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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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knisterte. Seine tiefe, aber rauhe Stimme hörte sich wie ein heißer Wüstenwind an, der durch ausgedörrte Büsche pfeift. Offenbar war er Kettenraucher, denn überall lagen Camel-Packungen herum.
    Sein Wohnzimmer stank nach abgestandenem Zigarettenrauch. Nur eine der drei Lampen war eingeschaltet. Alle Vorhänge waren geschlossen. Gegen Morgen hatte es aufgehört zu regnen, doch während ich bei Slick Eddy war, setzte der Regen wieder ein, hörte sich in diesem Wohnwagen aber seltsam gedämpft an, so als wäre das ganze Gefährt mit schwerem Vorhangstoff umhüllt.
    In einem Kunstledersessel bequem zurückgelehnt, hörte Slick Eddy sich meine lange, ungewöhnliche Einkaufsliste an, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Zwischen seinen dünnen nikotinverfärbten Fingern hielt er eine Zigarette, an der er hin und wieder zog. Als ich ihm alles aufgezählt hatte, stellte er keine einzige Frage, nicht einmal mit seinen blaßgelben Augen. Er nannte mir einfach den Preis, und als ich ihm die Hälfte der geforderten Summe als Anzahlung gab, sagte er: »Komm um drei wieder.«
    »Heute?«
    »Ja.«
    »Du kannst das ganze Zeug in ein paar Stunden besorgen?«
    »Ja.«
    »Ich lege Wert auf Qualität.«
    »Selbstverständlich.«
    »Der Plastiksprengstoff muß ungefährlich zu handhaben sein.«
    »Ich handle nicht mit Schund.«
    »Und das Pentothal...«
    Er stieß eine dichte Rauchwolke aus. »Je länger wir hier herumreden, desto schwieriger wird es für mich sein, um drei alles parat zu haben.«
    Ich nickte, erhob mich und ging zur Tür, wo ich mich noch einmal umdrehte. »Bist du nicht neugierig?«
    »Inwiefern?«
    »Was ich mit dem Zeug vorhabe.«
    »Nein.«
    »Aber du mußt dich doch fragen...«
    »Nein.«
    »Wenn ich du wäre, würde ich wissen wollen, wozu jemand solche Sachen benötigt. Ich würde wissen wollen, an welchen Aktivitäten ich mich indirekt beteilige.«
    »Deshalb bist du auch nicht ich«, erwiderte er.
     
    Als es wieder aufhörte zu regnen, versickerten die Pfützen rasch in der Erde, die Blätter trockneten, und das Gras richtete sich langsam aus der geduckten Haltung auf, in die es der Wolkenbruch gezwungen hatte. Der Himmel klarte aber nicht auf, sondern hing weiterhin tief über der flachen Küste. Die nach Osten ziehenden dunklen Wolkenmassen sahen irgendwie niederträchtig aus, und auch die Luft war nicht so rein, wie sie nach einem starken Regen eigentlich hätte sein müssen; ein dumpfer, modriger Geruch haftete dem feuchten Tag an, so als hätte der Sturm irgendeinen Giftstoff vom Golf herangeweht.
    Rya und ich packten drei Koffer und luden sie in unseren beigen Kombi, dessen Lackierung Holz vortäuschen sollte. Sogar in jenen Jahren wurden in Detroit keine echten Holzkarosserien mehr produziert — ein frühes Anzeichen dafür, daß das Zeitalter solider Qualitätsarbeit unaufhaltsam zu Ende ging und bald dem neuen Zeitalter von hastig zusammengeschustertem Schund und geschickten Imitationen Platz machen würde.
    Wir verabschiedeten uns ernst und manchmal tränenreich von unseren Freunden und Bekannten — Joel und Laura Tuck, Gloria Neames, Red Morton, Bob Weyland, Madame Zena, Irma und Paulie Lorus und anderen —, wobei wir manchen erzählten, daß wir nur eine kurze Vergnügungsreise machten, anderen hingegen die Wahrheit sagten. Sie wünschten uns alles Gute und versuchten uns zu ermutigen, aber in den Augen all jener, die unser Ziel kannten, lasen wir Zweifel, Furcht, Mitleid und Bestürzung. Sie glaubten nicht, daß wir zurückkehren würden — oder daß wir in Yontsdown lang genug überleben würden, um etwas Wichtiges über dieses Trollzentrum in Erfahrung zu bringen, geschweige denn, um dem Feind irgendeinen Schaden zufügen zu können. Niemand sprach es aus, aber jeder hatte nur einen Gedanken: Wir werden euch nie wiedersehen.
     
    Als wir um drei Uhr zu Slick Eddys Wohnwagen am Rand von Gibtown fuhren, wartete er schon auf uns. Er hatte alles besorgt, was ich bestellt hatte. Das ganze Zeug war in mehreren verschnürten Stoffbeuteln verstaut, die wir unbekümmert in unseren Wagen luden, so als wären es nur Säcke mit schmutziger Wäsche, die wir in den Waschsalon bringen wollten.
    Wir hatten vereinbart, daß Rya auf der ersten Etappe unserer Fahrt nach Norden das Steuer übernehmen würde, während meine Aufgabe darin bestand, im Autoradio Sender mit guter Rock-and-Roll-Musik zu finden.
    Wir hatten Slick Eddys Auffahrt noch nicht verlassen, als er sein Gesicht auf meiner Seite durchs

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