Zweyer, Jan - Rainer
Apotheker kaufte die Medikamente bei seinem Lieferanten, gab sie gegen Rezept weiter und rechnete mit der Krankenkasse auf Basis der bei ihm eingelösten Verschreibungen ab. Wenn nun aber keine Medikamente über die Theke wanderten, sondern die ärztlichen Verordnungen nur an die Kassen weitergereicht würden, dann…
An diesem Punkt seiner Überlegungen angekommen, wurde Snoopy klar, dass er das Geschäft auch ohne seinen Auftraggeber machen konnte. Er musste nur herausfinden, welcher Apotheker mit dem Mercedesfahrer zusammenarbeitete. Und was die Rezepte eigentlich wert waren. Warum sollte er sich mit drei Braunen zufrieden geben?
Der Stricher hatte sich eine, wie er fand, überzeugende Geschichte ausgedacht. Angeblich hatte ihn ein Freund gebeten, für ihn Medikamente aus einer Apotheke abzuholen.
Das habe er auch getan, die Pillen aber anschließend in einem Café in der Innenstadt liegen gelassen. Jetzt wolle er die verloren gegangenen Medikamente ersetzen.
In zwei Apotheken holte sich Snoopy eine Abfuhr, als er sein Sprüchlein aufsagte und um eine Preisauskunft bat. Erst in einem Laden am Rand der Innenstadt hatte er Erfolg. Eine Angestellte, kaum älter als er und vermutlich noch Auszubildende, nahm ihm seine Geschichte ab.
»Die Monatspackung kostet etwa tausend Euro«, sagte sie.
»Sie können die aber nicht einfach kaufen. Die sind rezeptpflichtig.«
»Ich weiß, danke«, antwortete Snoopy und verschwand.
Ein Riese. Und er bekam einhundertfünfzig. Das galt es zu ändern.
Das nächste Mal wollte sich sein Auftraggeber mit ihm Donnerstagvormittag treffen. Snoopy schmiedete in den Stunden davor zahllose Pläne, wie er einem Mercedes zu Fuß folgen konnte, erwog den Diebstahl eines Mofas, dachte schließlich daran, sich im Kofferraum des Wagens zu verstecken, verwarf endlich alle Pläne und machte sich dann ziemlich resigniert auf zum vereinbarten Treffpunkt auf dem Parkplatz in der Nähe des Hauptbahnhofes.
Der Typ drückte ihm zwei neue Adressen von Ärzten in die Hand. Eine davon befand sich in Gelsenkirchen.
»Ich weiß nicht, wo das ist«, beschwerte sich der Junge.
»Im Seitenfach der Beifahrertür ist ein Stadtplan. Sieh nach«, befahl der Mann.
Gehorsam griff der Stricher zum buchdicken Plan. Beim Öffnen fiel ihm ein Blatt entgegen, auf dem in unleserlicher Handschrift etwas hingekritzelt war. Er konnte die Schrift nicht entziffern.
»Gib das her«, forderte der Altere. Snoopy reichte ihm folgsam den Notizzettel. Aber den Namen der Apotheke, der zu Werbungszwecken aufgedruckt war, hatte er sich bereits eingeprägt.
Dreißig Minuten, nachdem er den Mercedes wieder verlassen hatte, saß Snoopy auf der Lehne einer Parkbank in einem Essener Vorort und beobachtete durch die Büsche den Eingang zur Apotheke. Wenn seine Vermutung richtig war, würde der Benzfahrer irgendwann hier auftauchen. Und wenn nicht… Er zog leicht die Schultern hoch.
Nach drei Stunden Warterei war Snoopy fast bereit, an einen Zufall zu glauben. Schließlich packten Apotheker alle möglichen Proben von Salben und sonstigen Mittelchen in die Plastiktüten, in denen sie Medikamente verstauten. Warum nicht auch Notizblocks?
Nach sechs Stunden wollte er aufgeben. Es war kurz vor fünf.
In sechzig Minuten würde der Laden ohnehin schließen. Er beschloss, doch noch so lange zu warten.
Und er hatte Glück: Eine Viertelstunde später hielt der dunkle Mercedes vor dem Haus. Sein Auftraggeber verschwand in dem Geschäft. Snoopy konnte durch die große Schaufensterscheibe beobachten, wie der Mann in seine Tasche griff, dem Apotheker etwas reichte und sich kurz darauf wieder verabschiedete. Dann setzte er sich in seinen Wagen und fuhr los. Das Ganze hatte keine fünf Minuten gedauert.
Nun kam es darauf an, den zweiten Teil seines Planes in die Tat umzusetzen. Snoopy holte tief Luft, nahm seinen ganzen Mut zusammen und betrat das Ladenlokal.
Ein heller Gong erklang. Im Verkaufsraum war niemand, aber irgendwo hinter den raumhohen Regalen waren Stimmen zu hören. Ein weiß gekittelter älterer Mann tauchte auf. Es war der gleiche Mann, dem sein Auftraggeber vor Minuten etwas zugesteckt hatte.
»Sie wünschen?«
Snoopy schluckte. »Eben war ein Bekannter von mir bei Ihnen. Ich nehme an, dass er geschäftlich mit Ihnen zusammenarbeitet. Ich bin einer seiner…«, er suchte nach Worten, »…Mitarbeiter. Ich denke, dass ich zu günstigeren Konditionen liefern kann.«
Der Stricher schaute sein Gegenüber gespannt an. Er
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