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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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»Sven is nich da. Und seine Mutter sucht ihn.«
    »Wo ist Sven denn?«
    »Dat darf ich nich sagen. Dat is geheim!« Flinker Falke sah sich um, so als ob er die Straße absuchen würde. Dann stellte er sich auf Zehenspitzen und bedeutete Rainer, sich zu ihm herunterzubeugen. »Schwarze Feder wird verfolgt«, flüsterte der Späher todernst. »Der muss sich verstecken. Sons wird der alle gemacht.«
    Esch musste unwillkürlich schmunzeln. »Verstehe. Vor wem versteckt er sich denn?«
    Der Kleine senkte seine Stimme noch weiter. »Vor dem Fettsack aus der Leusbergstraße.«
    Der Anwalt dachte einen Moment nach. »Vor Mühlenkamp?«, fragte er dann verwundert.
    Flinker Falke nickte. »Der will den Sven alle machen«, wiederholte er.
    »Warum denn das?«
    Der Junge schüttelte nur den Kopf. »Dat muss geheim bleiben.«
    »Die Bücher hier sind von Horst Mühlenkamp. Sein Erbe sozusagen. Er hat mich beauftragt, Sven die Romane zu bringen. Aber das geht natürlich nur persönlich. Ich kann das Geschenk doch nicht einfach bei seiner Mutter abliefern.«
    »Die is ja sowieso nich da.«
    »Genau. Deshalb wäre es toll, wenn du mir sagen könntest, wo ich deinen Häuptling finden kann.«
    Flinker Falke wartete etwas. »Fahren wir im Cabrio?«, fragte er dann.
    »Wenn du willst.«
    Der Junge nickte. Dann reichte er Rainer die Hand. »Du musst aber versprechen, Mühlenkamp das Versteck nich zu verraten.«
    »Mein Ehrenwort.«
    Der Junge dirigierte Rainer erst in Richtung Innenstadt, dann auf die Autobahn nach Oberhausen, an der Abfahrt Herten zurück und schließlich wieder über die Bochumer Straße nach Recklinghausen-Süd. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt erreichten sie die Uferstraße, die knapp hundert Meter vom Wohnhaus der Gröners entfernt lag.
    »Bist du jetzt zufrieden?«, fragte Rainer seinen Begleiter, als sie am Ende der Straße ausstiegen.
    »Echte Sahne so ‘n Cabrio«, bekam er zur Antwort.
    »Und jetzt?«
    »Gezz isset nich mehr weit.«
    »Na toll.«
    Sie ließen die Emscherstraße links liegen und gingen auf dem kleinen Weg in die Felder. Nach etwa hundert Metern schlug sich Flinker Falke nach rechts ins Unterholz, Richtung kanalisierte Emscher. Der Anwalt kämpfte sich durch Gebüsch und tief hängende Zweige, bis sie einen kleinen Baum passierten, in dessen Geäst in vielleicht zwei Meter Höhe ein mit Pfeil und Bogen bewaffneter Junge hockte.
    »Parole?«, rief der Wächter von oben.
    »Kriegspfad«, antwortete Rainers Begleiter, schob die Zweige eines Busches zur Seite und winkte Rainer, ihm zu folgen. Nach wenigen Schritten hatten sie das Lager des Indianerstammes erreicht. Fünf, sechs Jungen erwarteten sie.
    Einige hielten ihre Bogen bereit, andere trugen dünne Rohre aus Aluminium, die Rainer an Sanitärzubehörteile erinnerten.
    »Dat is ‘n Freund von Horst«, stellte Flinker Falke Rainer vor. »Der hat ‘n Geschenk für ‘n Häuptling.«
    Ein blonder Junge von vielleicht elf, zwölf Jahren erhob sich von einem Baumstumpf, der ihm als Sitzgelegenheit gedient hatte. »Ich bin Schwarze Feder. Wat für ‘n Geschenk?«
    »Indianerromane«, erwiderte Esch.
    »Die von Karl May?« Svens Augen leuchteten.
    »Ja. Horst hat sie mir für dich gegeben.«
    »Horst ist tot.« Seine Stimme klang traurig.
    »Genau genommen habe ich sie von Sabine Schollweg.«
    »Der Freundin?«
     
    Rainer nickte bestätigend.
    »Horst hat mir manchmal daraus vorgelesen. Tolle Geschichten! Wo sind die Bücher?«
    »In meinem Wagen. Nicht weit von hier.«
    Flinker Falke meldete sich zu Wort. »Der hat ‘ne klasse Karre. MX 5. Mit Ledersitzen! Geil!«
    »Was sagen die Kundschafter?«, wandte sich der Häuptling an seinen Stamm.
    »Die Luft ist rein«, meinte ein etwa Zehnjähriger. »Der Fettkloß is nich da.«
    »Warum ist Mühlenkamp hinter dir her?«, erkundigte sich Rainer, als sie, beschützt von mehreren Kriegern, zu seinem Fahrzeug unterwegs waren.
    »Ach, dat is ‘ne lange Geschichte.«
    »Erzähl sie mir«, forderte der Anwalt. Doch der Häuptling verfiel in indianisches Schweigen. Sie erreichten den Mazda und Rainer öffnete die Beifahrertür. »Steig ein. Ich bringe dich nach Hause und helfe dir, die Bücher in eure Wohnung zu schaffen.«
    »Nee, nich nach Hause.« Svens Stimme klang verängstigt.
    »Der wartet da bestimmt auf mich.«
    »Wie wäre es dann mit einem Eis?«, schlug Rainer vor.
    Sven warf ihm einen dankbaren Blick zu. »Abba nich hier in Süd.«
    »Okay. Dann fahren wir nach Herne.«
    Eine große

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