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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Abständen durch schwache Lampen beleuchtet war. Die Decke war niedrig. Die Wände waren rauh, aber ich konnte das Material nicht genau identifizieren. Wieder fuhr ich entsetzt aus dem Schlaf, und wieder konnte ich mich nicht daran erinnern, was sich in dem Alptraum ereignet hatte, warum mein Herz zum Zerspringen klopfte.
    Das Leuchtzifferblatt meiner Armbanduhr sagte mir, daß es zehn Minuten nach drei war. Ich hatte nur zweieinhalb Stunden geschlafen, aber ich wußte, daß das schon alles war, was diese Nacht mir an Ruhe bescheren konnte.
    Neben mir stöhnte, keuchte und schauderte Rya im Schlaf.
    Ich fragte mich, ob sie wohl durch den Tunnel aus meinem eigenen Alptraum rannte.
    Ich dachte an jenen verhängnisvollen Traum, den wir beide im vergangenen Sommer mehrfach gehabt hatten: an den Friedhof mit seinen unzähligen Grabsteinen. Jener Traum war ein Omen gewesen. Und falls wir nun wieder beide ein und denselben Alptraum hatten, so konnten wir sicher sein, daß er auf eine Gefahr hindeutete.
    Ich nahm mir vor, Rya am Morgen zu fragen, warum sie im Schlaf gestöhnt und gekeucht hatte. Vielleicht würde sich ja zum Glück herausstellen, daß die Ursache für ihren schlechten Traum ganz prosaisch war: das fette Essen in der Raststätte.
    Vorläufig lag ich im Dunkeln auf dem Rücken und lauschte meinen leisen Atemzügen, Ryas Gemurmel im Schlaf und der Betriebsamkeit der vielbeinigen Kakerlaken.
     
    Am Mittwochmorgen, dem 18. März, fuhren wir weiter, bis wir eine gemütliche Raststätte entdeckten. Bei einem ausgezeichneten Frühstück — Speck, Eier, Haferflocken, Waffeln und Kaffee — fragte ich Rya nach ihrem Traum.
    »Letzte Nacht?« fragte sie stirnrunzelnd, während sie mit einem Stück Toast etwas Eigelb auftunkte. »Ich habe wie ein Stein geschlafen und überhaupt nicht geträumt.«
    »Doch.«
    »Tatsächlich?«
    »Ständig.«
    »Ich erinnere mich aber nicht daran.«
    »Du hast sehr oft gestöhnt und nach den Laken getreten. Nicht nur letzte Nacht, sondern auch schon die Nacht davor.«
    Sie blinzelte und vergaß, daß Stück Toast zum Mund zu führen. »Ach so, ich verstehe. Du meinst... du bist aus einem Alptraum aufgewacht und hast festgestellt, daß ich ebenfalls einen hatte?«
    »Stimmt.«
    »Und jetzt fragst du mich, ob...«
    »Ob wir wieder ein und denselben Traum gehabt haben.« Ich erzählte ihr von dem seltsamen Tunnel, von den schwachen, flackernden Lampen. »Ich erwache mit dem Gefühl, von etwas verfolgt worden zu sein.«
    »Von wem — oder von was?«
    »Etwas... etwas... ich weiß es nicht.«
    »Na ja, falls ich etwas Derartiges geträumt haben sollte, erinnere ich mich jedenfalls nicht daran.« Sie schob sich den Bissen Toast in den Mund, kaute und schluckte. »Wir haben also beide schlechte Träume. Aber sie müssen nicht zwangsläufig prophetisch sein. Gott weiß, wir haben Gründe genug, nicht gut zu schlafen. Nervosität. Furcht. In Anbetracht unseres Zielortes wäre es ein Wunder, wenn wir keine schlimmen Träume hätten. Das hat bestimmt überhaupt nichts zu bedeuten.«
    Nach dem Frühstück verbrachten wir einen langen Tag auf den Autobahnen und aßen nicht einmal zu Mittag, sondern kauften uns nur in einer Tankstelle Kekse und Schokoriegel.
    Allmählich ließen wir die subtropische Hitze hinter uns, und das Wetter wurde besser. In South Carolina wurde der Himmel sogar wolkenlos.
    Seltsamerweise — oder vielleicht auch nicht — kam mir dieser sonnige Tag auch nicht freundlicher vor als der vorangegangene stürmische Nachmittag. In den Nadelwäldern, die sich rechts und links in einiger Entfernung der Straße dahinzogen, lauerte die Dunkelheit, eine lebendige, wachsame Dunkelheit, die nur auf eine günstige Gelegenheit wartete, um sich auf uns zu stürzen und uns zu verschlingen. Sogar in der grellen Sonne war ich mir der Unausweichlichkeit der herannahenden Nacht bewußt. Nein, ich war wirklich nicht in bester Stimmung.
    Am späten Mittwochabend fanden wir in Maryland ein besseres Motel als am Vortag: ein bequemes Bett, einen Teppich auf dem Boden, keine umherhuschenden Kakerlaken.
    Wir waren noch müder als am Abend zuvor, doch zu unserer eigenen Überraschung schliefen wir nicht sofort ein, sondern liebten uns stattdessen. Noch überraschender: Wir waren schier unersättlich. Es begann mit langsamen Bewegungen, so als würden Liebende in einem Film in Zeitlupe gezeigt, und jede Berührung hatte etwas unvorstellbares Süßes an sich, etwas Scheues, so als wären wir zum erstenmal

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