Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
Vom Netzwerk:
Biotechnik engagiert hatten. Bis zum März 2000 hatte der Kommissar fasziniert und mit freudigem Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass sich sein Anlagevermögen fast verdreifacht hatte. Obwohl alle Welt von einer Kursblase sprach, die irgendwann platzen würde, kam ein Verkauf für Baumann nicht infrage. Die Spekulationsfrist war noch nicht abgelaufen und er war zu geizig gewesen, seinen steuerlichen Obolus an den Staat abzuführen. Also hatte er gewartet. Und dann hatte jemand mit einer Nadel in die Blase gepiekst… Pffft. Aber sein Geld war ja nicht verschwunden, sondern gehörte jetzt lediglich einem anderen. Trösten konnte ihn das nicht.
    »Ich kann verstehen, worauf Sie hinauswollen, Herr Kommissar«, sagte Klaus Lehmann. »Aber Ihre Annahme ist unbegründet. Selbstverständlich sind die Apotheke und das Haus in der Schulstraße versichert. Das Gebäude selbst war tatsächlich verschuldet. Zinszahlungen sind für uns Betriebsausgaben und damit steuerlich abzugsfähig. Wir wären schlechte Geschäftsleute, wenn wir anders gehandelt hätten.
    Die Versicherung wird uns natürlich entschädigen. Insofern ist die Zerstörung des Hauses ökonomisch kein Nachteil. Nur wissen wir nicht, wann wir unsere Tätigkeit wieder aufnehmen können. Und diese Verluste werden durch andere Versicherungen nur unzureichend abgedeckt. Unterm Strich werden wir Geld verlieren, das ist sicher. Wir werden zwar nicht am Hungertuch nagen müssen, aber…«
    Baumann schmunzelte verstohlen. Er konnte das Elend der beiden förmlich vor Augen sehen. Möglicherweise müssten Lehmanns sogar die Sammlung der Perry-Rhodan-Hefte verkaufen. Die Erstauflage! Ein schrecklicher Gedanke.
    »Unser Haus hier ist schuldenfrei. Schauen Sie ins Grundbuch.« Lehmann lehnte sich zurück.
    Brischinsky winkte müde ab. Er hatte keinen Grund, dem Apotheker nicht zu glauben. Trotzdem sah er kurz zu Baumann. Der verstand und machte sich eine Notiz. Sie würden die Angaben überprüfen.
    Lehmann griff erneut zur Zigarettenschachtel und erntete einen neidischen Blick des Hauptkommissars.
    »Gab es Ärger mit Nachbarn oder Kunden?«, setzte Brischinsky die Befragung fort.
    »Nein, eigentlich nicht.«
     
    »Eigentlich?«
    Maria Lehmann untersuchte schon seit einigen Minuten mit Hingabe ihre Fingernägel. Sie schien das Ganze nicht zu interessieren. Obwohl sie kaum etwas gesagt hatte, ging Baumann ihre Blasiertheit auf die Nerven.
    »Nennen Sie mir einen Einzelhändler, der nicht von Zeit zu Zeit unzufriedene Kunden hat. Da kommt die Oma und beschwert sich, weil ihr Blasentee nicht wirkt. Ein anderer gibt Dutzende von Euros für Grippemittel aus und liegt trotzdem flach…«
    »Mit Arzt dauert die Erkältung vierzehn Tage und ohne zwei Wochen«, zitierte Brischinsky den alten Kalauer.
    Lehmann nickte. »So ist es.«
    Der Hauptkommissar zauberte eine Kassette aus der Tasche.
    »Sie haben doch sicherlich einen Rekorder?«
    »Selbstverständlich. Aber warum…?«
    »Ich habe hier den Mitschnitt eines Anrufes, der bei der Feuerwache eingegangen ist. Vielleicht können Sie den Anrufer identifizieren.«
    Der Hauptkommissar reichte Lehmann das Band.
    Der stand auf. »Die Anlage steht nebenan.«
    Nach zwei Minuten kehrte er zurück, eine Fernbedienung in der Hand. Er richtete das Infrarotsignal auf die Bücherwand und Sekunden später erklang die Stimme des unbekannten Anrufers. Brischinsky musterte das Apothekerehepaar aufmerksam.
    »Nie gehört.« Maria Lehmann war anscheinend mit ihren Gedanken ganz woanders.
    »Ich schließe mich an«, meinte Lehmann und erhob sich wieder, um das Band zu holen. Als er zurückkehrte, blieb er im Türrahmen stehen. »Haben Sie sonst noch Fragen, meine Herren?«
    Die Beamten verabschiedeten sich und verließen die Villa.
     
    Im Wagen lehnte sich der Hauptkommissar zurück und schloss die Augen. Sein Fuß schmerzte höllisch.
     
    11
    Rainer Esch kämpfte tapfer und erfolglos gegen seinen Kater an und versuchte, sich auf den Schriftsatz in Sachen Krämke gegen Neukreuz-Apotheke zu konzentrieren. Es gelang ihm nicht. Fluchend knallte er das Mikrofon des Diktiergerätes auf den Tisch und holte den Steuerordner aus dem Schrank.
    Wenigstens zum Sortieren und Abheften von Kontoauszügen dürfte er an diesem Morgen in der Lage sein. Außerdem würde es Elke besänftigen, wenn er die Unterlagen in Ordnung brachte.
    Sie war alles andere als begeistert gewesen, als er gestern gegen halb acht wieder in ihrer Kanzlei aufgetaucht war. Aus der

Weitere Kostenlose Bücher