallinski was davon wusste, wenn Grohlers tatsächlich dazu gehört hat. Aber beide waren in der SED. Und keine Karteileichen, sondern verdiente Genossen.«
»War Grohlers eigentlich in der Zeit vor seiner Ermordung irgendwie anders als sonst?«
»Das hat mich die Polizei auch schon gefragt. Nee, eigentlich nicht. Er wollte an dem Tag nach Dresden, ich habe ihm den Mietwagen bestellt, weil sein Wagen in der Werkstatt war.
Was er dann in Recklinghausen wollte, weiß ich nicht. Er hat das mit keinem Wort erwähnt.«
Die Kellnerin brachte den Kaffee und den Brandy. Rainer zündete sich eine Zigarette an. Carola Hankel lehnte dankend ab. Als die Bedienung den Tisch wieder verlassen hatte, fragte Esch: »Was glauben Sie, stimmt das, was da noch in der Bild stand, das mit der KoKo?«
»Der Kommerziellen Koordinierung? Weiß ich wirklich nicht genau. Manches bei uns war schon etwas merkwürdig. Und die Polizei hat auch mal Grohlers und Rallinski vernommen. Das ist aber schon Jahre her. Da war irgendwas mit einem Ermittlungsverfahren, das ist aber wohl im Sand verlaufen, ich habe jedenfalls nichts mehr davon gehört.«
»Was war denn so merkwürdig bei EXIMCO?« Esch war neugierig.
»Na ja, bestimmte Telefonate liefen nicht über mich, sondern die Herren der Geschäftsführung wählten die Nummern selbst.
Und auch bei den eingehenden Gesprächen, das war schon seltsam. Da rief zum Beispiel häufiger ein Mann namens Lopitz von der BvS an…«
»BvS?« Mit der Abkürzung konnte Esch nichts anfangen.
»Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben.
Die Nachfolgebehörde der Treuhand«, erklärte Carola Hankel.
»Ach so. Und?«
»Eine Freundin von mir arbeitete bei der BvS. Im Telefonverzeichnis der Hauptverwaltung ist der Name Lopitz nicht aufgeführt. Auch nicht in denen der Niederlassungen.«
»Wirklich eigenartig.«
»Sag ich ja. Und dann der Tick von Rallinski mit seinen Akten.«
»Was für Akten?«
»Rallinski hat eine Aktentasche, da packt er abends, wenn er Feierabend macht, Akten aus seinem Tresor rein und nimmt sie mit nach Hause. Morgens bringt er sie wieder mit.«
»Es soll ja vorkommen, dass auch Geschäftsführer sich Arbeit mitnehmen. Was ist daran so ungewöhnlich?«
»Dass es immer dieselben Akten sind. Zumindest sehen sie so aus, der Farbe nach zu urteilen, wissen Sie. Irgendwann müsste er die doch bearbeitet haben.«
»Vielleicht schreibt er einen Roman«, scherzte Esch. »Nicht so ernst gemeint«, räumte er ein, als er ihren leicht verunsicherten Gesichtsausdruck sah. Ihm kam ein Gedanke.
»Wie alt ist eigentlich dieser Rallinski?«
»So Ende fünfzig.«
»Und wie
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