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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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vereint. Doch nach einer Weile entwickelten wir eine Leidenschaft, die nach der langen ermüdenden Fahrt zunächst unerklärlich schien. Nie zuvor hatte sich Ryas Körper so warm und geschmeidig angefühlt, so seidig, so sinnlich — so kostbar. Ihr beschleunigter Atem, ihre leisen Lustschreie, ihr plötzliches Keuchen und Stöhnen, die Begierde, mit der sie meinen Körper erforschte und mich an sich zog — das alles steigerte meine eigene Erregung. Lustvolle Schauer durchliefen mich und übertrugen sich auf sie. Ihr Genuß steigerte sich von einer Klimax zur nächsten, und auch nach einer mächtigen Ejakulation erschlaffte mein Penis nicht; ich blieb mit ihr vereint und schwebte auf einem nie zuvor gekannten Gipfel erotischen und emotionalen Genusses.
    Wie schon früher — obwohl noch nie mit solcher Intensität und Kraft — liebten wir uns so leidenschaftlich, um die Existenz des sensenschwingenden Todes zu vergessen, zu leugnen. Wir versuchten, die vor uns liegenden Gefahren und die Ängste, die uns quälten, zu verdrängen. Wir suchten Trost, zeitweiligen Frieden und neue Kraft im Liebesakt. Vielleicht hofften wir auch, daß wir hinterher viel zu erschöpft sein würden, um zu träumen.
    Doch wir träumten trotzdem.
    Ich war wieder in jenem schwach beleuchteten Tunnel, rannte entsetzt vor etwas davon, das ich nicht sehen konnte. Das harte, dumpfe Echo meiner Schritte auf dem Steinboden schien meine Panik wiederzugeben.
    Auch Rya träumte und fuhr kurz vor Tagesanbruch, als ich schon stundenlang wachgelegen hatte, aus dem Schlaf. Ich hielt sie fest. Sie schauderte, aber diesmal nicht vor Lust. Sie erinnerte sich nur an Bruchstücke des Traumes: trübes, flackerndes bernsteinfarbenes Licht, Teiche undurchdringlicher Finsternis, ein Tunnel...
    Etwas sehr Schlimmes würde uns in einem Tunnel zustoßen. Wann, wo, wie, warum — das konnten wir noch nicht erkennen.
    Am Donnerstag erreichten wir Pennsylvania. Diesmal saß ich am Steuer, während Rya sich um das Radio kümmerte. Der blaue Himmel verschwand wieder hinter stahlgrauen Wolken.
    Offiziell war in wenigen Tagen Frühlingsanfang, aber hier im Gebirge kümmerte sich die Natur wenig um den Kalender. Der Winter war noch unangefochtener König und würde mindestens bis zum Ende des Monats, vielleicht auch länger, auf seinen Thron sitzen.
    Die verschneite Landschaft wurde immer felsiger, die Staatsstraße wand sich in Serpentinen ins Gebirge empor, und die Schneewälle entlang dieser Straße wurden immer höher.
    Meine Gedanken schweiften unwillkürlich zu jenem Tag zurück, als ich mit Jelly Jordan und Luke Bendingo nach Yontsdown gefahren war, um mit Hilfe von Bestechungsgeldern die Wege für den Sombra Brothers Carnival zu ebnen.
    Die Landschaft wirkte auf mich diesmal nicht minder bedrohlich als an jenem Sommertag. Es mochte noch so irrational sein, aber ich wurde den Eindruck einfach nicht los, als wären hier sogar die Berge bösartig, als könnten Erde, Steine und Wälder böse Absichten verfolgen. Verwitterte Felsformationen, die hier und da aus Schneedecken herausragten, ähnelten den halb verfaulten Zähnen eines Leviathans, der in der Erde schwamm, anstatt im Meer. An anderen Stellen erinnerten mich längere Formationen an ausgezackte Wirbelsäulen riesiger Reptilien.
    Das trübe graue Tageslicht erzeugte keine klaren Schatten, färbte aber jeden Gegenstand aschfahl ein, so daß man fast glauben konnte, wir hätten eine andere Welt betreten, wo Farben — außer grau, schwarz und weiß — nicht existierten. Die kahlen Ahorne und Birken sahen nicht wie Bäume aus, sondern eher wie versteinerte Skelette einer vormenschlichen Rasse. Ungewöhnlich viele Eichen waren verkrüppelt und mit häßlichen Pilzen bewachsen.
    »Noch können wir umkehren«, sagte Rya leise.
    »Möchtest du das?«
    Sie seufzte.
    »Nein.«
    »Und... könnten wir wirklich umkehren?«
    »Nein.«
    Nicht einmal der Schnee vermochte diesem bösartigen Gebirge Glanz zu verleihen. Der Schnee schien anders zu sein als in freundlicheren Gegenden. Es war nicht der Schnee für Ski- und Schlittenfahrten, für Schneeballschlachten und Schneemänner. Die Schneekruste auf den kahlen Bäumen unterstrich deren düsteren, skelettartigen Eindruck nur noch mehr. Dieser Schnee ließ mich an weißgekachelte Leichenschauhäuser denken, wo kalte, erstarrte Körper seziert wurden.
    Wir passierten die verlassene Mine, an die ich mich vom Vorjahr erinnerte, die Reste der Kipphalde, die rostigen Autowracks in

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