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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verkauftes Sterben
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ursprünglich geplanten Stunde im Café waren fast fünf geworden und es war auch nicht bei einem Bierchen geblieben.
    Aber es war ja nun wirklich nicht seine Schuld gewesen, dass ihm, gerade als er das Lokal verlassen wollte, ausgerechnet Kurt Schaklowski über den Weg gelaufen war, den er seit früher Kindheit kannte. Kurt, schon seit Jahren arbeitslos, hatte bis ins letzte Detail seine Auseinandersetzung mit dem Arbeitsamt vor ihm ausgebreitet und um juristischen Rat gebeten. Aus alter Freundschaft hatte ihm Rainer den Gefallen getan und im Gegenzug – sozusagen als
    Aufwandsentschädigung – ließ Schaklowski ein Bier nach dem anderen anrollen.
    Gegen sechs hatte Rainer vergessen, dass er Elke versprochen hatte, mit ihr am Abend essen zu gehen. Sie müsse dringend mit ihm reden, hatte sie gesagt. Und als er ihr dann später gestehen musste, dass er nicht nur die Uhrzeit verbaselt, sondern sich auch noch mit zwei Hamburgern voll gestopft hatte, war sie wortlos aufgesprungen und hatte die Tür hinter sich zugeknallt. Rainer hatte die Nacht allein in seiner Bude verbringen müssen.
    Es wurde Zeit, dass sie endlich eine geeignete Wohnung fanden! Nach längerem Zögern hatte Elke vor knapp zwei Wochen überraschend ihren Widerstand aufgegeben und sich bereit erklärt, mit ihm zusammenzuziehen. Rainer hatte die Begründung seiner Freundin gegen einen gemeinsamen Hausstand ohnehin nie so richtig nachvollziehen können. So unordentlich war er wirklich nicht. Schließlich putzte er doch mindestens ein Mal im Monat. Er hörte auch nicht ununterbrochen die Stones. Die ein oder andere Platte der Beatles befand sich natürlich auch in seiner Sammlung. Elkes schlechte Erfahrungen mit seinem Vorgänger akzeptierte Rainer zwar, sie waren aber in seinen Augen kein wirkliches Argument. Und ihre Erklärung, dass sie ein wenig Abstand von ihm brauche, dass sie sich ohnehin täglich in ihrem Büro sehen würden, hatte ihm auch nicht eingeleuchtet. Er hätte sie vierundzwanzig Stunden täglich um sich haben können. Aber das war jetzt egal. Sie mussten nur etwas Geeignetes finden.
    Allerdings war das nicht so einfach. Entweder waren die Wohnungen zu teuer, zu klein oder die Lage sagte ihnen nicht zu.
    Der große Blumenstrauß, mit dem er ziemlich zerknirscht heute Morgen vor ihrem Schreibtisch aufgetaucht war, hatte ihm nicht die erwartete Absolution gebracht. Ihr Blick war finster geblieben und zu mehr als einem knappen »Danke«
    hatte es nicht gereicht.
    Gegen Mittag steckte er vorsichtig die Nase aus seinem Büro, um die Lage zu sondieren. Die Tür zu Elkes Zimmer war geschlossen. »Sind Mandanten bei ihr?«, erkundigte sich Rainer leise.
     
    »Nein«, antwortete Martina Spremberg und setzte den Kopfhörer wieder auf, um den Schriftsatz fertig zu stellen.
    »Nun hör doch bitte einen Moment auf zu schreiben.«
    »Das ist eine Fristsache.« Martina tippte weiter.
    Kurz entschlossen zog Rainer den Stecker aus dem Wiedergaberekorder. »Ich möchte mit dir reden.«
    Martina blickte wütend zu ihm auf: »Sie hat sich gestern den ganzen Tag auf den Abend mit dir gefreut. Außerdem wollte sie etwas Wichtiges mit dir besprechen. Und was machst du?
    Haust dir die Birne voll. Habt ihr Kerle eigentlich nichts anderes im Kopf?«
    Martina Spremberg war seit dem ersten Tag bei ihnen und hatte die Kanzlei mit aufgebaut. Mit knapp dreißig war sie fast fünfzehn Jahre jünger als Rainer, verstand aber von der Organisation einer Anwaltskanzlei mehr als Elke und Rainer zusammen. Sie hatte in einer der großen Anwaltsfabriken in Essen gelernt und war nach ihrer Ausbildung dort ziemlich schnell zur Bürovorsteherin aufgestiegen. Obwohl sie bei Elke und Rainer deutlich weniger verdiente als in ihrem alten Job, hatte sie gewechselt. Sie hatte die größere Verantwortung und die Zusage gereizt, am Gewinn der Sozietät beteiligt zu werden. Obwohl diese Beteiligung regelmäßig gegen null tendierte, war sie geblieben. Nicht zuletzt deshalb, weil die drei mittlerweile so etwas wie Freundschaft verband.
    »Was wollte sie denn mit mir besprechen?«
    »Keine Ahnung. Aber wenn dir deine Kumpel wichtiger sind…«
    »Muss ich mich jetzt auch noch bei dir rechtfertigen?«
    »Nein, das musst du nicht. Aber meine Meinung werde ich ja wohl sagen dürfen, oder?«
    Weibliche Solidarität. Dagegen war er als einzelner Mann chancenlos. Ein taktischer Rückzug war angesagt. »Haben ihr meine Blumen gefallen?«
     
    »Auch wieder typisch. Ein Blumenstrauß hier, ein

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